Braucht man für den Gos Hunderfahrung? Viele Züchter wünschen sich das und gerade bei der Abgabe eines erwachsenen Hundes lese ich immer wieder "nur in erfahrene Hände" zu vermitteln. Simone und ihre Familie sind für mich jedoch das perfekte Beispiel, dass der Katalane auf jeden Fall auch ein Anfängerhund ist, wenn man die nötige Bereitschaft mitbringt, sich mit der Rasse auseinanderzusetzen. Und das gilt nicht nur beim Gos!
Moya & Simone
"Sie ist mein Herzenshund geworden. Sie war alles andere als ein
Selbstläufer, aber alles was
ich in sie investiere, bekomme ich vielfach zurück."
ich in sie investiere, bekomme ich vielfach zurück."
Sali: Simone, wie seid ihr gerade als Ersthundbesitzer auf den Gos d’ Atura Català gekommen?
Simone: Für mich war immer klar, ein Hund mit viel Fell soll es sein, ein Hütehund und kein Jäger. Nicht zu groß und nicht zu klein, intelligent und vor allem nicht überzüchtet. Durch Zufall habe ich dann mal eine Dame mit einem Hund gesehen, der genau in mein Schema passte und sie angesprochen. Sie war nur die Oma der Familie und konnte mir lediglich den Namen der Rasse nennen. ( spanischer Schäferhund ). Zu Hause haben wir dann im Internet nachgelesen und waren das erste mal alle von einer Rasse begeistert. Noch am selben Tag haben wir mit einer Gos-Züchterin telefoniert und einen Termin bei ihr ausgemacht. Nachdem wir ihre Hunde kennengelernt hatten, war klar, das ein Gos unser neues Familienmitglied werden sollte. Sie hat uns dann an Moyas Züchterin vermittelt, die gerade Welpen bekommen hatte.
Moya beim Abschied von ihrer Züchterin |
Sali: Beschreib doch mal Moya - was ist sie für eine Hündin, was macht sie für dich aus?
Simone: Moya entspricht genau dem Bild eines Gos d’Atura Català, wie man es kennt, wenn man die Rassebeschreibung liest. Sie ist eine starke, selbstbewusste Hündin. Zu Hause ruhig, aber wachsam. Draußen ist sie lebhaft und gerne auf Achse. Sie scannt ihre Umgebung permanent und nichts entgeht ihren wachsamen Augen, der Nase oder den Ohren. Sie arbeitet für ihr Leben gerne und liebt dabei auch die Abwechslung. Permanente Wiederholungen findet sie sinnlos. Sie ist sehr sensibel, schlechte Stimmungen oder Streit mag sie gar nicht.
Als Welpe bzw. Junghund, war sie ein wilder Quirl. Von Anfang an habe ich es so gehalten , dass nach dem Spaziergang am Morgen Ruhe angesagt war. Wenn die Kinder aus der Schule kamen, mussten Hausaufgabe gemacht werden, das evtl. Nachmittagsprogramm stand ja an. Sie war dabei, spielte aber nur die Nebenrolle.
Moya als Welpe - ein wilder Quirl |
Mit etwa 12 Monaten fing sie dann an, meine Anweisungen wie Fahrrad, Jogger etc. zu überprüfen und zu hinterfragen. Wenn am Horizont etwas interessantes oder verdächtiges auftauchte, war sie in Sekundenbruchteilen unterwegs dort hin. Zu dieser Zeit fing sie auch an, das Beinchen zu heben. Ich dachte zunächst, dass das auf den Einfluss des Rüden zurückzuführen sei, mit dem wir viel unterwegs waren. Sie war auch extrem hartnäckig und blieb immer dran, an dem was sie nun mal gerade wollte. Und wenn es nur war, das sie einen anderen Hund davon überzeugen wollte, mit ihr zu spielen. Dazu kam dann noch die Tatsache, das Orte und Fußgängerzonen oder Straßenverkehr ihr große Probleme bereiteten. Ich denke da sie sehr reaktiv ist, haben die vielen Reize sie überfordert. Hier mussten wir sehr klein anfangen, haben das Problem aber gut in den Griff bekommen. Sie geht heute überall mit hin, würde aber eine Wanderung durch die Natur, einem Stadtbesuch immer vorziehen.
Erst im Alter von vier Jahren hatte ich den Eindruck, das sie eine fertige Hündin ist. Eine Hündin, die sich in der Hundewelt gut zurechtfindet und die, wenn es sein muss, anderen Hunden klare Grenzen setzen kann. Auch die Wachsamkeit und der Schutztrieb kamen erst mit der Zeit zum Vorschein.
Sali: So wie du Moya beschreibst, stelle ich mir eine sehr autarke und selbstbewusste Hündin vor. Viele Leser*innen denken jetzt bestimmt auch: ein typische Goshündin. Waren dir diese Eigenschaften der Rasse im Vorfeld bewusst?
Simone: Nein, zumindest nicht, was das im Zusammenleben mit dem Hund bedeutet und welche Folgen es haben kann, wenn man diesen Charakterzug nicht in die richtigen Bahnen lenkt.
(c) Fotografie Jana Knabe |
Sali: Hast du dich mit Moya schon einmal überfordert gefühlt?
Simone: Ganz klar: nein! Natürlich gab es Spaziergänge, die anstrengend waren und Trainingsstunden, nach denen mein Kopf förmlich gequalmt hat, aber da man sich auf einen solchen Hund 110 % konzentrieren muss, waren diese Stunden immer eine tolle Abwechslung zum Job oder Familienalltag.
Sali: Gubacca ist ja auch mein erster Gos und ich kann oft nicht einschätzen, ob seine Charaktereigenschaften für die Rasse oder einfach nur für Gubacca typisch sind. Wie empfindest du das bei Moya? Gibt es Dinge bei ihr, wo du für dich sagst: "Ja das ist typisch Gos?"
Simone: Ich glaube, das jeder Gos d' Atura eine einzigartige Persönlichkeit mitbringt. Natürlich hängen viele Dinge aber auch mit dem Umfeld zusammen, in dem der Hund aufwächst und lebt. Also ob er in einer Familie lebt oder bei einem kinderlosen Paar, ob die Umgebung eher ländlich ist oder ob er stadtnah wohnt und ob er als Erst- oder Zweithund lebt. Einige Gossos kenne ich flüchtig. Moyas Schwester, die ganz in unserer Nähe lebt, kenne ich gut und habe auch ihre Entwicklung von klein auf mitbekommen. Obwohl sie einen komplett anderen Charakter hat, gibt es auch Gemeinsamkeiten.Wenn man die vielen Beiträge in deinem Blog liest, erkenne ich meinen Hund aber in vielerlei Hinsicht wieder.
Sali: Für wen ist der Gos d’ Atura Català deiner Meinung nach geeignet ? Welche Eigenschaften sollte man als Mensch mitbringen?
Simone: Ein Gos ist meiner Meinung nach für Menschen geeignet, die bereit sind, sich mit dem Wesen des Catalanen im Allgemeinen auseinander zu setzten und mit dem Charakter des einzelnen Hundes im Speziellen. Man sollte sich darüber im Klaren sein, das die Ausbildung - und ich verwende bewußt nicht das Wort Erziehung, denn beim Gos läuft vielmehr über Bindung und Beziehung - einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Man sollte konsequent und liebevoll an der Umsetzung arbeiten und auch mit Rückschlägen leben können. Wenn man selbst einen ausgeglichenen Charakter hat, kommt das dem Wesen des Gos bestimmt zu Gute.
Sali: Im Internet wird der Gos oft als nicht ganz einfacher Hund beschrieben. Wie empfindest du das?
Simone: Ich würde die Rasse oder Moya nicht als schwierig beschreiben. Sie ist halt ein unverzüchteter Hütehund, zu deren Anlagen eben gehört, eigene Entscheidungentreffen zu können und ggf. auch die Aufgabe eines Herdenschutzhundes zuübernehmen.Das muss man sich immer wieder vor Augen halten, dann wird einem auch klar, warum der Hund in gewissen Situationen so reagiert.
Als Ersthundebesitzer ist das natürlich keine leichte Aufgabe. Wir hatten aber das große Glück, nach einigen Fehlversuchen, an eine tolle Hundetrainerin zu geraten. Mit Silke haben wir die Baustellen nach und nach abgearbeitet. Wir sind zusammen an die verschiedenen Orte, wie wechselnde Ortschaften, Fußgängenzonen, Baumärkte, Einkaufszentren und später auch den Kölner Hauptbahnhof oder den Flughafen Köln Bonn gegangen. Hier war mir der Clicker eine große Hilfe, weil man damit das gewünschte Verhalten beim Hund sehr gut und punktgenau bestätigen kann.
Sali: Worin unterscheidet sich Silke von den anderen Hundetrainern, die ihr vorher hattet?
Simone: Was Silke anders macht, sie arbeitet nicht nach Schema F. Sie sieht jeden Hund und jeden Mensch als individuelles Team und stellt sich darauf ein. Sie arbeitet ruhig und klar, wird niemals laut. Dabei ist sie sehr bestimmt und konsequent. Sie hat einen umfangreichen Wissens- und Erfahrungsschatz, angefangen bei der Wolfsforschung von Kurt Kotrschal bis hin zum Tellington Touch, den sie ins Trainingeinfließen läßt. Ohne sie wäre Moya nicht zu dem Hund geworden, der sie heute ist.
(c) Fotografie Jana Knabe |
Sali: Du hattest mir mal den Tipp gegeben bei Gubacca darauf zu achten, dass ich für ihn die Entscheidungen treffe. Warum, war dir das so wichtig und hast du Beispiele, wie man das im Alltag umsetzen kann.
Simone: Der Gos ist ja ein sehr eigenständiger Hund. Man muss bei ihm so aufpassen, dass man für ihn die Entscheidungen trifft, weil er sonst schnell diese Rolle selbst übernimmt. Wie man das verhindern kann? Ja, dafür gibt es im Alltag unzählige Beispiele. Angefangen bei Kleinigkeiten, die selbstverständlich sein sollten, bis hin zu komplexeren Abläufen. So sollte es selbstverständlich sein, dass der Hund erst nach Erlaubnis an den Futternapf geht, unaufgeregt das Haus verläßt oder in den Garten darf oder nur dann aus dem Auto springt, wenn Mensch es erlaubt. Führt man sich einmal den Schäfer und seinen Hund vor Augen und überträgt das auf einen Spaziergang, ist es ein völlig normales Verhalten des Hundes, bis zur nächsten Weggabelung vorzulaufen, um dort die Schafe abzufangen und in die richtige Richtung zu lenken.
Simone: Der Gos ist ja ein sehr eigenständiger Hund. Man muss bei ihm so aufpassen, dass man für ihn die Entscheidungen trifft, weil er sonst schnell diese Rolle selbst übernimmt. Wie man das verhindern kann? Ja, dafür gibt es im Alltag unzählige Beispiele. Angefangen bei Kleinigkeiten, die selbstverständlich sein sollten, bis hin zu komplexeren Abläufen. So sollte es selbstverständlich sein, dass der Hund erst nach Erlaubnis an den Futternapf geht, unaufgeregt das Haus verläßt oder in den Garten darf oder nur dann aus dem Auto springt, wenn Mensch es erlaubt. Führt man sich einmal den Schäfer und seinen Hund vor Augen und überträgt das auf einen Spaziergang, ist es ein völlig normales Verhalten des Hundes, bis zur nächsten Weggabelung vorzulaufen, um dort die Schafe abzufangen und in die richtige Richtung zu lenken.
Ich habe Moya deshalb anfangs vor den Kreuzungen gestoppt und zum Beispiel absitzen lassen. Dann bin ich selbst bis zu Kreuzung gegangen und habe sie abgerufen. Danach sind wir gemeinsam weiter gegangen. Hier kann man variieren, indem man zum Hund zurück geht, loben nicht vergessen, und gemeinsam über die Kreuzung geht. Sind die Wege gut einsehbar, lasse ich sie auch vorlaufen und die Kreuzung für mich checken. Gesteht man einem Hund mit diesen Anlagen, niemals eine eigene Entscheidung zu, kommt es schnell zum Fruststau und ungewünschten Reaktionen.
Erschien am Horizont ein interessantes Objekt, konnte man sicher sein, das sie dieses beim Abscannen der Umgebung sofort entdeckt hat. In einem solchenFall habe ich sie angeleint und wir sind gemeinsam darauf zu gegangen. Erst nach meinem OK durfte sie den Gegenstand abschnüffeln oder Kontakt zu dem Hund aufnehmen. Bei bekannten Hunden/Menschen habe ich das Kommando schon ein paar Meter früher aufgelöst. Auch hier entscheide also ich als Mensch, zu welchen Hunden man Kontakt aufnehmen darf oder nicht.
Ein typisches Obedience Trainingsverhalten von Moya verdeutlicht die Entscheidungsfreude des Gos ganz gut: Wir sollten die Hunde an einem Startpunkt in der Grundstellung absitzen lassen. Das Apportel wurde einige Meter weiter abgelegt, danach kam ein Sprung über eine kleine Hürde und zum Schluss das Einparken in der Grundstellung beim Menschen. Moya und ich waren als zweites Team dran. Sie hatte also gesehen, was der Hund vor ihr gemacht hatte. Nun waren wir an der Reihe. Grundstellung am Startpunkt. Ich habe das Apportel ausgelegt und bin zum Endpunkt marschiert. Kaum hatte ich mich dort in "Position" gebracht, lief sie los, nahm das Apportel auf, s,prang über die Hürde und freudestrahlend eine schöne Grundstellung neben mir. Eigentlich perfekt, nur dass sie mein Kommando nicht abgewartet hat, sondern selbst entschieden hat, was zu tun ist. Hätte ich sie für diese tolle kognitive Leistung gelobt, wäre das für Sie die Bestätigung gewesen, eigenständig zu handeln. In einer solchen Situation bringe ich sie ( meist unter Protestgebell) ohne große Worte zum Ausgangspunkt zurück und starte die Übung, dann leicht abgewandelt, von neuem. Macht sie es gut, gibt es ein dickes Lob, damit der Unterschied für den Hund auch klar zu erkennen ist.
Man sieht daran, das der junge Gos unbedingt lernen muss, dass sein Mensch ihm sagt, was er tun soll und die Kommandos auch konsequent eingefordert werden müssen. Das bedeutet allerdings nicht, das der Hund permanent beschäftigt werden soll. Auch hier kann man wieder die Brücke zum Schäfer schlagen. Denn hier lernt der junge Hund erst einmal nur zuzuschauen, wie die erfahrenen Hunde arbeiten. Er lernt Frust zu ertragen und nicht jedem Reiz nachzugehen. Und auch wenn er dann fertig ausgebildet ist, hat der Schäfer ja nicht täglich Arbeit, für die er den Hund zur Hilfe nimmt.
Heute mit sechs Jahren ist manchmal Moya es, die mich auf einen Jogger oder ein Fahrrad aufmerksam macht. Auch dafür gibt es natürlich ein Lob. Für Moya ist die Kommunikation auf einem Spaziergang sehr wichtig. Sie will wissen, was zu tun ist und fragt permanent nach. Sie will alles gut machen und braucht dafür viel Bestätigung.So bringt das Zusammenleben mit ihr viel Freude, sei es auf Spaziergängen, beim Obedience oder bei Denksport und Suchspielen zu Hause.
Sie ist mein Herzenshund geworden, sie war alles andere als ein Selbstläufer, aber alles was ich in sie investiere, bekomme ich vielfach zurück. Die Frage " Einmal Gos immer Gos " erübrigt sich damit schon fast. Auch wenn man in den ersten Jahren viel arbeiten muss, könnte ich mir keine andere Rasse an meiner Seite vorstellen.
Sali: Danke Simone, für deinen tollen Bericht und deine lieben Mails! Ich würde mich freuen, wenn wir uns auch mal persönlich kennenlernen würden. Moya und Gubacca hätten garantiert auch viel Spaß!
Sali: Danke Simone, für deinen tollen Bericht und deine lieben Mails! Ich würde mich freuen, wenn wir uns auch mal persönlich kennenlernen würden. Moya und Gubacca hätten garantiert auch viel Spaß!
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