Es gibt einen Tag in der Woche, der mir regelmäßig wahre Glücksgefühle beschert - und das ist der Mittwoch. Mittwochs haben wir immer Teamsitzung und ich muss nach H... ins Büro fahren. Zum einen ist es natürlich gerade bei einem Telearbeitsplatz schön, die Kollegen*innen zu sehen - aber der Auslöser für "Wölkchen 7" ist der Besuch unserer Stadtbibliothek, die in der Nähe vom Büro ist. Ich liebe Bücher und lese sehr viel. Ein Leben ohne Bücher ist genauso unvorstellbar für mich, wie ohne Hund zu sein. Meine Kolleginnen lachen schon immer, wenn ich auf die letzte Minute schwer beladen im Büro ankomme. "Na, hast du wieder die halbe Bücherei ausgeliehen?", witzeln sie dann regelmäßig. "Jau", sage ich dann nur mit einem Grinsen vom linken bis zum rechten Ohr. Der Anblick meiner gefüllten Bücher-Tasche löst bei mir ein Gefühl aus, wie bei anderen Menschen das Geschenke auspacken unter dem Weihnachtsbaum.
Kurz vor Weihnachten zog es mich magisch in die Sachbuchabteilung zu den Hundebüchern. Schnell wurde mein Stapel immer größer an Ratgebern. Im Büro angekommen, warf meine Kollegin einen Blick in die Tasche und meinte lachend zu mir: "Was hat Zwerg-Riese denn diesmal ausgefressen? Das letzte Mal als du so viele Hundebücher ausgeliehen hattest, ist er dir ja im Wald abgehauen". "Neeee, der mutiert wieder zum Sternchensammler", antworte ich ihr darauf. "Die Ratgeber haben einen anderen Grund". So wie der Anblick der vielen Bücher ein Glücksgefühl bei mir auslöst - gerate ich manchmal innerlich in Stress bei anstehenden Terminen und Zwerg-Rieses 2. Geburtstag naht. Mit zwei Jahren hast du den best... Gos, ever, ever, ever - ihr erinnert euch?! Kennt ihr das Gefühl noch aus eurer Schulzeit - ein paar Wochen vor der Zeugnisvergabe? Diese Beklemmung: Habe ich genug getan bzw. reicht meine Leistung für eine gute Bewertung. So habe ich mich plötzlich mit Gubacca gefühlt. Ich weiß noch wie ich im Sommer zu meinem Vater sagte: "Wetten, dass Gubacca an seinem 2. Geburtstag auf einer Decke liegen bleibt, egal was um ihn herum passiert." Mein Vater schaute nur kurz zu Zwerg-Riese, der gerade mit Lotta durch das Wohnzimmer jagte und meinte: "Da halte ich gegen. Die Wette steht..." Um eins gleich vorweg zu nehmen: Meine Wette mit meinen Vater werde ich wohl verlieren oder ich sollte langsam anfangen, mit Gubacca zu üben, auf einer Decke liegen zu bleiben. Begonnen hatte ich damit schon einmal... vor ein paar Monaten... Und da liegt auch der eigentliche Grund für meinen Bücherstapel. Ich hatte dass Gefühl, dass es mir einfach an den roten Faden fehlte. Ich hatte viele Dinge mit Zwerg-Riese angefangen zu üben, aber ein Teil davon auch einfach wieder auf sich beruhen lassen. Ein bisschen erinnert mich das ganze an meinen Strickkorb: Der angefangene Pulli, wo mir das Muster dann zu schwer war, der Schal der nicht weitergestrickt wurde, weil gerade Sommer war... und schnell sammelten sich mehrere angefangene Arbeiten.
Gubacca beim Deckentraining |
Ich muss aber zugeben, dass auch ein Auslöser für die Unzufriedenheit mit mir selbst, meine Freundin Angela mit ihren drei Junghunden gewesen war. Bei den gemeinsamen Spaziergängen erlebe ich immer wieder, wie bei ihrer Erziehung ein Baustein in den anderen greift. Alle drei haben schon eine tolle Basis-Ausbildung mit ihren acht Monaten. Jetzt habe ich aber auch den Hang dazu, mit mir selber sehr streng zu sein. Um zurück zu dem Vergleich mit den anstehenden Zeugnissen in der Schulzeit zu kommen - auch hier waren meine Sorgen immer unbegründet. Ich war eigentlich immer eine gute Schülerin. Beim Lesen der "Erziehungsratgeber" wurde mir auch schnell so richtig bewusst wie viel Gubacca schon kann. Mit dem "locker an der Leine laufen", okay da hinken wir deutlich bei Angelas Junghunden hinter her, aber Gubacca hört toll, wenn man ihn ruft und kommt sofort angeflitzt. Er zieht zwar noch an der Leine, aber dafür läuft er immer links von mir und wechselt nie nach rechts ohne Aufforderung. "Bleib" und "Steh" beherrscht er und er ist ein Naturtalent beim Erlernen von Kunststücken. Er wartet geduldig in seinem Körbchen, bis ich ihn erlaube wieder herauskommen. Ich muss gerade herzhaft bei der Vorstellung lachen, dass ich demnächst im Restaurant mit seinem XXL-Korb auftauche. Da das Deckentraining ja noch nicht "sitzt", er dafür gefühlte Stunden geduldig im Körbchen bleibt, ist das doch eine Alternative! Ich könnte die Liste noch endlos weiterführen und mir fallen immer mehr Dinge ein, die er kann.
Mit Knut zusammen klappt es gleich doppelt so gut |
Was uns eigentlich nur noch fehlte war eine Struktur, wie wir unser Training optimaler aufbauen konnten. Viele nutzen dazu ein kleines Trainingstagebuch. Ich bin zwar die geborene Beamtin in vielen Dingen, aber ich arbeite nicht gerne Listen ab. Trotzdem habe ich mich über die Feiertage einmal in Ruhe hingesetzt und überlegt was mir wichtig ist. Was soll Gubacca lernen - was kann er schon, woran können wir noch arbeiten? Am längsten war tatsächlich die Liste mit den Dingen, die Gubacca schon toll macht. Worüber ich total überrascht war, dass mir nichts einfiel, was er noch komplett neu lernen sollte.
Woran können wir noch arbeiten? Auch diese Auflistung war sehr überschaubar:
- locker an der Leine laufen
- noch ein Stück souveräner werden bei anderen Rüden an der Leine
- ruhiges Warten wenn ich stehenbleibe und mich unterhalte
- die Ablage im Platz bis ich sie auflöse (eine schreckliche Formulierung, sorry)
Momentan sitzt auf diesen vier Dingen unser Fokus und wir üben bzw. festigen das fleissig bei jedem Spaziergang. Bei meinem Bücherstapel war auch ein Ausbildungsprogramm für Begleithunde in Pädagogik und Therapie. Nach diesem "roten Faden" fällt es mir leichter, die Übungen für Gubacca verständlich zu gestalten und ihm macht das ganze riesigen Spaß. Wer weiß - vielleicht gewinne ich ja doch meine Wette gegen meinen Vater - zwei Monate haben wir ja noch für das Deckentraining!
Gubacca: "Wer behauptet das ich das Deckentraining nicht kann?!! |
OT zum Beitrag: Beim Schreiben des Beitrages und fotografieren der Bilder musste ich wieder über Zwerg-Riese schmunzeln. Kaum kam ich mit der Kamera und legte seine Decke auf dem Teppich, legte er sich in Position und war nicht mehr dazu zu bewegen die Decke wieder zu verlassen. Ganz nach dem Motto: Wer behauptet ich kann kein Deckentraining, lag er den halben nachmittag mehr oder weniger mit Knut dort wie festgewachsen :-).
0 Kommentare