Heute gibt es einen Blogartikel für alle leidgeplagten Junghundbesitzer, den ich für das Gos Journal geschrieben habe. Viel Spaß beim Lesen!
Das verflixte 1. 2. 3. Jahr beim Gos
Für alle die sich gerade die Haare raufen, weil ihr Katalane in die Pubertät gekommen ist, habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht. Fangen wir doch mal mit dem Positiven zuerst an: Genauso plötzlich wie „Kevin“ (Gubacca’s Spitzname in der Pubertät) bei uns eingezogen war, verschwand er auch nach einer gewissen Zeit wieder. Die schlechte Nachricht: „Kevin“ hatte ordentlich „Sitzfleisch“ und die „gewisse Zeit“ bis zu seinem Auszug war länger als vermutet. Ich weiß noch wie ich oft in seiner wilden Welpenzeit dachte: Wenn Gubacca ein Jahr alt ist, dann haben wir das Gröbste hinter uns. Eine große Fehleinschätzung wie sich später herausstellte. Mit zwölf Monaten nahm die Pubertät nämlich erst einmal so richtig Fahrt auf. Aus dem kleinen „Kevin“ war ein rüpeliger Teenager geworden. Zum Glück war „Kevin“ kein Dauergast und wir hatten zwischendurch immer wieder Zeit zum „Durchschnaufen“ oder „Kräftesammeln“.
Die Pubertätsschübe kamen, ähnlich wie die Corona-Krise, in Wellen. Viele von euch wird die erste Welle wahrscheinlich vollkommen unerwartet treffen, weil die ersten sieben oder acht Monate mit eurem „Jungspund“ganz ruhig verlaufen sind. Wir waren da schon ein bisschen besser vorbereitet. „Kevin“ zog nur wenige Wochen nach Gubacca bei uns ein. Die eigentliche Pubertät war da noch in weiter Ferne. Zuhause hatte ich einen vollkommen problemlosen und lieben Welpen bzw. Junghund. Gubacca hat noch nie etwas kaputt gemacht, blieb von Anfang an alleine und konnte sich im größten Chaos einfach einrollen und schlafen. Unsere Probleme begannen, sobald wir das Haus verlassen hatten. Sein Drang draußen alles in Frage zu stellen und das auch gerne mit Anspringen oder in die Klamotten beißen, brachte mich oft zum Verzweifeln. Mit zunehmenden Alter wurden die Pubertätsschübe zwar anstrengender, aber dafür auch deutlich kürzer. Bei Gubacca hatte wir „unseren“ Gipfel mit ca. 18 Monaten erreicht. Danach wurden auch „Kevins“ Besuche sporadischer. Sobald er merkte es gab keine „Cola und Chips“, bzw. er konnte mich mit seinem rüpelhaften Benehmen nicht aus der Fassung bringen, verschwand er nach wenigen Tagen.
Und dann kam der magische dritte Geburtstag von Gubacca. Die Zahlenkerze „3“ vom Hundekuchen, sollte ich mir eigentlich vergolden lassen. Aus meinem wilden Chaoten war über Nacht ein entspannter und schon fast pflegeleichter Rüde geworden. Natürlich stellt man sich dann auch die Frage, ob man vorher einfach vieles falsch gemacht hatte. Gerade heute ist es ja auch der Trend in der Hundeerziehung, die Fehler bei uns Menschen zu suchen. Grundsätzlich finde ich das auch gut und wichtig. Aber manchmal muss man auch einfach ohne Selbstzweifel akzeptieren, dass es pflegeleichte Welpen und etwas „anspruchsvollere“ Exemplare wie Gubacca gibt.
Ein Problem waren für mich Gubaccas „Ausflipper“ auf unseren Spaziergängen. Ohne einen ersichtlichen Grund fing er dann plötzlich an mich anzuspringen und in den Ärmel zu beißen. Der bestimmt sehr gut gemeinte Ratschlag von vielen, einfach mal konsequent durchzugreifen, brachte mich nicht weiter. Gubacca reagierte gegen jegliche Art von Druck einfach mit Gegendruck. Das Verhalten einfach zu ignorieren half ebenfalls nicht bei ihm. Er steigerte sich dann noch weiter rein, um mir eine Reaktion zu entlocken. Ich erinnere mich an einige Spaziergänge, bei denen es plötzlich nicht mehr möglich war, einen normalen Schritt mit ihm zu laufen. Wie bei Jekyll und Hyde wechselte er in Sekunden seine Persönlichkeit und wurde von Gubacca zu Kevin. „Einfach anbinden und warten bis er sich beruhigt hat“, predigte mir unsere damalige Hundetrainerin. Dumm nur, dass nicht überall ein Baum oder Zaun steht… Abgesehen davon ließ der Erfolg dieser Maßnahme auch sehr zu wünschen übrig.
Ich bin sicher einige nicken beim Lesen gerade mit dem Kopf und kennen solche oder ähnliche Situationen auch von ihrem „Pubertier“. Und natürlich möchte man dann auch gerne wissen: Wie habe ich es in den Griff bekommen? Denn zum Glück macht Gubacca das heute nicht mehr. Aber ich muss ehrlich zugeben, dass ich da kein Patentrezept für euch habe. Trotzdem würde ich heute mit dem Verhalten anders umgehen. Gubacca reagierte, wie viele junge Katalanen, stark auf Außenreize. Als junger Hund war er draußen ständig damit beschäftigt seine Umwelt zu „scannen“. Fremde Situationen versetzten ihn dann auch recht schnell in einen höheren Erregungslevel. Dabei war er kein ängstlicher Gos. Er musste einfach nur lernen, was zu seinem normalen Alltag gehört und was eine Gefahr darstellen könnte. Auch beim Spielen und Toben mit seinem damaligen Kumpel Lennox schoss Gubacca schnell über seinen noch nicht vorhandenen „Begrenzer“ hinaus und überdrehte dann. Oft ließen wir die beiden Jungrüden erst einmal ordentlich toben, bevor wir mit ihnen noch einen Spaziergang machten. Gerade auf diesen Runden hatte ich dann das Problem, dass Gubacca vollkommen unerwartet und ohne ersichtlichen Grund ausflippte.
Heute bin ich sicher, es wäre damals besser gewesen, solchen Situationen einfach konsequenter aus dem Weg zu gehen. Mir erschien das damals aber als eine schlechte Option. Gerade bei eine Rasse wie dem Gos dachte ich, wäre es wichtig auch Grenzen zu setzen und sich durchzusetzen. Ich habe aber dabei viel zu sehr meinen Fokus auf die Reaktion - das Ausflippen - gerichtet. Gerade hier wäre es auch wichtig gewesen, die Gesamtsituation zu bewerten. Was war vorher alles passiert, bevor es zu diesem Verhalten kam? Es sind nicht nur die Stresssituationen, die den Erregungsgrad bei einem jungen Hund in die Höhe treiben: Die Vorfreude vor dem Spaziergang, das Toben mit dem Kumpel, die gemeinsamen Suchspiele… Wenn dann noch ungewohnte Außenreize hinzukommen: Ein lauter Traktor, ein Knall in der Ferne… ist man schnell über ein gesundes Maß hinausgekommen. Die Verhaltensstrategien vom „Pubertier“ sind dann unterschiedlich. Bei einem selbstbewussten Kerlchen wie Gubacca endete das dann oft mit einem kaputten T-Shirt bei mir.
Fairerweise muss man aber auch sagen: In diesem Adrenalin-Zustand sind unsere Hunde überhaupt nicht mehr erreichbar. Man sieht es richtig in den Augen, dass die von „0 auf 300“ überschritten wurde. Das bezeichnen viele dann auch als den „speziellen Gosblick“. Anstatt mich aber über dieses Verhalten zu ärgern, hätte ich es einfach als „Warnsignal der Überforderung“ wahrnehmen sollen. Gerade bei den jungen Katalanen ist weniger mehr. Nach einer Toberunde mit dem Spielkameraden wäre es besser gewesen, einfach mit ihm wieder nach Hause zu fahren/gehen, ohne noch anschließend einen gemeinsamen Spaziergang zu machen. Auch auf unseren normalen täglichen Runden kam es auf den letzten 100 Metern sehr oft zu solchen „Ausflipp-Aktionen“. Mit der Erfahrung von heute würde ich einen jungen Hund einfach viel öfters nur ins Auto packen und mit ihm zu einer großen Wiese fahren. Das gemeinsame Spielen reicht dann vollkommen aus.
Und damit wären wir schon bei der zweiten Sache die ich noch viel stärker bei einem jungen Gos berücksichtigen würde. Man darf viele Verhaltensweisen immer nur als eine Momentaufnahme werten, die zur Entwicklung gehören. Sätze wie „mein Gos mag keine lauten Kinder“ oder „er/sie bellt immer bei Autos“ sollte man ganz schnell aus seinen Wortschatz streichen. Gubacca reagierte als Junghund auf so viele Dinge, die ihm heute keine Reaktion mehr entlocken. Ich weiß noch wie ich es früher am liebsten vermieden hätte gegen 7 Uhr mit Gubacca zum Bäcker zu gehen. Punkt 7 fangen bei uns die Kirchenglocken an zu läuten und der Bäcker ist genau gegenüber der Kirche. Gubaccas lautes Gebell am frühen Morgen war mir dann immer sehr peinlich. Aber Augen zu und durch und ganz schnell gehörte auch das laute Läuten der Glocken zu seinem normalen Alltag.
Den dritten und für heute letzten Punkt, den ich euch gerne ans Herz legen möchte ist, immer den Gesamtzusammenhang zu sehen. Häufig ist das störende Verhalten gar nicht das eigentliche Problem. Ich weiß noch wie kreativ ich wurde, um Gubacca das in die Leine beißen abzugewöhnen. Letztendlich fand ich sogar Lösungen das zu unterbinden. Trotzdem war die Maßnahme kein Erfolg. Anstatt in die Leine zu beißen, fing er jetzt an hysterisch zu kläffen. Was am frühen morgen in einem Wohnviertel angenehmer ist, brauche ich glaube nicht weiter zu erläutern. Oft hilft es nicht nur den Zahn zu ziehen - wir müssen auch die Wurzel mit entfernen.
Zum Glück lernen unsere „Spanier“ rasend schnell und werden dadurch in den typischen Alltagssituationen immer entspannter. Von daher ist es auch kein Wunder, dass die Ausflipper bei Gubacca heute der Vergangenheit angehören. Auch das in die Leine beißen oder das laute Gekläffe morgens um 7 Uhr gibt es nicht mehr. Gubacca hat gelernt mit den vielen Herausforderungen des Alltags umzugehen und ist auch dadurch deutlich ruhiger und entspannter geworden.
Auch wenn es kein Patentrezept für den Gos gibt – sehr häufig hilft es einfach einen Gang runterzuschrauben. „STAY HOME“ hilft nicht nur gegen Corona, sondern ist auch ein guter Weg zu einem entspannten Hund an deiner Seite. Es schadet auch nicht gewissen Situationen einfach aus dem Weg zu gehen. Es ist viel hilfreicher, die Anforderungen langsam aufzubauen und immer wieder kritisch zu hinterfragen: War das schon zu viel? Konnte mein junger Hund das schon leisten? Na und dann kommt wirklich auf einmal der große Tag – der 3. Geburtstag ist da – und die Mühe wird belohnt! Ein pflegeleichter Gubacca – Träume werden wahr! Ich genieße die ruhigere Zeit sehr und Gubacca ist ein echter Herzenshund für mich geworden. Aber manchmal vermisse ich sogar auch den „kleinen Kevin“. Er hat mich zwar viele Nerven gekostet, war aber auch sehr liebenswert. In diesem Sinne bleibt gesund und passt auf euch auf! Eure Bine & Gubacca
4 Kommentare
Ich mag Deine wunderbaren Einschätzungen und auch die Rückblicke sehr - undich muss zugeben, es ist sicher oft so das weniger auch mehr ist. Bei shadow habe ich schon sehr früh ekannt, dass neue Umgebungen für ihn teilweise echt überfordernd sind. Daher sind für uns feste Runden eine tolle Möglichkeit Ruhe für ihn zu erzeugen.
AntwortenLöschenIch glaube, da hat uns Laika mit ihrer so ganz anderen Art viel gezeigt und wir haben von ihr viel gelernt. Sie brauchte keine Abwechslung, keine kilometerweiten Touren und auch keine Toberunden - sie brauchte gemütliche Runden mit viel Zeit zum Schnüffeln und Schauen und Verstehen. Und genau diese Runden sind auch bei Cara und Sahdow heute besonders beliebt.
Liebe Grüße,
Isabella mit Cara und Shadow
PS: Als Leser waren einige Besuche von Kevin aber echt klassen ;)
Danke für deinen lieben Kommentar Isabella! Ich muss zugeben - so im Rückblick habe ich Kevin auch sehr liebgewonnen ;.).
LöschenBei deiner Schilderung musste ich an meine Kindheit denken und wie die Hunde da gelebt haben. Ich glaube sie haben Hundeschulen, Hundesport, Ausgleichstraining, Beschäftigungstraining... nicht vermisst und waren einfach glücklich bei uns durch die Felder spazieren zugehen. Ein bisschen sollten wir da echt wieder hinkommen.
LIebe Grüße
Bine & Gubacca
Ich muss ja zugeben, dass Kevin mich zum Lachen gebracht hat.
AntwortenLöschenAber auch ich kenne es, dass der eigene Zeitplan nicht der Zeitplan des Hundes ist. Sie sind eben jeder für sich eigene Persönlichkeiten und als solche gibt es leider auch keine Patentrezepte. Zumindest gab es hier schon mehrere Hunde, aber wir konnten noch nie einen Hund genau so behandeln wie den anderen.
Gelernt hab ich trotzdem von allen sehr viel.
Liebe Grüße
Auenländerin
Das geht mir genauso - Gubacca ist mein fünfter Hund und jeder hat mich auch ein Stück weit verändert und war eine ganz eigene Persönlichkeit. Zum Glück und so ist auch alles immer ein bisschen Fingerspitzengefühl und Einfühlvermögen.
LöschenDanke für deinen lieben Kommentar!
Liebe Grüße
Bine & Gubacca
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Wir freuen uns immer riesig über Rückmeldungen.
Liebe Grüße
Bine & Gubacca