Finchen haben wir auf einem unserer letzten Morgenspaziergänge getroffen. Mittlerweile war es leer in Hohwacht geworden und wir hatten auf unseren Runden den Strand fast immer für uns alleine. Während ich mit den Füßen durch das Wasser planschte machte Gubacca, das was er am liebsten macht: Schnüffeln. Hochkonzentriert war er damit beschäftigt auf keinen Fall einen Felsen oder Stein auszulassen, an dem ein Hund sein Beinchen gehoben haben könnte. Als ich von weiten einen kleinen Hund mit seinem Herrchen uns entgegenkommen sah, rief ich Gubacca zu mir, um ihn anzuleinen. Den folgenden Dialog kennt ihr alle "Lassen Sie ruhig, die ist ganz lieb!" Ich muss bei solchen Aussagen immer schmunzeln. Und wenn mein Hund nicht "lieb" ist?! Aber es fiel das magische Zauberwort "sie ist..." und ich wusste bei einer Hündin ist auch Gubacca "lieb".
Die kleine Hündin hatte Gubacca bereits fest ins Visier genommen und marschierte auf uns zu. Ich war erstaunt als ihr Herrchen sagte "Finchen sieht schon fast gar nichts mehr, sie ist schon 17 Jahre alt". Gubacca hatte sie auf jeden Fall sofort wahrgenommen und das Schwänzchen wedelte wie ein Ventilator vor Freude, als sie ihn begrüßte. Was für ein schönes hohes Alter! "Ist Finchen, denn sonst noch fit?", fragte ich ihr Herrchen. "Naja mit den Hören klappt es auch nicht mehr so gut. Sie ist fast taub. Die Zähnchen müssten gemacht werden, aber in dem hohen Alter trauen wir ihr eine Narkose nicht mehr zu. Pippi einhalten klappt auch nicht mehr immer... Aber solange sie noch Lebensfreude hat und gerne tobt!" Ich stutzte, die lange Liste mit Alterskrankheiten passte sogar nicht zu dem Wort toben. Aber als ob Finchen meine Gedanken in dem Moment geahnt hätte, forderte sie Gubacca zum Spielen auf. Stolz drehte sie eine Runde im Sand und schaute mich an, als ob sie sagen wollte "Schau, wie flott ich noch bin und mit dem Spanier mithalten kann." Und fast mit einem breiten Grinsen im Gesicht rannte sie dann eine weitere Runde mit Gubacca durch den Sand, dass der Sand nur so flog.
Ich freute mich in diesem Moment riesig über die Lebensfreude von Finchen. Alle "Wehwehchen" traten für diesen Augenblick in den Hintergrund und dieser kleine Hund war einfach nur glücklich. Ich war aber auch wahnsinnig stolz auf Gubacca. Mein "von 0 auf 300" verstand es wunderbar mit Finchen zu spielen. Er gab genau soviel "Gas", dass Finchen noch eine Chance hatte mitzuhalten und achtete peinlichst darauf die kleine Hündin nicht über den Haufen zu rennen. Für ihn war Finchen einfach eine tolle Spielpartnerin: Egal ob klein, taub und fast blind, auf die er sich wunderbar einstellen konnte.
"Ich bin sicher, gleich fällt Finchen förmlich in ihr Körbchen und schläft bis mittags", sagte ihr Herrchen lachend zu mir. Wir verabschiedeten uns voneinander und als ich mich noch einmal nach den beiden umdrehte, sah ich Finchen wieder staksig und langsam neben ihren Herrchen herlaufen. Man sah wieder den alten Hund - aber ich wusste, sie ist trotzdem auch ein glücklicher Hund und mich hat die kleine Hündin sehr berührt. Ich wünsche mir aus tiefen Herzen, dass uns die beiden im nächsten Jahr wieder am Strand begegnen und Finchen gemeinsam mit Gubacca eine Runde rennt... bis dahin behalte ich diese wunderschöne Begegnung tief im Herzen und wünsche mir, dass Gubacca ein genauso hohes Alter erreichen darf.
