Nachgefragt: Wie bekomme ich einen entspannten Hund?

Februar 21, 2018

Ein "Hoch" auf das Internet und Facebook - ohne Gubacca' s Blog hätte ich wahrscheinlich nie so viele Menschen kennengelernt, die wie ich einen noch jungen Gos d' Atura Català haben. Unser Lieblingssatz beim gemeinsamen Austausch ist fast immer: "Soooo anstrengend haben wir uns die Rasse dann doch nicht vorgestellt". Ich weiß, ganz viele denken jetzt: "Ja was haben sie sich den vorgestellt? Ein Welpe und Junghund ist nun mal lebhafter und muss noch erzogen werden! Haben die denn vorher noch nie einen Hund gehabt?" Doch haben wir! Ich habe bisher noch keinen Gosbesitzer kennengelernt der vorher noch nie einen Hund hatte. Gubacca ist mein fünfter Hund und trotzdem haben mich die "Kevin-Phasen" in dieser - nennen wir es mal Intensität - eiskalt erwischt.

So entspannt wünschen sich viele ihren Gos - die drei Mädels von Bentjesgos

Meinen beiden Gastautorin, Nicole Scholl und Conny Mayerbacher, ging es bei ihren Gos Welpen Ambar und Pedro, genauso. Beide saßen auf einmal mit zwei kaum zu stoppenden Energiebündeln da. Die gute Nachricht für alle, die die Blogbeiträge noch nicht gelesen haben - aus beiden sind tolle Hunde geworden. Fand ich schon einmal sehr beruhigend! Die schlechte Nachricht: man muss auch etwas dafür tun bzw. weniger tun... und das fällt fast allen von uns verdammt schwer - nämlich unseren jungen, verspielten und quirligen Hütehunden mehr Ruhe gönnen!  Hat man das geschafft kommt oft schon die nächste Hürde - die Pubertät. Eben noch everybody' s Darling mutiert der sonst so entspannte Jungrüde plötzlich zum Monster. Und nun? 

In Conny' s Erfahrungsbericht (hier könnt ihr ihn noch einmal nachlesen: "Einmal Gos - immer Gos?!") geht es unter anderem genau um diese Problemfelder:  Pedro, ihr Gosrüde war als Welpe und Junghund  sehr gestresst und konnte die vielen Umweltreize nicht mehr verarbeiten. Mit Beginn der Pubertät  empfand er dann auch noch alle anderen Rüden als überflüssig und der normale Alltag wurde immer schwieriger mit ihm. Aber welche Lösungsstrategien haben dann geholfen, dass aus Pedro ein entspannterer und sozialverträglicherer Hund wurde? Mit ganzen vielen Fragen wandte ich mich erneut an Conny und so entstand die  Fortsetzung "NACHGEFRAGT..."   

Im ersten Teil  beschreibt Conny unter anderem wie sie es geschafft hat, dass Pedro deutlich entspannter wurde - ein Antistressprogramm für Hunde sozusagen. Im zweiten Teil, der morgen erscheint,  stellt Conny  das BAT – Behaviour Adjustment Training vor, dass ihr bei Pedro geholfen hat, dass er unter anderem die Nähe von Artgenossen zulässt. Viel Spaß beim Lesen!

Nachgefragt...im Gespräch mit Conny Mayerbacher

Teil 1: Der Weg zum entspannten Hund

Conny mit ihrem Rüden Pedro
Sali: Conny, du schreibst in deinem Erfahrungsbericht, dass du Pedro als Welpen in den ersten Wochen total überfordert hast. Diesen Fehler machen ja ganz viele von uns, weil man den jungen Hund auch auslasten möchte.  Was ist aus deiner heutigen Sicht bei euch zu viel gewesen und wie hat sich das bei Pedro bemerkbar gemacht. Du hattest ja auch geschrieben, dass es anfangs sehr gut mit ihm lief und es keine Probleme gab. 

Conny: Nachdem mir geraten wurde, den Hund gut auszulasten und ihm viel Bewegung zu geben legte ich mich ins Zeug. Es machte ihm ja Spaß, den Blättern und den Vögeln hinterher zu springen, mit neuen Hundekumpels zu spielen und meine Bekannten sollten ihn natürlich auch alle kennenlernen. Und weil es ihm soviel Spaß machte und er auch gleich alle mit seinem Augenaufschlag zu verzaubern waren wir bis zu 3 Stunden täglich draußen. Wie müde und kaputt er war ist mir da eigentlich nie aufgefallen. Nur als er sich einmal ins Körbchen der Nachbarshündin flüchtete und er sich darin fast festklammerte überlegte ich kurz. Aber auch dieses Erlebnis war schnell wieder von meinem Ehrgeiz überdeckt. Die Reize, die ich ihm aussetzte waren natürlich viel zu viel und er konnte das alles gar nicht verarbeiten. Noch dazu, wo er in den ersten Wochen nicht den besten Start ins Leben hatte.

Tierschützer haben ihn und seine drei Brüder in einem verwahrlosten Garten gefunden. Mama lebte dort an der Kette. Die Welpen konnten gerettet werden, wurden geschoren, gebadet und medizinsich behandelt. Die Mama musste leider bleiben. Ich gehe also davon aus, dass er eigentlich nichts kennenlernen konnte. In der Welpenstation, wo er die nächsten Wochen verbrachte waren einige Welpen – welche Erfahrungen er dort machte weiß ich natürlich nicht. Aber für eine gute, positive Entwicklung hat sicher so manches gefehlt. Noch dazu wurde er als einziger Welpe dort seine Würmer nicht los und fühlte sich in seiner Haut sicher nicht wirklich wohl. Ich glaube auch, dass er aufgrund dieser (Nicht-)Erfahrungen und dem Stresslevel, das seine Mama vermutlich hatte seine Stresstoleranz und sein Nervenkostüm nicht so gut ausgebildet war.

Pedro als Welpe

Sali: Die ersten Probleme kamen dann ja verstärkt mit der Pubertät. Vorher Schaf jetzt plötzlich Wolf. Grundsätzlich hört man das ja von fast allen Rassen, dass die Rüden mit der Geschlechtsreife problematisch werden. Unterscheidet sich der Gos da von anderen Rassen in irgendeiner Art und Weise für dich?

Conny: Ich merke schon, dass der Gos noch sehr ursprünglich ist und noch sehr nah an seiner eigentlichen Bestimmung ist. Jede Rasse wurde zu einem bestimmten Zweck selektiert und gezüchtet. Früher hielt sich ja niemand einen Hund zum Spaß als Haustier sondern er war immer Arbeitsmittel. Beim Gos sind es u.a. Eigenschaften, die es ihm in unserer engen Menschenwelt schwer machen können. Er ist ein Hund der Weite und der großen Flächen, wo er selbstständig Schafen hütet und beschützt. Pedro nimmt seine Aufgaben sehr ernst, ist sehr selbstständig und trifft seine eigenen Entscheidungen – er braucht mich nicht dazu. Das macht es mir schwer, ihn durch unsere Menschenwelt zu manövrieren weil oft nicht die selben Vorstellungen und Ziele haben. Und er hat es schwer, sein eines Schaf (mich) vor allen „Gefahren“ zu beschützen. Sowas stresst sicherlich. Von allen Seiten riecht und sieht er „Eindringlinge“ in seinem Bereich, die ihm unheimlich sind. Auch heute noch ist es für mich oft nicht einfach, ihm diese Arbeit wieder abzunehmen. Sobald er unpassenden Geruch in die Nase bekommt dreht er durch und ich muss ihn wieder zurückholen. Zum Glück funktioniert das inzwischen ganz gut – man bekommt so seine Taktik, solange wir noch genügend Platz haben. Andere Rassen, die diese Wach- und Schutzaufgaben nicht haben erlebe ich hier als viel entspannter und einfacher im Umgang mit ihren Artgenossen. Wobei ich natürlich nicht weiß, wie ausgeprägt es geworden wäre, wen ich von Anfang an richtig darauf reagiert hätte.

Sali: Du hast sehr häufig die Hundeschulen in der ersten Zeit gewechselt bis du endlich eine gute Trainerin für euch gefunden hast. Wo waren für dich dort die Unterschiede? Auch ich bekomme sehr häufig geraten "suche dir eine Trainerin die Goserfahrung hat". Inwiefern ist der Gos anders, als ein Aussie, Tibet Terrier oder Border Collie für dich in der Erziehung oder auf der Suche nach einer Hundeschule?

Die erste Hundeschule, die ich fand trainierte auf dem Platz. Es gab wildes Durcheinandergewusel von zu vielen Hunden, wo wir dann unsere Hunde immer wieder abrufen sollten. Pedro hat das aber nicht interessiert. Auch mit viel Abstand (ich war schon ein ganzes Stück außerhalb des Trainingsgeländes) war es ihm egal, ob ich noch da war oder nicht. Als ich den kleinen Strolchi dann wieder eingefangen hatte (er wollte natürlich nicht – dann war der Spaß doch vorbei) ging es im Viereck. Mit vielen Leinenrucks sollten die Hunde „bei-Fuß“ zu lernen. Mir machte es so keinen Spaß und gelernt hat er auch nichts. Nach wenigen Stunden beendete ich dieses Dilemma dann wieder.

Dann fand ich zur Junghundstunde eine Trainerin, die eigentlich eine gute Vorbildung hatte und mit positiver Verstärkung arbeitete. So gefiel mir das ganz gut. Aber da hatte ich mit ihrer Art ein Problem. Da Pedro inzwischen „sitz“, „platz“, „komm“ und „bleib“ gelernt hat und so aus im Vegleich mit den anderen Hunden der kleine Streber war versuchte sie immer mehr, einen Fehler bei uns zu finden. Hat sie dann einen gefunden (Pedro löste einmal selbstständig das „SITZ“ auf) machte sie sich darüber lustig. Das war dann hier aus persönlichen Gründen das AUS. Der nächste war ein Trainer, der normalerweise mit Jagdhunden unterwegs war und mit Pedros selbstständiger Art nicht weiter wusste. Außer Zwang und Druck hatte er keine Ideen. Pedro zeigte uns dezent die Mittelkralle.

Erst jetzt – Pedro war inzwischen 1 Jahr – fand ich eine Trainerin, die genau meine Wellenlänge hatte und meine Ausbildungsvorstellung verfolgte. Mir war ein positver, freundlicher und vertrauensvoller Umgang mit dem Hund wichtig und nicht Korrektur, Unterdrückung und Strafe. Endlich zeigte mir jemand, welchen Unterschied allein die Stimmlage machte, wenn ich mit meinem Hund kommunizierte. Ich war glücklich, wenn er mich nach einem Lob oder Belohnung von mir mit seinen dunklen Augen anguckte und ich das Gefühl hatte, sein Vertrauen zu mir wächst.

Ich glaube nicht, dass ein Trainer unbedingt Gos-Erfahrung braucht. Ich finde ein grundlegendes Verständnis für die Rasseunterschiede wichtig, damit man auf jedes Individuum passend eingehen kann. Hierzu gehört auch zu wissen, dass Hütehunde – egal ob Border, Aussi oder Gos andere Grundlagen und Bedürfnisse haben als Jagdhunde, HSH oder andere Rassen. Und auch bei den Hütis gibt es wieder ziemlich große Unterschiede, wie sie ihre Arbeit machen. Aber ein Trainer mit guter Ausbildung und auch regelmäßigen Fortbildungen sollte in der Lage sein, im Training entsprechend darauf einzugehen und zu reagieren.

Gubacca im Welpenspiel - die richtige Hundeschule zu finden ist gar nicht einfach


Sali: In deinem Bericht schilderst du, dass es nach deinem Anti-Stressprogramm deutlich besser mit Pedro wurde. Was würdest du Welpen und Junghundbesitzern raten für die ersten Monate? In vielen Ratgebern liest man ja immer wieder, wie wichtig es ist den Welpen- und Junghund mit neuen Reizen vertraut zu machen. Da gerät man schnell in einen Zwiespalt. Auf der einen Seite der dringliche Rat so wenig wie möglich - auf der anderen Seite muss man den jungen Gos ja auch mit vielen neuen Dingen vertraut machen?!

Conny: Mein Rat für Welpen- und Junghundbesitzer für das erste Jahr ist, dass das allerwichtigste was der Hund lernen muss, das Schlafen und Ruhe halten ist. Natürlich muss man dem jungen Gos auch einiges zeigen. Aber das geht in kurzen Zeiteinheiten und danach ist wieder ein ausgedehntes Schläfchen wichtig. Ich habe für meine Kunden ein Hand-Out zusammengestellt, was an Reizen für die Hunde wichtig ist – das heißt  aber nicht dass sie diesen Bogen abarbeiten sollen sondern sollte ein Anhaltspunkt sein, was an Reizen auf unsere kleinen Schätze so zukommen kann und was sie als „normal-im-Leben“ abspeichern sollten. Ich warne eindringlich davor, jeden Tag ein Mammut-Programm abzuspulen, um ja alles ausgiebig zu trainieren. Weniger ist hier immer mehr. War an einem Tag zum Beispiel ein Zoo- oder Bauernhofbesuch, braucht er nicht gleich auch noch den Cafehausbesuch. Am nächsten Tag ist dann auch Ruhe und schlafen das Wichtigste. Unser normaler Alltag ist für die Kleinen aufregend genug und hier müssen sie ja auch noch vieles lernen. Ich bitte auch alle, ihren kleinen Liebling genau zu beobachten. Kommt er zuhause zur Ruhe oder ist nach jedem Gassi zu Hause erstmal wildes spielen und toben angesagt. Das ist dann ein Zeichen, dass der Hund draußen überfordert wurde. Entweder war man zu lang draußen oder aber es waren einfach zu viele Eindrücke, die verarbeitet werden müssen. 5-Minuten-Welpenspinnen am Tag ist ganz normal. Aber wenn es mehrmals täglich stattfindet sollte man auf jeden Fall das Programm reduzieren.

So ein kleiner "Tierbesuch" war schon ein ausreichendes Programm an einem Tag  für Gubacca

Sali: In deinem Bericht schreibst du, dass du gemeinsam mit deiner Trainerin den Stresspegel von Pedro abgebaut hast. Wie sah euer Anti-Stress-Programm denn genau aus? Wie kann ich mir das vorstellen.

Alles, was sich an Beschäftigung bei uns im Alltag fand wurde gestrichen: Tricks, Spiele, Leckerlisuche und Mantrailing. Am allerschwersten fiel mir das beim Mantrailing, was uns so großen Spaß machte, dass mir die Woche bis zum nächsten Training schon immer zu lang wurde. Übrig blieb ruhiges kuscheln und streicheln. Ich war zunächst selbst noch nicht überzeugt, dass dieser Weg richtig und wichtig für ihn ist. Aber ein Erlebnis hat sich bei mir eingebrannt.

Ich war ja stets bemüht, dass Pedro ruhig wird und nicht nur umher quirlt. Aber so ein bisschen Bewegung dachte ich, braucht er ja doch. Er war ein 1-jähriger-Hüte!-Hund! Da ich ihn vorübergehend nicht mehr von der Leine lassen durfte war ich mit ihm ca. 1,5 km Rad fahren. - Nur ein kurzes Stück dachte ich. Am nächsten Tag waren wir dann im Hundetraining und meine Trainerin sah Pedro an und fragte mich noch vor der Begrüßung „was hast du mit ihm gemacht? Warum ist er so angespannt?“. Mir war das unheimlich peinlich weil ich das doch gar nicht erzählen wollte, dass ich mal wieder Mitleid mit meinem Schätzchen hatte. Dass sie das wirklich sofort merkte überzeugte mich und ich zog das Programm dann sehr gewissenhaft durch. Es wurde für mich eine echte Challenge.

Viel Schlafen ist das wichtigste in den ersten Monaten eines jungen Gos

Da Pedro nach spätestens 25 Minuten oder auch wenigen Katzen- und Hundebegegnungen total überreizt war wurde unser tägliches Gassigehen auf 3 x 15 Minuten reduziert. Wir suchten dafür die langweiligste Strecke, die wir 8 Minuten in die eine Richtung und 7 Minuten zurück gingen. – Jedes Mal die Selbe. Dabei waren wir so langsam, dass uns jede Rollator-Omi überholt hätte. Ich achtete nur darauf, dass Pedro ausreichend Zeit hatte überall zu schnüffeln und möglich wenig zappelte. Je hektischer er wurde, desto langsamer wurde ich und desto kürzer nahm ich die Leine. Hatte er am Anfang ca. 3 m kürzte ich so weit, bis er direkt bei mir stand. Ich wartete, bis er ruhig war und im Idealfall mich anschaute, lobte dann verhalten (ich wollte ihn ja nicht gleich wieder hochpuschen) und bot ihm ein Leckerli an. Dann bekam er seinen Leinenradius wieder und wir schlichen weiter. 

Gerade zu Beginn konnte er erst auf dem Rückweg Leckerlis annehmen, was für mich ein Indikator für seinen Stress wurde. Auf dem Rückweg waren die Spuren und Schnüffelstellen schon bekannt, darum ging es besser und wir kamen wir da etwas „schneller“ voran. Nächstes Augenmerk war dann, dass wir möglichst entspannt zuhause wieder ankamen. Das war oftmals gar nicht einfach, weil gegenüber so viele Katzen wohnten, dass uns die eine oder andere fast immer begegnete. Aber wir wurden immer besser. Ich freute mich wie ein Kind, als er schon kurz nach unserem Start das erste Leckerli nehmen konnte. Das Tagebuch, das ich damals führte und alles wichtige des Tages vermerkte war mir eine sehr große Hilfe (und ich empfehle es fast allen Kunden, damit sie ihren Trainingsfortschritt verfolgen können). Ich schrieb auf, wann wir wo draußen waren, wen wir trafen und wie sich Pedro benahm. Wie lange er schlafen konnte und wie er sich zuhause drauf war kam natürlich auch dazu. Ich habe es dann noch mit grünem und rotem Leuchtstift entsprechend markiert, damit man das wesentliche schnell fand. So konnte ich immer wieder nachlesen, was wir schon alles geschafft haben. Ich freute mich wie ein kleines Kind, wenn ich große grüne Smilies auf die Seiten malen konnte. Die roten Blitze von anderen Tagen spornten mich dafür umso mehr an, beim Training nicht zu viel zu wollen und wieder genauer auf den Alltag zu achten.

Pedro als Junghund

All die Zeit gab es kein Kommando von mir, keine Spielchen, keine Leckerlisuche, kein Rennen oder Spielen, kein lautes Wort … einfach nichts. Nach ca. 8 Wochen – Pedro wurde schon sichtlich ruhiger und war auch nach schwierigen Begegnungen schon bald wieder ruhiger, wollte ich ihm mit ein paar verstreuten Leckerli eine Freude machen. Er suchte mit Feuereifer – und zappelte für die restliche Woche wie zu Beginn unseres Trainings. Also verzichteten wir weitere 3 Monate auf all die lustigen Beschäftigungen.

Nach wenigen Wochen konnten wir wenigstens bei den Gassistrecken etwas variieren und nahmen für 1x am Tag eine neue Strecke dazu. Natürlich war dann zu Beginn wieder zappeln-hoch-10 angesagt. Meist kamen wir beim ersten Mal nicht weiter als 50 m. Aber auch diese Strecken wurden jeden Tag besser und mit der Zeit konnten wir auch die Zeit vorsichtig erweitern. Im 3-wöchigen Rhythmus traf ich mich mit unserer Trainerin, damit sie mir hoffentlich bestätigen konnte, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich glaube, sonst hätte ich das nicht durchgehalten. Aber es hat sich gelohnt. Bedeutete es zu Beginn unseres Trainings dass ihn stressige Reize für mindestens 4 oder 5 Tage aus der Balance warfen, konnte er nach den 5 Monaten innerhalb weniger Minuten wieder wieder entspannt mit mir unterwegs sein. Endlich konnten wir nach und nach wieder spielen und auch trailen. Endlich war er in der Lage zu lernen und die Reize der Umgebung zu verarbeiten.

Mit unserer Trainerin übten wir fleißig und sie erklärte mir geduldig,  auf welche körpersprachlichen Anzeichen ich achten musste und wie man mit seiner  Reaktivität am besten umgeht. Als wir mit einem Jahr das Training dann endlich ernsthaft angehen konnten war unser erster Rückruf schon verbrannt. Also trainierten wir einen neuen und sie zeigte mir, wie mein Schatz sofort und gern zu mir kommt. Er reagierte toll auf die neue Art des Umgangs und flog förmlich zu mir wenn ich ihn rief. Hier war unser Rezept, ihn so zu rufen, dass er das Gefühl hatte, er verpasst etwas super-spannendes. Meist habe ich ein Leckerli gefunden oder eine spannende Schnüffelstelle … und Pedro wollte immer wissen, was ich mir dieses Mal wieder einfallen ließ. Seine Reaktivität – seine sehr unmissverständliche Reaktion auf andere Rüden - stellten wir ein wenig zurück, ich versuchte möglichst Abstand zu halten und unseren schlimmsten Feinden auszuweichen, weil wir nicht alles gleichzeitig trainieren konnten.

Erst nachdem sein Stresslevel auf einem gesunden Niveau war gingen wir das Begegnungstraining an. Pedro sollte ein gutes Sozialverhalten lernen. Dazu gehört, dass man nicht auf den anderen Hund zustürmt und ihn schon gar nicht überfällt, sondern diverse Beschwichtigungssignale sendet. Das sind z.b. Blick abwenden, über die Nase lecken, am Boden schnüffeln oder Bogen laufen um nur einige zu nennen. Das signalisiert dem anderen Hund, dass man keine böse Absicht hat und in friedlicher Mission unterwegs ist. Stürmt ein Hund frontal auf einen anderen zu ist das in der hündischen Kommunikation sehr unhöflich – etwa so, wenn ich auf den nächstbesten Menschen draußen hinstürme, ihm um den Hals falle, auf die Schulter klopfe und sage „he Alter, alles klar?“

Zum Training gingen wir auf große Distanz und belohnten jeden ruhigen Blick zum anderen Hund. Die Belohnung gab es immer vom Reiz weg, so dass sich Pedro ein wenig seitlich drehen musste um das Leckerli vom Boden zu nehmen und so automatisch für den anderen Hund Höflichkeit signalisierte. Solange wir uns entspannt und im Bogen nähern konnten war alles gut. Sobald wir merkten, dass Pedro der Abstand zu gering war und er sich wieder verkrampfte vergrößerten wir den Abstand wieder. Nach und nach lernte er so, dass man nicht mit lautem Gepolter die Oberhand behalten musste, sondern dass man auch ruhig aneinander vorbeigehen konnte. Zuhause klappte das aber leider nie so gut wie im Training, wo wir meist außerhalb unserer „Home-Zone“ unterwegs waren. Auch konnten sich unsere Trainingshunde selbst höflich verhalten, was es Pedro natürlich einfacher machte.

Für dieses Training hatte ich natürlich die allerbesten Leckerli die ich finden konnte in der Tasche. Nachdem er allergiebedingt extrem eingeschränkt in den leckeren Sachen war und er vieles was gut schmeckte nicht fressen durfte habe ich ihm dafür ein gebratenes Lammsteak klein gemacht. Er war es mir wert!

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Vorschau Teil 2:


Im zweiten Teil von "Nachgefragt" schildert Conny woran ihr erkennen könnt, dass euer Hund gestresst ist und zeigt Lösungmöglichkeiten wie man den Pegel in einer akuten Situation verringern kann. Bei Begegnungen mit Artgenossen hat Conny  mit dem Behaviour Adjustment Training (BAT) von Grisha Stewart bei Pedro gute Erfolge erzielt. Wie dieses Begegnungstraining aufgebaut wird erklärt sie ebenfalls im zweiten Teil. Wären wir jetzt beim privaten Fernsehen würde ich schreiben: "Es lohnt sich morgen wieder einzuschalten".... es wird wieder spannend.

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