Szenen einer Ehe, ein katalanischer Langschläfer, Wetterkapriolen und ein fast verpasstes Traumschiff: Unser zweiter Urlaubstag führt uns nach Lindhöft, Bülk und Strande – inklusive Leuchtturmblick, Mini-Influencer-Momenten und der Erkenntnis, dass man in Eckernförde lieber doch auf das Navi hört...
Zweiter Urlaubstag. Regenwetter. Schon wieder...
Zweiter Urlaubstag. Regenwetter. Schon wieder. Doch heute hat das Ganze auch etwas Gutes: Ich schlafe bis 7.45 Uhr. Eine Sensation. Wer mich kennt, weiß – das ist ungefähr so wahrscheinlich wie Schnee an Ostern. Normalerweise bin ich um sieben mit Gubacca am Strand. Heute? Nur eine kurze Runde ums Haus – mehr war nicht drin. Und Gubacca? Guckt zufrieden. Endlich, denkt er sich vermutlich, merkt die Bine, dass auch ein katalanischer Hütehund im Urlaub mal ausschlafen möchte. Würde er selbst entscheiden dürfen, wäre er vermutlich Typ „Mediterraner Langschläfer mit Hang zur Siesta“.
So starten wir also – fast unheimlich – gechillt in Tag zwei. Unser Tagesziel: Back in Gubaccas Welpenzeit. Ein kleiner Nostalgieausflug nach Lindhöft, wo wir vor ein paar Jahren unseren allerersten Urlaub mit Gubacca verbracht haben. Er – ein knopfäugiger Flauscheball mit Ego-Größe XXL, ich – irgendwo zwischen Welpenzauber und Welpenerziehung kurz vorm Nervenzusammenbruch. Heute liegt Lindhöft zwischen Eckernförde und Kiel, damals lag es wie ich befürchtete am äußersten Rand meiner Belastungsgrenze. Aber: Gubacca war dort, man glaubt es kaum, erstaunlich unkompliziert. Fast so, als hätte jemand heimlich den Kevin-Modus ausgeschaltet und stattdessen die Urlaubsedition aktiviert – freundlich, konzentriert, kooperativ. Aber wie man merkt – ich drifte ab. Hier ist unser Urlaubsbericht von „damals“ → Mehr geht immer – Gubaccas erster Urlaub.
Gestern fragte ich mich noch, ob sich in Lindhöft viel verändert hat. Heute stelle ich fest: Ich hab kaum noch Erinnerungen. Der Parkplatz am Strand? Völlig unbekannt. Die Straße zurück zur kleinen Ferienhaussiedlung? Irgendwas klingelt ganz leise. „Ob Gubacca die Abzweigung noch kennt?“, fragt sich Herr Mini-Rütter, ganz im Modus Wetten, dass…. Spoiler: Nein. Gubacca marschiert seelenruhig daran vorbei.
Die Siedlung wirkt heute eher wie das Set eines norddeutschen Krimis: düster, verwittert, ein bisschen in die Jahre gekommen. Und da ist sie wieder – die Straße des Schreckens, die sich wie ein Nadelöhr durch die Siedlung zieht. Einspurig, eng, unübersichtlich – wehe, dir kommt jemand entgegen. Ich erinnere mich lebhaft daran, wie ich damals bei jeder Fahrt innerlich „Hilfe“ geschrien habe. Blut und Wasser hab ich geschwitzt.
Immerhin: Das Ferienhaus war und ist top. Schön gelegen, gut ausgestattet – da gibt’s nichts zu mäkeln. Nur der Weg dahin war schon damals… naja… mehr Abenteuer als Urlaubsfreude. Und ist es bis heute.
Zurück am Parkplatz will ich kurz in Nostalgie schwelgen und die alten Liegestellen aufsuchen. Doch Herr Mini-Rütter, mein ganz persönlicher Kultur to go-Tourist, hat andere Pläne. Während ich eher so der Typ Pfadfinderin mit Entdeckungsdrang bin, vertritt er das Motto: „Ein kurzer Blick reicht – weiter geht’s!“ Unsere Ausflüge dauern entsprechend nie besonders lang. Ich schiebe es auf seinen mangelnden Entdeckergeist, er auf meine notorische Toilettenfrequenz. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit – wie so oft – irgendwo in der Mitte.
Der Leuchtturm von Bülk – und andere Beziehungserkenntnisse
Neben meiner Rolle als Pfadfinderin bin ich im Urlaub natürlich auch die Reiseleiterin. Wer fährt, wer plant? Ganz klar geregelt: Herr Mini-Rütter fährt, ich plane. Nicht, weil das auf einer geheimen Beziehungsversammlung einstimmig beschlossen wurde, sondern weil ich das Steuer ungern in fremdem Terrain übernehme und er eh lieber selbst fährt. Ich hingegen wühle mich durch Google-Bewertungen, Luftbilder und Parkplatzkommentare, während er sich entspannt ans Lenkrad setzt. Die Arbeitsteilung steht. Nur heute war ich – und das gestehe ich ungern – etwas... sagen wir: suboptimal vorbereitet. Mein Plan: Leuchtturm Bülk mit schönem Spaziergang entlang der Steilküste und anschließendem Café-Besuch im charmanten Pavillon mit Meerblick. So zumindest die Vorstellung. Die Realität? Etwas – sagen wir – kantiger.
Schon bei der Anfahrt zeigt sich mein Improvisationstalent: Ich lotste den Fahrer auf einen Parkplatz, der, so mein Gefühl, eine Tageswanderung vom Leuchtturm entfernt lag. Spoiler: Es waren exakt 500 Meter. Die Stimmung im Auto war trotzdem so, als hätte ich uns mitten in die Pampa dirigiert. Und natürlich – NATÜRLICH! – war direkt am Leuchtturm ein fast leerer Parkplatz. Ich konnte regelrecht sehen, wie ihm der Satz „Ich hab doch gesagt, ich fahr besser noch ein Stück weiter“ auf der Zunge brannte. Und ich – Reiseleitung mit Reststolz – dachte nur: Mist. Den Punkt geb ich ihm.
Dazu kam, dass ich Gubacca für den Cafébesuch eigentlich im Auto lassen wollte – bei 12 Grad kein Problem, das Wetter war ja eh durchwachsen. Doch nach unserem kleinen Fußmarsch wollte ich nun auch nicht mehr umparken – und wir standen also samt Gubacca vorm Café. Ich hatte einen kleinen, charmanten Gastraum im holsteinischen Stil im Kopf. Bekommen haben wir: einen runden, recht vollen Pavillon mit ordentlich Betrieb und besetzten Tischen.
Ich wollte es wagen. Mit Gubacca. Todesmutig. Manchmal muss man Dinge einfach tun. Doch Herr Mini-Rütter warf sich innerlich schon gegen die Tür, bevor ich sie überhaupt geöffnet hatte. Seine Vorstellung: Ein anderer Hund betritt das Café, Gubacca geht hoch wie ein Hefeteig, Chaos, Tumult, Rausschmiss. Kurz: ein Drama in drei Akten, live und ohne Generalprobe. Ich hätte’s durchgezogen. Aber er winkte ab – ausnahmsweise mal in weiser Voraussicht. Und ja, vielleicht hätte es wirklich eskaliert. Was ich mich dabei aber frage: Warum ist mir das mit Freundinnen völlig egal? Ich gehe da einfach rein, nehme Gubacca mit, regle das, wenn’s soweit ist. Mit Herrn Mini-Rütter wird jedes potenzielle Szenario vorher durchgespielt – mit den jeweiligen Worst-Case-Versionen. Wieder was gelernt. Oder besser gesagt: wieder so eine typische Szene einer Ehe.
Aber: Der Ausflug war trotzdem sehr schön. Das Wetter zeigte sich milde und wir konnten ohne nass zu werden in Ruhe um den Leuchtturm schlendern. Der Blick aufs Wasser – herrlich. Der Wind, der einem die Haare zerzaust – befreiend. Die Steilküste? Die fiel dann leider doch aus. Der Grund: Die falschen Schuhe. Herr Mini-Rütter hatte sich für seine Stoff-Sneaker entschieden. Ich hingegen – wie immer – trug meine heißgeliebten Muck-Stiefel. Ich bin mit ihnen praktisch verwachsen. Der Gedanke, mit ungeeignetem Schuhwerk in nassem Gras oder auf matschigem Untergrund unterwegs zu sein, ist mir völlig fremd. Mir würde das nicht passieren. Niemals. Aber wie heißt es so schön? Jeder hat seinen Stil. Meiner ist halt wasserdicht.
Und natürlich – ich wäre nicht ich, wenn ich nicht schon bei der Anfahrt innerlich die perfekte Foto-Kulisse vor Augen gehabt hätte: Ich, lässig und entspannt, vor dem Leuchtturm, das Licht dramatisch, Gubacca an meiner Seite, Blick in die Ferne, irgendwas zwischen Outdoor-Kampagne und Lifestyle-Magazin. Die Realität? Nun ja. Herr Mini-Rütter, mein ganz persönlicher Pressefotograf wider Willen, drückte beherzt ab – und präsentierte mir stolz das Ergebnis: Ich bin drauf. Ungefähr da hinten, neben dem Mülleimer. Klitzeklein. Unschärfe deluxe. Oder – die andere Variante – ich gucke gerade weg, lache halb oder habe, was leider wirklich oft passiert: die Augen zu. Der Mann kann vieles. Aber Motive erkennen zählt nicht dazu. Ich bin da leider auch nicht lernfähig. Jedes Mal denke ich: Dieses Mal klappt’s! Dieses Mal wird es DAS Bild! Spoiler: Nein. Wird es nicht.
Der Leuchtturm Bülk ist sozusagen der alte Hase unter den Leuchtfeuern an der Kieler Förde – gebaut wurde er ab 1862 von den Dänen, fertiggestellt dann 1865 unter preußischer Regie. Mit seinen 25,6 Metern ist er nicht gerade ein Riese, aber hoch genug, um von der Aussichtsplattform in 22 Metern Höhe ordentlich über die Ostsee zu blicken. Wer nach oben will, muss erst mal 98 Stufen bezwingen – also nichts für ganz bequeme Flipflop-Träger. Früher war er weiß mit rotem Band, dann kam ein schwarz-weißes Outfit, und seit der letzten Renovierung 2021 trägt er schicke grün-weiße Streifen – frischer Anstrich für alte Mauern. Sein Licht reicht übrigens 14 Seemeilen weit und sorgt dafür, dass die Schiffe auf der Förde brav Kurs halten. Und das ganz ohne menschliches Zutun: Seit 1970 läuft hier alles automatisch und ferngesteuert – mit Blickkontakt zur Schaltzentrale in Travemünde.
Direkt am Leuchtturm beginnt ein schön angelegter Rundweg, der in sanften Kurven über die Landzunge führt. Auf etwa 700 Metern geht es mal nah am Wasser, mal durch kleine Knicks, mit freiem Blick über die Kieler Förde. Wer mag, kann sich auf einer der Bänke niederlassen und den Ausblick genießen – bei klarer Sicht reicht der Blick bis nach Laboe, manchmal sogar bis zur gegenüberliegenden Küste. Wir haben natürlich versucht, Langholz irgendwo am Horizont auszumachen – ob wir es tatsächlich gesehen haben oder nur gesehen haben wollten? Sagen wir so: Die romantische Vorstellung war eindeutig schärfer als das Bild.
Yachthafen Strande – zufällig gut gelandet
Unser nächstes Ziel entstand spontan: Wir kamen durch eine Baustelle direkt am Yachthafen vorbei und entdeckten in der Ferne eine riesige Color Line-Fähre. Ein schneller Parkplatz nahe dem Busbahnhof – perfekt, als hätte das Navi uns persönlich angesteuert.
Szenen einer Ehe – die nächste Runde: Herr Mini-Rütter marschierte schnurstracks zum Strand, das Handy gezückt, die Fähre im Visier. Ich hingegen ließ mich wie immer ablenken, krauchte durch alle Ecken, entdeckte einen kleinen Schiffsanleger – und verpasste das große Spektakel. Als ich endlich den Strand erreichte, war die Fähre nur noch ein kleiner Punkt am Horizont.
Die Fähre, die wir gegen 14:45 Uhr sahen, war sehr wahrscheinlich die Color Fantasy oder Color Magic – eines der typischen Color Line-Schiffe auf der Strecke Kiel–Oslo. Beide starten täglich gegen 14 Uhr und tauchen kurz darauf aus der Förde auf. Ein echter Hingucker – auch wenn ich ihn diesmal als Entdeckungstour-„Crewmitglied“ nur knapp verpasst habe.
Zurück nach Langholz – mit Umwegen
Eigentlich hätten wir für die Rückfahrt kaum 45 Minuten gebraucht – eigentlich. Doch rund um Eckernförde erwartete uns das komplette Gegenprogramm zur norddeutschen Tiefenentspannung: Berufsverkehr, Baustellen und das gute, alte Selbstvertrauen. Denn wer braucht schon ein Navi, wenn man sich (angeblich) auskennt? Wir wollten besonders pfiffig sein und spontan eine „clevere Abkürzung“ nehmen. Leider wussten wir nichts von der Großbaustelle mitten in Eckernförde – und landeten statt auf der Umgehungsstraße mitten in der Fußgängerzone.
Während Herr Mini-Rütter im Schritttempo durch die Altstadt manövrierte, Gubacca hinten in seiner Box demonstrativ gähnte und ich versuchte, meine langsam zunehmende innere Unruhe möglichst elegant zu überspielen (Stichwort: „kleines Bedürfnis, großes Problem“), wuchs die Erkenntnis: Vielleicht wäre das mit dem Navi doch die bessere Idee gewesen. Gefühlte Stunden später rollten wir dann doch noch in Langholz ein – etwas zerzaust, leicht entnervt,und um eine Lektion reicher: Wer meint, sich auszukennen, landet schneller in der Fußgängerzone, als ihm lieb ist.
Trotz grauer Wolken, kleiner Umwege und gescheiterter Cafépläne war es ein richtig schöner Urlaubstag – einer von der unaufgeregten Sorte, aber mit allem, was dazugehört: Meerblick, frischer Wind um die Nase, Gubacca im Glück und Szenen einer Ehe im vollen Programm. Natürlich hoffe ich trotzdem, dass der Himmel morgen mal ein bisschen Nachsicht zeigt. Zuhause freuen sich alle über Hochsommer – wir hier oben wären schon mit „trocken und zweistellig mit einer zwei davor “ ganz zufrieden.
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Bine & Gubacca