Wenn man auf Instagram scrollt, sieht das Leben am Meer ja immer aus wie eine Mischung aus Chanel-Werbespot und Aperol-Werbung: Perfekte Wellen, perfekt gebräunte Menschen in perfekten Outfits, die auf einem perfekt ausgeleuchteten Katamaran (ja, ich hab das gegoogelt) mit dem Wind um die Wette flirten. Wer sich jetzt fragt, was Chanel bitte mit Strandurlaub zu tun hat? Gute Frage. Aber diese Hochglanz-Spots, in denen sich alles in Zeitlupe bewegt, Menschen mit wehendem Haar auf Stegen stehend oder dramatisch auf Booten posierend – das hat halt was. Und Instagram liebt sowas. Das ist nicht nur Werbung. Das ist Stimmung. Oder eben: eine sehr gepflegte Illusion.
Bild eins unseres Urlaubs zeigt daher auch Gubacca, wie er genau das tut – also posieren. Auf einem dieser fancy Katamarane, als wäre er der Star einer maritimen Modestrecke.
Bild zwei: Gubacca beim Baden im Meer. Ganz klar – bei so viel Sonne muss eine Abkühlung her! Und dann: das ästhetische Duschbild. Salzwasser runter, Gos-Fellpflege deluxe. Insta-Vibes, 10 von 10, fast schon verdächtig perfekt.
Tja. Die Realität? Regen. In Dauerschleife. Alle Fotos wurden in den maximal zehnminütigen Pausen zwischen zwei Schüttgüssen geschossen. Was auf dem Bild wie ein spontaner Sommergruß aussieht, war in Wahrheit: „Schnell! Jetzt! Foto machen! Regen kommt gleich wieder!“
Ich selbst? Hatte extra eine Woche vorher meine heißgeliebten Fernsehnaschereien gestrichen – immerhin wollte ich im Strandoutfit glänzen... Stattdessen stand ich in meinen aufgeplusterten Regenklamotten da wie… na ja… Käfer-Fridolin. So nennt man mich liebevoll, wenn ich in meiner aufbauschenden Regenjacke unterwegs bin. Man könnte auch sagen: das Michelin-Männchen im Urlaubsmodus. Aber Käfer-Fridolin klingt immerhin niedlich. Und freundlich. Und als hätte ich es mir ausgesucht.
Das eigentlich Absurde: Das Wetterwochenende vor unserer Abfahrt war der blanke Hochsommer. 34 Grad im Pott, ich sah mich schon leicht (!) vom Wind umweht in meiner Strandmuschel liegen – alles bereit für das perfekte Sommermärchen an der Ostsee. Aber klar: Ich wäre nicht ich, wenn ich mir nicht vorher auch ein bisschen Sorgen gemacht hätte. Laut Wetterbericht sollte unser Anreisetag der heißeste des Jahres werden. Und ich sah uns schon: stundenlang im schwarzen Auto, Gubacca hechelnd, ich schweißgebadet, die Klimaanlage kurz vorm Nervenzusammenbruch, Parkplatzsuche in der Hölle – kurz: mein innerer Katastrophenfilm hatte Premiere. Aber – Überraschung: Nichts davon ist passiert. Ja, wir sind bei knackigen 26 Grad losgefahren, aber alles lief glatt. Keine Staus, kein Nervenzusammenbruch (nicht mal meiner), kein Klimaanlagen-Kollaps. Gubacca thronte entspannt auf der Rückbank und ich war fast ein bisschen enttäuscht, dass meine sorgfältig geschmiedeten Notfallpläne (Stichwort: Brückenbauerin Bine, Sorgenmanagerin für ungelegte Eier) ungenutzt blieben.
Von Rimini, Regen und einer fliegenden Lasagne
Kaum angekommen, wurden wir wieder freundlich begrüßt – wie auch im letzten Jahr: herzlich, unkompliziert, fast ein bisschen so, als würden wir nicht einfach Urlauber sein, sondern alte Bekannte. Und wie auch im letzten Jahr durften wir deutlich früher ins Haus. Ich sag mal so: Der Moment, wenn man den Schlüssel bekommt und dieses Gefühl aufkommt von „Zuhause auf Zeit“ – unbezahlbar.
Gubacca hat direkt wieder seine Ecke angesteuert, als hätte er nie woanders gelegen. Und wir? Haben die Koffer genau da abgestellt, wo man drüber stolpert, aber trotzdem nichts verändert – weil: Strand! Jetzt! Sofort! Ich hatte ja Tage zuvor noch die Stimmen der anderen Urlauber im Ohr – „In Holland ist’s voll! Total überlaufen an Pfingsten! Keine Chance auf Ruhe!“ – aber Langholz? Unser verschlafenes Langholz?
Pff, dachte ich. Uns passiert das nicht. Langholz ist anders. Ruhig. Beschaulich. Ein kleines Fleckchen Meeresidylle. Tja. Denkste. Schon auf dem Weg zum Strand fühlte sich alles irgendwie… voll an. Und dann, beim ersten Blick den Strand entlang, wusste ich: Wir sind in Klein-Rimini gelandet. Handtuch an Handtuch. Sandmuschel reiht sich an Strandmuschel. Windschutzpanorama in Regenbogenfarben. Und dazwischen: Menschen. Viele. Von kühler Meeresbrise keine Spur – stattdessen 31 Grad, Sonne pur, und erstaunlich viele Hunde, die unter bunten Schirmen so taten, als fänden sie das alles super. Gubacca? Im Haus. In seiner Ecke. Siesta, olé.
Wir landeten wie in jedem Urlaub hier erstmal in der kleinen Strandpizzeria. Zu voll, um zu bleiben – aber für ein Getränk reichte es. Und für ein bisschen „Urlaub einatmen“. Später am Abend, als es ruhiger wurde, holten wir uns dort etwas zu essen. Der Hundetransporter wurde kurzerhand zum Pizza-Taxi. Klappt hervorragend. Also meistens. Diesmal… na ja. Die Lasagne hatte andere Pläne. Und einen Hang zur Schwerelosigkeit. Kurz vor dem Ferienhaus: Kurve. Ruck. PLOPP. Lasagne über alles. In jede Ritze. Ich finde heute noch Ecken mit Tomatensoße – trotz Reinigungsaktion. Aber hey: Gelernt ist gelernt – nächstes Mal bekommt die Lasagne einen Anschnallgurt.
Nach dem kulinarischen Inferno im Hänger (Ruhe in Tomatensoße, du tapfere Lasagne), war der Tag ja eigentlich durch. Eigentlich. Aber dann: dieser Himmel. Dieses Licht. Und diese plötzliche, verdächtige Stille. Denn: Die Strandpizzeria macht um 20:30 Uhr dicht – und danach ist Langholz wie leergefegt. Der Strand? Wie aus dem Bilderbuch. Also habe ich das Gubacca-(Lasagne-)Taxi nochmal flott einsatzbereit gemacht, diesmal ohne Bordverpflegung, dafür mit Ziel: Abendrunde Deluxe.
Gubacca durfte „anbaden“. Und wie! Mit Anlauf, mit Begeisterung, mit wedelndem Hintern und stolz geschwellter Brust. Das Wasser war sein Laufsteg, die Wellen seine Background-Tänzer – fehlte nur noch Musik. (Aber vermutlich hatte er eh einen internen Soundtrack.)
Und ich? Stand daneben, staunte, atmete durch – und war einfach nur froh, den knapp verpassten „längsten Tag“ des Jahres (21. Juni, danke für nichts!) noch so auszukosten. Es war bis halb elf hell. Und genau das ist das Magische an Langholz: Man kommt innerlich sofort runter. Selbst nach fliegender Lasagne.
Und dann – am nächsten Tag – Temperatursturz. 15 Grad weniger. Wind. Regen. Mein frisch angeschaffter, lässiger Hippi-Look? Völlig fehl am Platz. Hätte ich lieber mal weniger „Ibiza-Feeling“ und mehr „Skandinavien-Herbst“ eingepackt. Aber nein. Die warmen Pullover? Tief vergraben, irgendwo zwischen Sandalen, Sonnencreme und naivem Optimismus. Und trotzdem: Es hatte was. Der Strand war plötzlich leer. Keine Rimini-Vibes, kein Gewusel – nur wir, der Wind, die Gischt. Gubacca war im siebten Himmel. 15 Grad – seine Komfortzone. Kühle Luft, frisches Meer. Wenn der Bauch einmal gut durchgekühlt ist, kann’s von oben auch regnen – ist ihm völlig egal. Im Gegenteil: Dann läuft er. Lang. Und weit. Und glücklich.
Langholz selbst ist wie eh und je – und das ist genau das Schöne daran. Seit meinem 5. Lebensjahr komme ich regelmäßig hierher. Und jedes Mal fühlt es sich so an, als würde alles ein bisschen langsamer laufen. Als würde die Welt kurz den Atem anhalten.
Im letzten Jahr war ich noch richtig erschrocken über die Schäden durch die Sturmflut 2023 – vor allem an der Steilküste. Aber jetzt, zwei Jahre später? Fast nichts mehr davon zu sehen. Würde ich die alte Küstenlinie nicht so gut kennen – mir wäre nichts aufgefallen.
Nur der Naturstrand hat’s noch nicht ganz geschafft. Besonders am Lehmberger Abschnitt: steinig, schmal, voller Algenreste, die einen gewissen… sagen wir mal: eigenen Charakter haben. Einladend ist anders. Aber – bei dem Wetter? Baden steht eh nicht auf dem Programm. Zumindest für uns Menschen.
Gubacca dagegen? Der nutzt jede Gelegenheit, um seinen Bauch im Meer zu kühlen – Regen von oben, kühles Meer von unten – für ihn ist das Hunde-Glück pur.
Morgen geht’s nach Schwedeneck – da, wo alles anfing. Unser erster Urlaub mit Gubacca. Damals war er fünf Monate alt, ein kleiner Lockenball mit Riesenohren und Ego für zwei. Ich bin gespannt, ob sich dort etwas verändert hat. Vielleicht auch nicht. Vielleicht fühlt es sich wieder ein bisschen an wie damals. Egal, ob im Hippie-Look oder als Käfer-Fridolin – es wird bestimmt ein schöner Tag.
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