Wenn aus Pink plötzlich Rosa wird – und der Langschläfer zum Spielverderber - Reisetagebuch Langholz

Juni 30, 2025

Dinge ändern sich. Was gestern noch herrlich pink war, ist heute nur noch langweiliges Rosa. Und ich? Ich bin eine Meisterin darin, meine Meinung zu wechseln. Aber hey, zu meiner Ehrenrettung: Oft gibt’s triftige Gründe dafür. Zum Beispiel das Wetter. Noch vor ein paar Tagen habe ich mir hier den „Jahrhundertsommer“ gewünscht, der seit Kurzem in unserem Ruhrgebiet Einzug gehalten hat. Jetzt? Jetzt kann ich mir ein „Gott, sei dank ist es hier kühler“ nicht verkneifen. Ja, wir haben Sonne, aber keine dieser brütenden, alles-austrocknenden Hitzewellen, sondern einen leichten Wind und kühle Nächte – perfekte Voraussetzungen, um uns alle drei unter einen Hut zu bekommen. Wenn man früh genug aufsteht.




Und da komme ich ins Spiel: Punkt 7 Uhr morgens hopse ich  wieder in alter Bestform energiegeladen aus dem Bett, voller Tatendrang und mit der festen Absicht, keine wertvolle Urlaubsminute zu verpassen. Herr Mini-Rütter hingegen dreht sich demonstrativ auf die andere Bettseite und schnauft tief durch. Bis gestern fand ich seinen Langschläfer-Modus noch ganz sympathisch und habe ihn heimlich gefördert. Heute? Heute ist das der pure Dorn im Auge. Denn ich will an den Strand. Nicht nur eine Stunde, sondern am liebsten den halben Tag. Was mir im Weg steht? Der lebenswichtige Lebensmitteleinkauf! Und ja, hier sind die Wege lang. Während ich zu Hause mal eben mit dem Rad zum Rewe flitze und fix wieder da bin, ist hier alles größer, weiter, mit mehr Landschaft dazwischen – so richtig Urlaub eben.


Doch kein lautes Husten, kein Geschirrklappern, keine laute Radiomusik hilft. Die Schlafzimmertür bleibt fest zu. Also mache ich das, was zur Routine geworden ist: Ich schnappe mir Gubacca und gehe mit ihm auf die große Runde. Zum Glück orientiere ich mich nicht an der Nachbarin von gegenüber, die mit kurzer Hose und Top losmarschiert – es ist nämlich sehhhrrrr kühl. Für Gubacca hingegen das Paradies. Anders als an den Vortagen gönne ich ihm diesmal einen Zwischenstopp am Strand von Klein-Waabs. Gekühlter Bauch inklusive, denn schwimmen? Nein danke, das bleibt weiterhin seine persönliche Baustelle.










Zurück im Ferienhaus taucht endlich auch der Langschläfer auf, jetzt bereit für den nächsten Akt: den Großeinkauf in Kappeln. Lebensmitteleinkäufe sind für Herrn Mini-Rütter ungefähr so spannend wie für mich ein Laden voller Wohndeko. Er kann dort problemlos Stunden verbringen. Für mich dagegen die absolute Qual – ich versuche, das Ganze so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Diesmal wollte ich schlau sein und schlug vor, nach dem Aldi-Teil unseres Einkaufs schon mal fix in den Rewe nebenan zu sprinten, um unsere Lieblingssalatsauce zu holen. Fataler Fehler! Nach ein paar Minuten bin ich wieder draußen – aber Herr Mini-Rütter? Der steckt immer noch im „Shopping-Paradies“ fest, und ich stehe schimpfend auf dem Parkplatz in der Sonne. Den Autoschlüssel hat natürlich er. Herr Mini-Rütter? Entspannt wie immer. Ich? Noch immer fassungslos, wie man sich an Lebensmitteleinkäufen dermaßen berauschen kann. Aber hey, so sind wir eben. Und irgendwie lieben wir uns genau deshalb.



Vom Einkaufen zurück konnte Herr Mini-Rütter es diesmal kaum erwarten, endlich an den Strand zu kommen. Es war mittlerweile schon 14 Uhr, und – Zitat – „ich hab ja noch gar nichts von meinem Urlaubstag gehabt“. Ich nickte verständnisvoll, während ich innerlich meine imaginäre Liste für passiv-aggressive Kommentare sortierte. Spoiler: Morgenstund hat Gold im Mund – außer man liegt drauf und schnarcht.
Während ich noch in aller Ruhe meinen Joghurt löffelte, schulterte Herr Mini-Rütter die neue Strandmuschel und die frisch erstandene Luftmatratze. Bine hatte beim Einkaufen aufgerüstet. Luftmatratze deluxe –leider ohne Cupholder! Als er sogar mein Paket einpackte, dachte ich noch gerührt: „Ach guck, das ist Liebe.“ Ich sah mich schon königlich auf meiner Matratze thronen, sanft eingebettet in die neue Muschel, die in der Mittagssonne wie ein schimmernder Palast aus Polyester leuchtete.

Tja. Reality check: Als ich wenig später mit Gubacca am Strand eintraf, befand sich die Matratze noch exakt in dem Zustand, in dem sie den Laden verlassen hatte – vakuumverpackt und faltenfrei. Dafür Chaos in der Strandmuschel.  Vielleicht sollte ich mich künftig selbst um mein Equipment kümmern. Nach einem kurzen (also mittelkurzen) Monolog über Wertschätzung und das Wesen von Initiative, ließ er sich dann aber doch erweichen und pustete sie auf. Tapfer. Man möchte fast sagen heldenhaft. Hätte er noch ein Schwert in der Hand gehabt, wäre es ein epischer Moment geworden.


Gubacca dagegen? War natürlich längst im Dienst. Strandaufsicht. Ein Auge auf die Möwen, das andere auf die Wellen, das dritte (vermutlich im Nacken) auf uns. Die Tatsache, dass der Strand fast leer war, irritierte ihn nur kurz – man weiß ja nie, wann sich eine Horde feindlicher Badehandtuchbesetzer anschleicht. Sicherheit geht vor. Und auch wenn es für Außenstehende so aussehen mag, als würde er einfach nur dösend in der Sonne liegen – das ist taktisch platzierte Entspannung mit Rundumüberblick. Man nennt es professionelle Lässigkeit.



Am Ende des Tages hatten wir also alles: Sand, Sonne, Liebe in Form von Luft, einen müden Hund – und eine Ehe, die um eine weitere Mini-Szene gewachsen war.



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