Das kleine Gos-ABC | I wie Inzucht

März 02, 2024

 

Inzucht - das Wort löst bei mir sofort ein negatives Gefühl aus. Ich kann mich nur zu gut an einen Besuch bei einer „Züchterin“ (Vermehrerin) für  Yorkshire-Terrier vor vielen Jahren erinnern. Dort hatte ich den Verdacht, dass die Tiere einfach „wild“ miteinander verpaart wurden und der Rüde auch seinen weiblichen Nachwuchs später wieder deckte. Wahrscheinlich hat er das sogar - aber man wirft hier schnell unterschiedliche Begriffe in einen Topf. Wenn, wie hier in meinem Beispiel, ein Rüde seinen eigenen Nachwuchs deckt, ist das Inzestzucht. Das ist in der kontrollierten deutschen Zucht im VDH verboten. 

Was jedoch erlaubt ist, ist die Verpaarung von möglichst eng miteinander verwandten Hunden und das wird dann als Inzucht bezeichnet. Eine andere Bezeichnung hierfür ist auch die sogenannte „Linienzucht“. Und um gleich zu Beginn noch ein paar Fremdwörter in unsere „nette Plauschrunde“ zu werfen kommt noch der Inzuchtkoeffizient (IK) und der Ahnenverlustkoeffizient (AK) hinzu. Spätestens jetzt bin ich mir sicher, möchte sich bestimmt der ein oder andere „verabschieden“ und den Blogartikel nicht weiterlesen. Viel zu viele Begriffe, mit den man nichts anfangen kann! Außerdem denken bestimmt viele von euch, damit müssen sich doch nur Leute beschäftigen, die selbst züchten möchten. Aber das stimmt leider nicht! Spätestens bei der Suche nach einem Welpen und dem dazugehörigen verantwortungsbewussten Züchter werden wir mit dem Thema konfrontiert. Es sei denn wir möchten später viel Zeit beim Tierarzt verbringen. Zu enge Verpaarungen können erhebliche Folgen haben. 

Hierzu zählen:
 
  • Höhere Anfälligkeit für Erbkrankheiten 
  • Ebenso höhere Anfälligkeit für alle anderen Arten von Krankheiten 
  • Die Wurfgrösse ist kleiner 
  • Überlebenschance von Neugeborenen (Welpen) ist geringer 
  • Deformationen (Fehlbildungen) von Körperteilen oder Organen 
  • geringere Belastbarkeit 
  • geringere Lebenserwartung

Inzuchtkoeffizient (IK) und Ahnenverlustkoeffizient (AVK)

Die beiden Begriffe hören sich komplizierter an, als sie tatsächlich sind. Mit dem Inzuchtkoeffizient, kurz IK genannt, wird der Verwandschaftsgrad der Eltern zueinander in Prozent angeben. Dieser Wert entspricht dann auch dem Inzuchtgrad der Nachkommen und sollte möglichst niedrig sein.

Der Ahnenverlustkoeffizient (AK) gibt ebenfalls in Prozent an, wie viele unterschiedliche Ahnen ein Hund hat. Dieser Wert sollte möglichst hoch sein, denn 100 % würden bedeuten, dass in den Stammbäumen der Eltern kein Ahne doppelt vorkommt.  Berechnet wird der Wert in dem man die Zahl der Ahnen die nicht doppelt im Stammbaum vorkommen durch die Anzahl der möglichen Ahnen teilt.

Um das ganze zu verdeutlichen planen wir doch einfach mal einen Wurf mit Gubacca und Nika. Zum Glück gibt es für die Berechnung der beiden Werte beim Gos d'Atura die Catalanen.net von Angela Schüssler. Dort muss man einfach nur die Eventualverpaarung eingeben und bekommt mit einem Knopfdruck alle Informationen angezeigt. Auf dem Bild unten seht ihr wie das dann aussieht. 
 
 
 
Die beiden haben einen Inzuchtkoeffizient von 0,0000% - besser geht es nicht. Wären die beiden aber zum Beispiel Cousin und Cousine läge der Wert bei 6,25 %. Auch der Wert des Ahnenverlustkoeffizient wäre bei einer Verpaarung der beiden  sehr gut und läge bei 96,77 %. Berechnungsgrundlage hierfür waren 5 Generationen. Von den 62 Ahnen der beiden sind nur 2 identisch und es verbleiben 60 unterschiedliche Ahnen.  Ihr erinnert euch noch an die Formel? 

Verbleibende Ahnen (60) / Gesamtzahl der möglichen Ahnen auf 5 Generationen (62) =  0,96774194

Bei dem Gos d'Atura gibt es über dem VDH keine IK-Begrenzung und auch keine Vorgaben zum Ahnenverlustkoeffizient. Lediglich die Inzestzucht ist verboten. Auch im Internet habe ich keine genauen Angaben gefunden, an welchen Werten man sich orientieren sollte. Ich habe daher einfach mal nach Richtwerten bei anderen Rassen mit einer geringeren Population geschaut:

  • Pro Dalmatian e.V. hat beim IK eine Begrenzung von 2,5 % über 5 Generationen.
  • Beim Perro de Agua Espanol Club Deutschland darf der IK-Wert 5 % niemals überschreiten und möglichst nicht über 2 % liegen. Der AK sollte niemals unter 85 % liegen. Grundlage sind 5 Generationen
  • Die Perro de Agua Espanol Initiative Deutschland e.V. hat sich zum Ziel gesetzt den IK von 4 % niemals zu überschreiten und versucht unter 2 % zu bleiben. Der AK darf nicht unter 85 % liegen. Berechnet wird ebenfalls auf Grundlage von 5 Generationen.

Erkrankungen bei Hunden durch Inzucht

Die University of California hat in einer umfassenden Studie über 50.000 Genproben von Hunden untersucht. Das Ergebnis lässt sich einfach zusammenfassen: Mehr Inzucht - mehr Tierarzt.  So soll zum Beispiel das Risiko für Krebs und ähnliche Krankheiten ansteigen. Außerdem haben die Forscher den Inzuchtgrad der Hunderassen mit einer Datenbank von Tierversicherungen verglichen und kamen zu einem ähnlichen Ergebnis. Hunderassen mit einem hohem Inzuchtgrad brauchten öfter veterinärmedizinische Betreuung.

Lesetipp: diehundezeitung.com/studie-massive-gesundheitsprobleme-durch-inzucht/

Das Thema "Inzucht bei Hunden" ist zu umfassend, um es in einem Blogartikel zu beschreiben. Für mich war die Problematik außerdem auch vollkommenes Neuland. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen bei meiner Suche nach einem Gos-Welpen nach dem IK oder AK-Wert zu fragen. Aber fängt man einmal an sich mit der Problematik auseinanderzusetzen ist es ein spannendes Thema! Von daher sage ich nur: Fortsetzung folgt!

Ein herzliches Dankeschön  an Angela Schüssler, dass ich die Grafik der Catalanen.net   nutzen durfte!
Aber auch ein riesen Kompliment für die tolle Arbeit die in der Datenbank steckt.

Linktipp: catalanen.net


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