680. - 683. Tag | Zwerg-Riese im Stress

März 22, 2019

Zur Zeit läuft unser Alltag in sehr ruhigen Bahnen, nachdem Gubacca in den letzten Tagen doch auf viele Alltagssituationen zunehmend gestresst reagiert hat. Er bellt wieder sehr viel, wenn wir unterwegs sind und ist schnell gereizt. Zuviel Beschäftigung oder zuwenig? Diese "Gretchenfrage" stellt man sich schnell bei einem Hütehund. Gubacca reagiert jedoch überwiegend auf ein "zuviel" an Aktivitäten,  wobei ich mir den Auslöser diesmal nicht so richtig erklären kann. Viel Programm hatten wir in der letzten Zeit nicht und er hatte ausreichend Pausen. Im Haus kommt er wie immer schnell zur Ruhe. Ich selbst bin auch nicht gestresst, oft spiegelt Gubacca ja auch mich... Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht sind es aber auch einfach "Umbauarbeiten" im Gehirn - Jungrüden einfach....



Trotzdem - wenn ich schon den Auslöser nicht finde, dann kommt jetzt unser "Anti-Stress-Programm für Jungrüden" zum Einsatz. Um den Stresslevel beim Hund jedoch zu reduzieren, muss man sich aber erst einmal damit auseinandersetzen, was "Stress" überhaupt ist.


Was ist eigentlich Stress?

Das Wort "Stress" kommt aus dem englischen und lässt sich mit "Belastung", "Druck" und "Anspannung" übersetzen. Grundsätzlich ist "Stress" eine ganz natürliche körperliche Reaktion, um auf eine Gefahrensituation blitzschnell reagieren zu können. Der Körper schüttet "Stresshormone" aus, damit der Hund sofort alle seine Energiereserven frei setzen kann. In solchen Momenten ist der Körper zu Höchstleistungen bereit. Sobald der Hund in Alarmbereitschaft versetzt ist, wird auch das Stresshormon "Cortisol" produziert. Aber auch Adrenalin und Noradrenalin werden freigesetzt und lösen im  Körper Alarmbereitschaft aus. Der Körper stellt sich schlagartig um, Kräfte werden gebündelt, Puls und Blutdruck steigen und der Hund reagiert schmerzunempfindlicher. Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, ob Hütehunde aus diesem Grund auch stressanfälliger sind?! Einige Rassen sind ja gezielt darauf gezüchtet blitzschnell von 0 auf 130 zu reagieren. Eigentlich kann man das ja nur dann erreichen, wenn der Körper sich schnell in Alarmbereitschaft versetzen lässt?! Aber das sind jetzt Spekulationen von mir, die keinerlei wissenschaftlichen Hintergrund besitzen. 


Gibt es unterschiedliche Arten von Stress?

Ja gibt es tatsächlich, so unterscheidet man zwischen positiven und negativen Stress. Als positiven Stress bezeichnet man eine freudige Erwartungshaltung. Bei Gubacca ist das zum Beispiel, wenn er sieht das ich mir die Schuhe anziehe und zur Leine greife. Er ist aufgeregt - aber weiß, dass kein Bedrohung da ist. Seine Aufmerksamkeit ist erhöht, aber er nimmt es als etwas positives wahr. Sobald eine Situation vom Hund als Belastung oder Drohung wahrgenommen wird, spricht man vom negativen Stress. Der Hund ist überfordert. Wobei der Grad zwischen positiven Stress (eine Herausforderung) und negativem (Belastung) sehr individuell ist und von Hund zu Hund anders wahrgenommen wird.

Teufelskreis Stress

Negativer Stress macht auf Dauer krank - das ist bei Hunden nicht anders als bei uns Menschen. Der Körper befindet sich im Ausnahmezustand und der Hormonhaushalt ist gestört. Es wird zuviel Cortisol produziert und bei Angst steigt zusätzlich der Adrenalinspiegel. Schnell wird  hieraus ein chronischer Stress - das Gemeine ist nämlich: Es bedarf noch nicht mal den Auslöser für den Stress. Allein die Erinnerung oder Verknüpfung an eine negative Situation reicht für den Hund vollkommen aus, seinen Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen.


Wie kann ich einen gestressten Hund vermeiden?

Viele von euch kennen das bestimmt: Der Tag fängt einfach toll an: Schon beim ersten Spaziergang begegnet einem der Erzfeind und siehe da, Gubacca läuft locker daran vorbei. Klar bei dem schönem Wetter sind auch die Bauern aktiv und auf unserer Runde fahren mehrere Traktoren dicht an uns vorbei. Zwerg-Riese hat aber in der "Kaba-Dose übernachtet" und wartet gelassen am Wegrand. Na, und der doofe keifende Malteser, den lassen wir doch grundsätzlich links liegen. Während ich arbeite liegt Gubacca in seinem "Bürokorb" und schläft. Wenn da nicht die vielen Nachbarhunde wären, die immer kläffend an unserem Haus vorbeilaufen. Aber ich habe ja einen wohlerzogenen Hund, der weiß, dass man nicht zurück bellen darf. Während der Mittagsrunde möchte Gubacca unbedingt im Bachlauf baden - darf er aber heute nicht, weil die Felder frisch gedüngt wurden.  Kurz bevor wir wieder zu Hause angekommen sind, kommt uns Freddie entgegen. Lässig halte ich die Leine in der Hand, weil ich weiß, auf den Rüden reagiert Zwerg-Riese nur minimal und  lässt sich gut ablenken. Schneller als ich reagieren kann, springt ein wütender 24 Kilo Kampfhund nach vorne und legt sich keifend in sein Halsband. Damit habe ich jetzt überhaupt nicht gerechnet! Es lief doch heute so gut?!?!?!

Ich gebe zu das ist jetzt eine Geschichte, die ich gerade beim Schreiben frei erfunden habe. Aber sie macht den Hintergrund für den fiktiven Ausraster von Gubacca deutlich. Jetzt kommt nämlich meine 10 Löffelchen-Geschichte, die ich vor einiger Zeit im Internet gelesen habe:




Stellt euch vor ihr habt jeden Tag 10 Löffelchen für euren Hund zur Verfügung. Jede stressige Situation kostet euch einen Löffel. Gubacca begegnet den Erzfeind: erster Löffel weg. Die Traktoren: zweiter und dritter... So geht es den ganzen Tag weiter. Irgendwann ist der letzte Löffel aufgebraucht und dann schafft es der Hund nicht mehr gelassen zu reagieren. Mir hilft es oft, wenn ich tagsüber tatsächlich einfach mal die stressigen Situationen mitzähle. Merke ich dann, die Löffel werden knapp, entscheide ich mich dann zum Beispiel doch für den abgelegenen  Feldweg ohne Hundebegegnungen.

Ideal wäre es jetzt natürlich, wenn der Hund nicht jeden Tag alle seine 10 Löffel aufbraucht. Leider fängt der Körper auch nicht jeden Tag wieder bei null an, sondern es braucht einige Zeit bis die Anspannung wieder abgebaut wird. Stress baut sich deutlich schneller auf als ab und es kann locker auch mal eine Woche dauern bis das Cortisol komplett abgebaut wird!

Den Stresslevel kann man sich auch wie ein Wasserglas vorstellen. Der Hund wacht morgens auf und das Glas wäre im Idealfall nur wenige Zentimeter gefüllt. Über den Tag verteilt kommt es immer wieder mal zu stressigen Situationen und der Wasserstand erhöht sich wieder. Dazwischen hat der Hund jedoch die Möglichkeit zu entspannen und zur Ruhe zu kommen - der Wasserstand sinkt.  So behält der Körper seine Balance. Ist das Glas jedoch fast voll und der Hund hat kaum die Möglichkeit den Stress für sich abzubauen, schwappt das Wasser bei der kleinsten Kleinigkeit über - es kommt zu Erkrankungen - der Stress wird chronisch.




Wie kann ich den Stressabbau unterstützen? 

Das einfachste und effektivste Mittel ist ausreichender Schlaf. Zum Glück kommt Gubacca Zuhause problemlos zur Ruhe und schläft viel. Hierbei spielt auch die Schlafqualität eine große Rolle und  ich muss gestehen, ich verzichte momentan deshalb sogar darauf, abends im Bett noch Fernsehen zu schauen. Soweit hat Zwerg-Riese mich schon *grins* - er schläft bei mir im Schlafzimmer in seinem Korb und ich merke immer wieder, dass er erst dann richtig zur Ruhe kommt, wenn der Fernseher nicht mehr "dröhnt". Aber auch vormittags, wenn ich arbeite, kommt Gubacca in seinem Bürokorb schnell zur Ruhe und verschläft den gesamten Vormittag. Würde ich ihn aber zum Beispiel im Flur vor der Haustür liegen lassen und nicht mit unter` s Dach in mein Büro nehmen, würde er dort wahrscheinlich nur dösen. Schließlich muss er dann seiner Meinung nach, ja noch aufpassen. Von daher ist es oft auch einfach sinnvoll dafür zu sorgen, dass er an einem "ruhigen" Ort runterfahren kann. 



In den letzten Tagen habe ich oft darüber nachgedacht, ob vielleicht auch das regelmäßige Radfahren mit Gubacca ein Auslöser für seinen hohen Erregungszustand sein kann. Gerade wenn etwas sehr gut klappt und Spaß macht, übertreibt man ja auch schnell. Ich denke die Frage kann bzw. muss ich mit "jein"beantworten. Bisher haben wir Gubacca überwiegend am Rad frei laufen lassen oder an der Flexileine. So konnte er das Tempo selbst bestimmen und viel markieren und schnüffeln.  Für die Gelenke vielleicht schonender und für ihn interessanter. Der Nachteil ist jedoch, dass Gubacca beim Laufen neben dem Rad nie in den "Abschaltmodus" kommt. Die jenigen von euch die joggen, kennen vielleicht das "Glücksgefühl", das sich irgendwann einstellt, wenn man längere Zeit läuft. Der Körper beginnt "Serotin" zu produzieren - ein Glückshormon. In diesen Modus würden wir jedoch nie gelangen, wenn wir beim Laufen ständig anhalten würden, um zum Beispiel  Frau Meier zu begrüßen und noch die schöne Landschaft zu fotografieren. Außerdem reagiert Gubacca an der langen Leine auch auf Alltagsituationen und für ihn verändert sich so nur die Laufgeschwindigkeit. Daher habe ich jetzt begonnen, ihn gezielter längere Strecken an der kurzen Leine, im gleichmäßigen Tempo neben den Rad laufen zu lassen. Dabei habe ich jetzt schon festgestellt, dass er dann zum Beispiel viel weniger auf andere Hunde reagiert und sichtbar abschaltet.



Gubacca ist ein Schmusehund. Er liebt es gestreichelt und gekrault zu werden und sucht häufig unsere Nähe. Auch das kann man zum Stressabbau nutzen. Beim Kuscheln wird bei Hunden, und auch bei uns, das Hormon Oxytocin freigesetzt. Hierfür reicht sogar schon ein intensiver Augenkontakt aus und der Oxytocin-Spiegel steigt. Auch das führt zu einer Reduzierung des Cortisol. Anstatt einer abendlichen Raufrunde ist daher bei uns momentan "Bodenkuscheln" angesagt.

Ich bin sicher mit diesen kleinen Maßnahmen haben wir schon bald wieder ein "leeres Wasserglas". Am Wochenende steht bei uns nur Mantrailing auf dem Programm und die restliche Zeit genießen wir das hoffentlich schöne Wetter im Garten. Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!

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