295. + 296. Tag | Zwei Schritte, vor einen zurück und Wechselschritt...

März 01, 2018

Dienstag nachmittag auf einem Hundeplatz in einem kleinen Dorf im Ruhrgebiet. "20 Schritte vor, dann  eine Kehrtwendung, 10 Schritte dann eine Wendung links und Grundstellung...", ruft unsere Hundetrainerin Birgit, Susi und mir zu. Während Susi sich schon mit Lennox in Bewegung setzt, stehe ich hilflos auf dem Platz. Wie ging noch einmal eine Kehrtwendung, frage ich mich bestimmt schon zum x-Mal und lasse Gubacca neben mir die Grundeinstellung einnehmen. Aus den Augenwinkeln schiele ich zu Susi. Natürlich  konnte ich mir die Reihenfolge wieder nicht merken und hatte vergessen wie ich laufen soll. "Erstmal nachmachen...", denke ich mir. Mit einem beherzten "Fuß" in Gubacca´ s Richtung marschiere ich los, eifrig bemüht, den Anschluss neben Susi nicht zu verlieren. "Linker Fuß zu erst Bine, wie oft habe ich dir das schon gesagt!",schallt es prompt quer über den Hundeplatz. An was erinnert mich das ganze bloß?



Jeder Mensch hat ja so sein persönliches Trauma, das ihn sein ganzes Leben verfolgt. Für mich war das ein Aerobic-Kurs in "jungen" Jahren, zu dem mich eine Freundin überredete. Ich meldete mich schon mit einem sehr unguten Gefühl an, weil ich einfach keine Grazie und Rhytmusgefühl besitze. Außerdem kann ich mir keine Schrittfolgen melden - schlechte Voraussetzungen für einen Aerobic-Kurs wo genau diese Dinge eigentlich erforderlich sind. Passende Klamotten hatte ich auch nicht für das Studio... die Sache entwickelte sich schon im Vorfeld für mich zum Albtraum. Gut, das meiner Meinung nach passende Outift, war dann kein Problem und mit einem super schicken und sehr professionel aussehenden Fitness-Dress - stand ich eine Woche später mit Freundin Christiane im Studio. Leider vollkommen "overdressed" - ich stach sofort aus der Gruppe leger gekleiderter Kursteilnehmerinnen hervor. Ein unauffälliges in der Menge verschwinden war dann leider dank meiner Größe und meiner auffälligen Sportbekleidung nicht möglich und das Unheil nahm seinen Lauf... Ich brachte meinen Fitnesstrainer zur Verzweiflung. Hüpfte die Gruppe links - stand ich garantiert im Weg. Die kleinsten Schrittfolge konnte ich mir nicht merken und behinderte dadurch ständig den Ablauf. Das kratzte sehr an meinem Ego. Außerdem hasse ich nichts mehr als im Mittelpunkt zu stehen, weil ich dann sofort einen hochroten Kopf bekomme. Wie ihr euch vorstellen könnt, graute mir sehr vor der nächsten Stunde. Meine Arbeitskollegin hatte dann Mitleid mit mir und übte in der Mittagspause im Büro mit mir die Grundschritte, sehr zur Belustigung der anderen Kolleginnen und Kollegen. In der nächste Woche konnte ich dann zumindestens Ansatzweise die "Befehle" des Fitnesstrainers umsetzen und war die einzige Kursteilnehmerin die sofort enthusiastisch gelobt wurde, wenn sie tatsächlich im richtigen Moment sich zur richtigens Seite drehte. Ich weiß nicht, wer mehr Schweissperlen vor Verzweiflung auf der Stirn hatte -  der Trainer oder ich. Aber irgendwie bekam ich den Kurs dann zu Ende und schwor mir: Nie, nie wieder!!!




Einige Jahre später wurde ich erneut mit meinem persönlichen Waterloo konfrontiert und das einem Ort wo ich das nie befürchtet hätte: Auf dem Hundeplatz.  Und alles fing mit einer harmlosen Anmeldung zu einem Agilitykurs mit meinem Hund Chiru an. Meine Vorstellung von dieser Sportart waren sehr naiv, wie ich zugeben muss. "Ein wenig über Hürden springen .. durch Tunnel laufen... Stege überqueren und die Sali locker neben her laufend." Das kriege ich hin, dachte ich. Seit meinem Aerobickurs, achte ich sehr darauf bei neuen Angeboten möglichst unscheinbar gekleidet zu sein, um problemlos in der Masse unterzugehen und wir starteten mit viel Spaß unsere sportliche Karriere. Chiru lernte schnell was Kontaktzonen sind, sprang elegant über die Hürden und ließ sich problemlos durch den Parcour führen. Die "liebe Sali" war dann nicht so talentiert bei dem ganzen... sage ich nur. Und plötzlich stand ich wieder da mit einer Kollegin und übte Schrittfolgen: Belgische Drehung... blinde Drehung... und konnte es mir einfach nicht merken. Die Parcoure wurden länger... und mein Gehirn musste Höchstleistungen  bringen, um sich die Wege zu merken. Irgendwann musste ich dann einsehen, dass ich zwar ein geeigneten Hund für diesen Sport habe, aber selber null Talent dafür mitbringe. Seitdem achte ich auch bei sportlichen Angeboten mit Hund sehr auf die Anforderungen für den Menschen und wechselte mit Chiru zum Turnierhundesport.




Und trotzdem ist die Falle auch mit Gubacca. wieder zugeschnappt und ich übe heimlich still und leise mit Gubacca auf dem leerstehenden Parkplatz an unserer Feuerwehr  die Kehrtwendung, einfache Wendung, bei Fuß  und linke Wendung. Vielleicht sollte man in den Anforderungskatalog für die perfekte Hundehalterin noch aufnehmen, dass man sich nicht nur Schrittfolgen merken können muss, sondern auch sicher in der Unterscheidung "rechts" und "links" sein sollte. Aber auch diesmal habe ich wieder für mich einen perfekten Coach - wie damals meine Arbeitskollegin - gefunden. Gubacca hat mich perfekt trainiert! Bei jedem Spaziergang bemerke ich, dass wir fast schon eine Choreografie einstudiert haben: 10 Schritte mit Schwung nach vorne, stehenbleiben, bis 5 Zählen, drei Schritte vor, 5 Schritte zurück... Und das funktioniert schon ganz intuitiv bei mir - ohne das ich darüber nachdenken muss! Mit der Leinenführigkeit klappt es zwar immer noch nicht -aber ich habe den perfekten  "Blues" im Schritt mit Zwerg-Riese. Vielleicht klappt es ja jetzt doch noch nächste Woche mit der Kehrtwendung links auf dem Hundeplatz - Gubacca hat es auf jeden Fall schon mal kapiert....


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