2.191.Tag | Verlassene Orte - Führung durch die Zeche Westerholt

Mai 06, 2023

Was  fasziniert mich am meisten am Ruhrgebiet? Über diese Frage muss ich nicht lange nachdenken: Die vielen alten Industriedenkmäler und Zechengelände die wir hier haben. Und das geht nicht nur mir so - sogar  "Hollywood" hat das Ruhrgebiet für sich entdeckt und es wurden zum Beispiel einige Szenen von dem neuen Kinofilm "Die Tribute von Panem 5" im Landschaftspark Duisburg gedreht. Ganz so glamourös geht es bei uns in der direkten Nachbarschaft zwar nicht zu - aber die alten Zechengelände  bieten immer tolle Motive um Gubacca zu fotografieren. Die Zeche Westerholt  empfand ich allerdings lange Zeit  eher als die kleine unscheinbare Schwester von den vier Schachtanlagen, die es in Herten gibt. Das änderte sich im letzten Jahr  jedoch schlagartig nach meinem Besuch der RUBUG (Festival für urbane Kunst), die  Ende Mai auf der Zeche Westerholt stattfand.



"Wie gerne würde ich hier einmal Gubacca fotografieren", war damals mein erster Gedanke. Mehr "lost place" geht nicht!  Aber leider ist das gesamte Gelände abgesperrt und man kann sich die Zeche nur von außen  hinter dem Bauzaun anschauen. Von daher habe ich mich riesig gefreut, dass für Amateur- und Profifotografen heute eine Führung angeboten wurde und ich nach vorheriger Absprache Gubacca mitnehmen durfte.
 


Treffpunkt war um 11 Uhr die "Pförtnerbude" an der Egonstraße und alle Teilnehmer wurden mit einem "schicken" Helm und Warnweste ausgerüstet - Sicherheit geht vor.  Und dann starteten wir auch direkt mit unserer kleinen Tour über das Außengelände. 



Eine "Fotokulisse" schöner wie die andere. Der perfekte "Industrie-Style" um Gubacca in Szene zu setzen - und was passiert?! Das "Lieblingsmodel" war nicht in Form - dem Spanier war zu warm. Das Wetter meinte es gut mit uns und das Thermometer kletterte schnell auf 24 Grad. Tapfer setzte sich Gubacca in Position - daran erkennt man den "Profi". Aber leider sprach der Blick Bände und der gequälte Gesichtsausdruck setzte später sogar Photoshop ungewohnte Grenzen.
 


 
Aber auch ohne den begeisterten Einsatz vom Lieblingsmodel, gab auf dem Gelände viele tolle Motive zu entdecken. Einige der RUBUG-Kunstwerke kann man sich noch anschauen und sie sind ein toller Kontrast zu den alten und verlassenen Zechengebäuden. Eines meiner Lieblingswerke ist direkt links am Eingangsbereich von dem Künstler "Old Reams" zu sehen. Das Bild passt einfach perfekt zu der alten Zeche, die wieder aus ihrem "Dornröschen-Schlaf" geweckt wird. 


Wäre ich alleine auf dem Gelände unterwegs gewesen - ich hätte wahrscheinlich wieder überhaupt kein Ende gefunden. Hinter jeder Ecke gab es etwas zu entdecken und es war wie eine kleine Reise in die Vergangenheit. 





Dieser Eindruck verstärkte sich beim Betreten des alten Gebäudes mit der Lohnhalle und den Kauen noch. Wer für "lost places" (vergessene Orte) schwärmt, wird die Zeche Westerholt lieben. Man spürt noch richtig den Geist des alten Bergwerks, obwohl die Anlagen schon seit Dezember 2008 geschlossen ist.



Die Schließfächer für die persönlichen Wertgegenstände der Bergmänner, die Lohnhalle und die hochgezogenen Wäschekörbe in der Schwarzkaue... alles ist noch so gut erhalten, dass man sich gar nicht vorstellen kann, dass hier schon viele Jahre keine Kohle mehr gefördert wird.



Aber trotz meiner Begeisterung für diesen "verlassenen Ort" fand ich es doch sehr schwierig Gubacca dort zu fotografieren. Es gibt ja Hunderassen die wie gemacht sind für solche Kulissen. Ein "Cane Corso" zum Beispiel stelle ich mir an so einem Ort toll vor. Mit seinen 50 Kilo und einer Höhe von 68 cm ist er eine imposante Erscheinung und passt einfach perfekt.  Aber wie setzt man einen hübschen Plüschteddy hier ins rechte Licht? Ich habe die Lösung für mich noch nicht gefunden. Aber Gubacca versuchte trotzdem sein bestes zu geben und platzierte sich tapfer auf der rutschigen Bank.
 

 
Und rutschte natürlich auch prompt runter - der Gesichtsausdruck war herrlich und ich musste doch lachen. Denn Gubacca wäre nicht Gubacca, wenn er nicht sogar in dieser unglücklichen Position noch versucht hätte, eine "gute Figur" vor der Kamera abzugeben. 



Ebenfalls von der RUBUG stammt noch die Kunstinstallation von Chiara Dahlem (Luxenburg)  in der Schwarzkaue. 1200 Origami Kraniche hängen an  Kleiderbügeln unter der hohen Decke oder sitzen in den Wäschekörben, die optisch einen Vogelkäfig ähneln. Das ganze wurde farbig angeleuchtet und verwandelte die Schwarzkaue in eine mystische Welt.






Schade, dass es kaum Informationen zu den Kunstwerken der RUBUG gibt. Mich hätte interessiert, welche Symbolik hinter der Idee von Chiara Dahlem steckt. Aber über die Geschichte der Zeche Westerholt kann man im Internet einiges nachlesen: Für die kaiserliche Marine und die Eisenbahn benötigte der preußische Staat riesige Mengen an Kohle und so erwarb er einen großen Teil der Kohlvorräte des Ruhrgebietes. Die ersten Bergwerke entstanden 1903 in  Waltrop, Ahlen, Gelsenkirchen, Dorsten und Marl. 1907 wurde dann die Doppelschachtanlage Westerholt erbaut.  Der preußische Staat baute die  gründerzeitliche Gebäude aus rotem Backstein mit weiß abgesetzten Gesimsen, Laibungen und geschweiften Giebeln aus repräsentativen Zwecken  prunkvoll . Bis heute spiegeln sie und die neueren Gebäude ein ganzes Jahrhundert der Bergbauarchitektur wieder.



Auch in der ehemaligen Lohnhalle kann man  bei den Bodenfliesen sehen, dass  hier Wert auf die Optik gelegt wurde und sie passen toll zu den Backsteingebäuden.




Deutlich schlichter - um nicht zu sagen häßlich - waren  die Duschen gestaltet und ich war erstaunt, wie klein dieser Bereich im Vergleich zu der riesigen Schwarzkaue war. Gestempelt wurde bei den Bergleuten übrigens vor dem Duschen und zählte nicht zu der Arbeitszeit.



Bei den Duschen musste ich auch sofort an den Begriff "buckeln" denken. Für mich heißt "buckeln", sich unterwürfig zu zeigen.  Bei den Bergleuten hat das Wort eine ganze andere Bedeutung und das gegenseitige Rückenwaschen ist damit gemeint. Für mich eine befremdliche Vorstellung, jemanden den ich nicht kenne, darum zu bitten. Unter Bergleuten etwas ganz normales, was auch die Beziehung zu einander widerspiegelt - man war mehr als Arbeitskollegen. Man bezeichnet sich auch nicht als "Bergmann", sondern als "Kumpel", was von dem Wort "Kumpan" abstammt und bedeutet "mit jemanden sein Brot zu teilen".



Den Gruß "Glück auf!" kennen  bestimmt viele von euch aus dem Bergbau. Damit wurde der Wunsch ausgedrückt, nach der gefährlichen Arbeit unter Tage wieder glücklich und gesund nach oben zu kommen. Das mit "Frosch" jedoch eine Öllampe gemeint ist  - da wäre man wohl nicht so leicht drauf gekommen. Die Bergleute hatten ihre eigene Sprache und so muss auch niemand bei dem "Toter Mann" einen Schreck bekommen - es handelt sich nur um einen stillgelegten Stollen.






Ähnlich wie bei der typischen Bergmanns-Schicht ging es von der "Kaue" in die Lichthalle. Dort wurde sich früher ein- und ausgestempelt und die Gruppenlampen wurden u.a. aufbewahrt.







Vom Bergbau wieder zu typischen Bine-Gedanken - ausnahmsweise mal vollkommen losgelöst von Hundethemen: Die alten Möbel würden perfekt in mein Wohnzimmer passen! Boho-Style war gestern - Bine schwärmt für den Industrielook und richtete gedanklich schon das Wohnzimmer neu ein! 



Gubacca schien meine Vorliebe für die alten Sachen nicht zu teilen und schaute etwas "leidend" in die Kamera. Mittlerweile waren wir aber auch schon über zwei Stunden unterwegs und er musste entweder ruhig neben mir sitzen und warten oder sich fotografieren lassen. Da darf man auch etwas gequält aussehen und ich war richtig stolz auf ihn, dass er dass alles so toll mitgemacht hat. 
 






Und damit endete auch unsere Führung durch die Zeche Westerholt und die Reise in die Vergangenheit. Schön war es und ich kann jedem nur empfehlen an einer Führung teilzunehmen. Zum Schluss noch eine kleine persönliche Reise in die Vergangenheit von mir: In 2007 war ich ich hier in Westerholt "Unter Tage" und es war ein tolles Erlebnis!







  • Share:

You Might Also Like

0 Kommentare