938. Tag | Der Gos d’Atura Català - Rasseportrait #2 Herkunft

Dezember 20, 2019

Am Montag hatte ich mit Gubacca  so ein  "Zwerg-Riese-Erlebnis" bei dem mir sofort "das ist doch wieder typisch Gos" durch den Kopf schoß.  Seit ein paar Tagen haben wir eine Hunderampe für mein Auto und Gubacca liebt es seinen "Catwalk" elegant hoch und runter zu laufen. Normalerweise! Normalerweise ist er auch angeleint, wenn ich ihn aussteigen lasse... Montag dachte ich mir aber, ist doch überflüssig! Ein großer Fehler wie ich schnell merkte. Denn kaum hatte ich die Box geöffnet, um Gubacca aussteigen zu lassen, schoß er auch schon wie eine Rakete  die Rampe herunter,  rannte quer über den Garagenhof  und jagte auf der Straße  einer Katze hinterher. Ich war echt fassungslos. Er kann die Katze nur einen Bruchteil von Sekunden gesehen haben und war gefühlte Zehntelsekunden danach schon mit 180 hinterher. Typisch für den Gos oder einfach Gubacca?



Wenn ich so richtig, richtig sauer auf Gubacca bin, hilft es fast immer mir bewusst zu machen, wofür  der Katalanische Schäferhunde eigentlich  gezüchet wurde. Erinnert ihr euch an den Gastbeitrag: Mit dem Porsche nach Südfrankreich? Maren Grote beschreibt darin wie oft wir Eigenschaften unserer Hunde wegtrainieren möchten, obwohl diese genetisch fixiert sind und über viele Jahre hin auch mühsam angezüchtet wurden. Vielleicht erwarte ich manchmal einfach Dinge von Gubacca, die seinem naturell widersprechen? Zeit sich einmal ein bisschen intensiver mit der Herkunft des Catalanen  zu beschäftigen, dachte ich mir.

Der Gos d` Atura Català stammt aus den katalanischen Pyrenäen. Später hat sich die Rasse dann  auch in den anderen katalanischen Hirtengebieten ausgebreitet.  Gos ist die katalanische  Bezeichnung für Hund und der Zusatz "d` Atura" bedeutet, dass die Rasse zum Treiben an der Herde eingesetzt wird. Daher liest man auch öfters "Katalanischer Schäferhund" als Rassebezeichnung.  Im Grunde ist das nur der spanische Name ins Deutsche übersetzt.



Auch wenn die Rasse hier bei uns in Deutschland noch nicht sehr lange gezüchtet wird, ist der Gos in Spanien keine "neue" Hunderasse. Der erste Gos, der in dem 1915 erschienen spanischen Stammbuch eingetragen wurde, war der Rüde Piar. 1911 gründete sich die „Real Sociedad Central de Formento de las Razas Caninas en Expana“, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die einheimischen Hunderassen zu erhalten und zu fördern. Hierzu zählte auch der „Gos de Tura“, wie die Rasse damals genannt wurde, die schon fast ausgestorben war. Die Bemühungen waren erfolgreich: 1929 wurden  in Barcelona bereits sieben Gos d`Atura Català in der Jugendklasse ausgestellt. Hierzu gehörte auch der  Rüde "Tac" und die Hündin "Iris", die beide die Anwartschaften auf den Championtitel gewannen. Nach ihnen wurde von dem Tierarzt Dr. Augustin Franco der erste Rassestandard für den Katalanischen Schäferhund erarbeitet, der dann sogar als erster Standard einer spanischen Hunderasse von der F.C.I. anerkannt wurde. Anders als im heutigen Standard gab es darin noch eine kurzhaarige Version vom Gos, die bei den Schäfern sehr beliebt war. Gubacca hat daher nicht einfach ein zu kurzes Fell für einen Catalanen - nein - er ist etwas ganz besonderes und gehört zu der "creme dela creme" der Rasse :-). Das Gesicht bei meinen Gesprächspartnern ist immer wieder herrlich, wenn ich dieses Wissen von mir gebe :-). Natürlich hatte der kurzhaarige Gos ein ganz anderes Fell wie Gubacca, aber wer weiß das schon.

Durch den Spanischen Bürgerkrieg und dem 2. Weltkrieg wurde es dann aber wieder ruhig um die Rasse. Mit der Reinzucht der Rasse ging es dann erst 1978 voran, als in Katalonien ein Club zur Förderung des Gos d`Atura Català gegründet wurde. Als Reinzucht bezeichnet man die Verpaarung von zwei Hunden der selben Rasse. Mit den Jahren entwickelte sich der Katalane zu einer populären Hunderasse, der auf den Ausstellungen nicht mehr wegzudenken war. Trotzdem ist diese Rasse bis heute auch der rustikale Arbeitshund in Spanien geblieben. Ende der 80er Jahre wurde dann auch in Deutschland die erste Zuchtstätte unter dem Namen „de Marotte“ von Frau Lassen gegründet.


In dem Hundemagazin Wuff erschien vor einiger Zeit ein Rasseportrait über den Catalanen von der Goszüchterin Elke Fiebert. Sie vermutet, dass die  Vorfahren vom Gos  spanische Molosser-Hunde gewesen sind. Für alle die die Rasse nicht kennen: Molosser sind sehr große und muskulöse  Hunde mit einem kurzen Fell.  Es fällt mir schon ein bisschen schwer mir vorzustellen, dass der mittelgroße und eher sehr schlanke Gos mit seinem zotteligen Fell von so einem "Herkules" abstammt. Aber es würde den Größenwahnsinn erklären, den doch einige Gosrüden haben.

Für den Bergbauern in seiner Heimat war es wichtig, einen robusten, ausdauernden und genügsamen Arbeitshund an seiner Seite zu haben. Aussehen oder besondere optische Merkmale waren für ihn unwichtig und so entstanden auch ganz unterschiedliche Gebrauchshundetypen. Gerade die Charaktereigenschaften Selbstständigkeit und Zuverlässigkeit  sind bis heute dort ein wichtiges Zuchtkriterium, da die Hunde auch alleine auf die Herde aufpassen und in der Lage sein müssen, eigene Entscheidungen zu treffen. Nicht selten bewacht ein Gos riesige Schafherde, die auch mal locker 700 Tiere übersteigen können. Das erfordert einen Hund mit hoher Aktivität und Temperament. In You Tube gibt es  einige Videos die den Gos bei der Arbeit zeigen. Mit großer Leichtigkeit lenkt der Gos seine Herde, zeigt hierbei aber auch seinen großen Mut und seine Tapferkeit. Daher soll sich die Rasse auch für Wachaufgaben eignen. Hat man einmal dieses Bild vor Augen, wie ein Gos für 700 Tiere verantwortlich ist und auf jede Gefahr blitzschnell reagieren muss - dann ist mein Erlebnis von Montag mit Gubacca tatsächlich typisch für den Gos. Diese Hunde müssen in der Lage sein blitzschnell fremde Außenreize wahrzunehmen und von 0 auf 300 darauf zu reagieren. Auch wenn es bei uns  nur eine harmlose Katze war...



In den Rassebeschreibungen liest man immer wieder, dass der Gos ein sehr robuster Hund ist, dem Kälte und Wärme nichts anhaben können. Ich glaube diesen Teil sollte ich einmal Gubacca vorlesen. Ähnlich wie Chiru, dem man als Tibet Terrier ähnliches nachsagte, empfindet Zwerg-Riese alle Temperaturen über 15 Grad als persönliche Zumutung. Eine kleine Radtour bei Frühlingswetter? Undenkbar! Ich stelle mir Gubacca dann immer bildlich vor, wie er sich weigert bei wärmeren Temperaturen auf die Herde aufzupassen und lieber ein kühles Bad in einem Bergsee nimmt.



Seinen Schäfer gegenüber entwickelte der Gos eine große Anhänglichkeit und Treue. Das machte ihn dann auch als Begleithund immer beliebter. In Spanien ist er häufig noch der reine Arbeitshund - bei uns in Deutschland seit etwas mehr als 30 Jahre ein geschätzter Familienhund. Hält man sich einmal vor Augen, dass der Gos eine Lebenserwartung von 13-15 Jahren hat, wird einem auch bewusst, dass nur wenige Generationen zwischen den Arbeitshund und dem heutigen Familienmitglied liegen. Der ursprüngliche Gos soll sich kaum von unseren heutigen Hunden unterscheiden und eines der größten Zuchtziele ist, dass das auch so bleibt. Ich glaube genau das fasziniert auch so viele Menschen an dem Gos - seine Ursprünglichkeit. Sehr viele seiner Charaktereigenschaften sind noch dem Arbeitshund geschuldet und machen ihn auch so besonders im Umgang.

Ihr lieben Fortsetzung folgt und dann geht es mit den typischen Charaktereigenschaften vom Gos weiter. Sonntag geht es aber erst einmal in den Urlaub und wir freuen uns auf zwei Wochen an der Nordsee.

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