Erfahrungsbericht: Im Zeckenparadies

Mai 05, 2020

Ein Thema, das mich momentan fast genauso beschäftigt wie der Corona-Virus ist das leidige Zeckenthema. Kaum wurde es etwas wärmer sammelt Gubacca auch  schon wieder wie ein Magnet die Zecken ein. Mein persönliches Ekel-Hightlight der letzten Woche:  Gubacca schüttelte sich  auf meinem Lieblingsteppich  und schaute plötzlich verdutzt auf den Boden. Da lag sie, eine dicke graue Kugel, eine widerliche, dicke Zecke... Ich brauche glaube nicht weiter ins Detail zu gehen und ich sehe gerade richtig vor mir, wie sich das Ekelgefühl auch bei euch ausbreitet. Bei mir war aber auch sofort das schlechte Gewissen da. Wie konnte ich die vollgesaugte Zecke beim Kontrollieren nur übersehen?! In solchen Momenten würde ich ihm am liebsten sofort eine Pipette in den Nacken träufeln. Aber was ist gefährlicher: Der Spot on oder die Zecke? Was machen andere Hundebesitzer gegen die drohende Zeckeninvasion?Zum Bespiel meine Freundin Regine mit ihrer Hündin Amie?

Im Zeckenparadies

Ein Erfahrungsberich von Regine

Da Bine aktuell beruflich extrem beschäftigt ist, die reale Welt in die digitale Welt umzusetzen, habe ich ihr letzte Woche angeboten, einen Gastbeitrag mit meinen ganz persönlichen Gedanken zu Zecken zu schreiben. Heute Morgen wurde ich vom Thema selbst ermahnt, es doch auch endlich zu tun: Es verlief wie immer: Mein Mann streichelte Amie und rief dann „Schaaatz! Komm mal bitte! Und bring den Zeckenhaken mit!“ in einem Tonfall, der verhieß, dass ich alles stehen und liegen lassen muss und sofort zu den beiden eilen muss. Ja, er hatte wieder eine Zecke an Amie gefunden. (Wir teilen uns die Aufgaben nämlich: Er findet meist die festgesaugten Zecken und ich habe einen Blick für die frei auf ihr rumlaufenden Zecken entwickelt.) Mein Mann weiß inzwischen auch, dass sich da ganz hinten in ihrer Leistenbeuge tatsächlich noch eine Zitze befindet.




Die Zecke war rasch entfernt und wurde auch noch schnell fotografiert (was ich sonst natürlich nicht mache), bevor sie dann einer Feuerbestattung zugeführt wurde. Eine halbe Stunde später wiederholte sich das gesamte Prozedere. Diesmal war die Zecke deutlich kleiner, also hing sie noch nicht so lang am Hund. Es ist allerdings selten, dass wir an einem Tag zwei angedockte Zecken finden. Ich frage mich schon seit langem, wieviele Zecken eigentlich als viele Zecken anzusehen sind. Was sind die Faktoren, weshalb mancher Hund andauernd damit zu tun hat und mancher Hund kaum? (Ist es wie bei den Menschen und den Mücken, ist der eine leckerer als der andere? Seit ich mit meinen Mann zusammen bin, brauche ich nachts keinen Mückenschutz mehr.)

Zecken orientieren sich am Geruch ihres Wirtes, an der Temperatur und an der Bewegung bzw. den dadurch verursachten Vibrationen. Den Geruch können wir als einziges beeinflussen. Kürzlich schrieb eine Bekannte, die ich sonst sehr schätze, dass sie ihre Hunde barft, ihre Hunde daher einen geringeren Eigengeruch haben und deshalb seit Jahren keine einzige Zecke mehr an ihren Hunden hatte. Sorry, das hat mich schon sauer gemacht, wenn es doch nur so einfach wäre! Amie wird seit ihrer 10. Lebenswoche gebarft und hat trotzdem Zecken. Auch habe ich festgestellt, dass es ab ihrer ersten Läufigkeit deutlich häufiger zu Zeckenattacken kam. Ich füttere sie zusätzlich mit zeckenabwehrenden Dingen wie Schwarzkümmelöl, Kokosöl, Knoblauchöl und Bierhefe, verzichte jedoch auf jegliche Chemie wie Spot-Ons o. ä.



Letztes Jahr schwärmte mir eine Airdale Terrier Besitzerin von einer Bernsteinkette vor, dass ihr Hund schon seit 4 Wochen keine einzige Zecke mehr gehabt hätte. Fand ich beeindruckend. Zuhause guckte ich in meine Statistik und stellte fest, dass es bei Amie auch schon Wochen her gewesen ist, das Wetter war heiß und trocken gewesen. Für Amie mit ihrem langen Fell am Hals wäre so ein Bernstein-Halsband aber sowie nichts, da wäre nur eine Filzkrause garantiert. Ich führe eine Zeckenstatistik, um für mich ein Gefühl zu bekommen, wie wirksam meine Hausmittel wohl sind. Die Statistik für 2019 sah wie folgt aus:

Die Zecken-Saison startete am 03.Januar 2019 und endete am 20. Dezember 2019
(Da hat der Klimawandel bestimmt seinen Einfluss genommen). Insgesamt ließen sich 167 Zecken der Art „Gemeiner Holzbock“ auf Amie fallen. Von diesen 167 Zecken konnte ich aber 125 Zecken dank ihres hellen Fells absammeln, bevor sie einen Platz zum Stechen gefunden hatten. 34 Zecken habe ich mit einem Zeckenhaken entfernen können und 8 Zecken haben sich so gut versteckt, dass sie leider erst nach dem Abfallen bemerkt wurden. Also wurde Amie in 2019 in 12 Monaten von 42 Zecken gestochen, macht einen Schnitt von 3,5 Zeckenstichen im Monat. Mit dieser Zahl kann ich leben und werde ihr weiterhin keine chemischen Mittel geben.


Hätte ich aber einen Hund mit dunklem Fell, würde ich in einem Zecken-Risiko-Gebiet wohnen oder würde ich vor Sorge umkommen, sähe das schon ganz anders aus. Dann würde ich versuchen, ein Mittel zu finden, welches repellierend, also abschreckend auf die Zecken wirkt, damit sie gar nicht erst stechen. Diese Tabletten, mit denen man das Blut seines Hundes vergiftet, damit die Zecken NACH dem Blutsaugen sterben, entbehren meiner Meinung nach jeder Logik. Gewiß denken die Zecken beim Sterben daran, sich nicht in den Hund zu entleeren. Ja, nee is´ klar.

Die Übertragung von Krankheiten ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen und soll auch nicht verharmlost werden, gleichzeitig sind nicht alle Zecken Überträger bzw. gleich stark befallen. Die Keimdichte in Borrelien-positiven Zecken beträgt z. B. meist 1.000 bis 100.000 Borrelien pro Zecke, manche haben aber 10.000.000 Keime in sich*. Viele Hunde sind infiziert, aber nicht erkrankt. Das bedeutet, ihr Immunsystem hat Antikörper gebildet und diese machen sie resistent.



Interessant finde ich, dass die Zecken in ihrem Nymphen-Stadium quasi an Mäusen das Stechen üben und sich dort auch leider die gefährlichen Krankheiten aufhalsen. Mäuse sind gern im Wald und ernähren sich auch gern von Bucheckern. Nach Mastjahren von Buchen steigt die Zahl der Mäuse und somit auch die Zahl der Zecken. Ihr Paradies finden Zecken sind sehr oft in Wäldern mit Baumalleen und Gräsern am Wegesrand, da sie die pralle Sonne nicht so sehr schätzen. Sie benötigen eine gewisse Feuchtigkeit und lieben Regenschauer, nach denen sie besonders aktiv werden. In unserem Lieblingswald habe ich als Rekord einmal 14 krabbelnde Zecken nach einem Spaziergang von ihr abgesammelt! Auf den Wiesen am Rhein hat sie sich noch nie eine Zecke eingefangen, auch wenn das Gras mal richtig hoch war. Dabei fällt mir ein: da geht o. g. Bekannte fast ausschließlich mit ihren Hunden spazieren...

Übrigens dachte ich bisher, dass es ein Verdienst meiner Hausmittelchen sei, dass die Zecken so lange auf dem Fell herumkrabbelten und ich soviele Zecken absammeln konnte. So als ob die Zecke sich dächte: „Igitt, wo bin ich denn hier gelandet, wie komme ich bloß wieder zu meinem Grashalm zurück.“ Aber Pustekuchen, kürzlich habe ich gelesen, dass es 20 Minuten bis zu Stunden dauert, bis die Viecher den richtigen Platz zum Stechen gefunden haben. (Unter der Rute in der Nähe des … stechen sie übrigens auch sehr gern!). Das Einreiben mit Kokosöl habe ich auch mal versucht, aber ein Tick zuviel im Fell und schon wird der Hund zum Schmutzmagnet und der Schmutz praktischerweise gleich imprägniert. Somit bekommt Amie einen TL Bio-Kokosöl (unraffiniert und kaltgepresst) täglich ins Futter, die dahin enthaltene Laurinsäure soll ja auch gegen Würmer gut sein, aber das ist ja wieder ein ganz anderes Thema. 



Mein Fazit: es gibt zur Zeckenbekämpfung zig Meinungen und Mittel. Sofern sich nichts Grundlegendes ändert, werde ich verfahren, wie bisher. Ich finde, das Wichtigste ist, dass sich jedes Frauchen und jedes Herrchen wohl damit fühlt. Ängste können sich auf den Hund übertragen und sein Immunsystem schwächen und das benötigt er ja besonders dringend.
Ich bin schon sehr gespannt auf Eure Erfahrungen und Meinungen.

Liebe Grüße
Regine

Nachtrag:  Soeben wurde der diesjährige Rekord mit 9 freilaufenden Zecken bei einem Spaziergang gebrochen. Kein Wunder: Nachts hat es geregnet und noch ist es nicht wieder so warm. Da ich die Zecken immer verbrenne und dies verständlicherweise nicht vor Ort im Wald tun möchte, habe ich immer ein Plastikdöschen dabei. Eine weibliche Zwecke (die größeren mit dem braunen Körper) und zwei männliche Zecken (kleiner und dunkel) fanden darin Platz. Die anderen 6 fand ich erst zuhause und sie konnten sofort erledigt werden.




Mein persönlicher Buchtipp:
Annette Dragun „Tierisches Risiko – Parasiten und Prophylaxe beim Hund“
BoD – Books on Demand, Norderstedt

* Quelle: Broschüre „Zeckenschnelltest Borrelien, FSME und Ko-Infektionen“ Medizinisches Labor Bremen

**********************************************

Liebe Regine,

danke für deinen tollen Erfahrungsbericht! Wobei ich zugeben muss - ich habe das ein oder andere Bild nur mit einem Ekelgefühl hochgeladen *grins*. Deine Einstellung zu dem Thema hat mich auch ein bisschen beruhigt und wir werden auf die Chemiekeulen verzichten.

Buss Bine & Gubacca

  • Share:

You Might Also Like

11 Kommentare