Kennt ihr das, wenn ein Wort plötzlich eine eigene Magie entfaltet? Bei uns ist dieses Wort „soch“. Es steht in keinem Wörterbuch und würde in einer Scrabble-Runde auch keine Punkte bringen, aber für Gubacca ist es pure Lebensfreude – und für mich mittlerweile der unsichtbare Schlüssel zu unserem Alltag.
Morgens beginnt alles mit „soch“. Ich sitze am Frühstückstisch, den letzten Schluck Kaffee in der Hand, und beobachte Gubacca. Er liegt wie immer auf seiner Decke, scheinbar tiefenentspannt – nur sein zuckendes Ohr verrät, dass er auf jedes meiner Geräusche lauscht. Sobald ich „soch“ sage, passiert es: Er hebt den Kopf, seine Augen leuchten, und innerhalb von Sekunden steht er vor mir. Ich könnte schwören, er grinst. Für ihn bedeutet dieses Wort: „Bine, holt jetzt mein Frühstück. Und nein, nicht einfach in den Napf, sondern schön versteckt im Schnüffelteppich, so wie ich es mag.“ Es ist fast schon ein Ritual. Während ich die Schublade öffne und das Futter hervorhole, rennt er schon zu seinem Schnüffelteppich, als wäre es das Highlight seines Tages. Und irgendwie ist es das auch. Dieses kleine Morgenritual ist mehr als nur Futter – es ist unser gemeinsamer Start in den Tag.
Aber nicht nur morgens sorgt dieses Wort für leuchtende Hundeaugen. Wenn ich mittags meinen Arbeitscomputer herunterfahre und dabei wieder ein „soch“ fallen lasse, passiert das Gleiche: Gubacca springt wie von Zauberhand aus seiner Schlafecke, wedelt begeistert und ist schon startklar für unsere große Mittagsrunde. Vier kleine Buchstaben – und Gubaccas Welt ist perfekt.
Wie schafft es ein einziges Wort, so viel Magie zu entfalten? Dass Gubacca so sensibel auf Worte reagiert, ist kein Zufall. Eine Studie der Universität Genf hat gezeigt, dass Hunde nicht nur die Bedeutung von Worten verstehen können, sondern auch die Emotionen in unserer Stimme wahrnehmen. Besonders spannend fand ich: Hunde reagieren je nach Tonlage ganz unterschiedlich – ob positiv, beruhigend oder neutral. Das unsere Hunde Wörter verstehen können - das war jetzt für mich keine neue Erkenntnis. Aber die feine Unterscheidung zwischen positiv und beruhigend oder neutral war mir nicht bewusst. Außerdem zeigt die Studie, dass Menschen ihr Tempo beim Sprechen verlangsamen, wenn sie mit Hunden sprechen. Auch das hatte ich noch nicht wahrgenommen, aber - siehe da - ich mache es tatsächlich öfters. Das langsamere Sprechen macht es unseren Hunden leichter, uns zu verstehen. Menschen sprechen normalerweise mit etwa vier Silben pro Sekunde – ein Tempo, bei dem ein Hund wahrscheinlich nur denkt: ‚Halt, stopp, zu schnell!‘ Mit Hunden drosseln wir auf drei Silben pro Sekunde, fast so, als würden wir uns an ihren Rhythmus anpassen. Hunde selbst kommunizieren mit ungefähr zwei Lautäußerungen pro Sekunde. Diese Anpassung des Sprechtempos verbessert die Verständigung und die Bindung zwischen Mensch und Hund. Die Studie betont auch, dass Hunde sowohl den Inhalt der Worte als auch die Prosodie – also Betonung, Akzent und Melodie – benötigen, um menschliche Sprache erfolgreich zu verstehen. Dies unterstreicht die Bedeutung der emotionalen Färbung und des Tonfalls in der Kommunikation mit unseren Vierbeinern.
Hier merkt man besonders bei sensiblen Rassen wie dem Gos d’Atura Català, wie entscheidend unsere eigene Stimmung ist. Diese Hunde sind unglaublich feinfühlig und erfassen sofort, ob wir entspannt, aufgeregt oder gestresst sind. Gubacca ist fast wie ein lebendiges Barometer meiner Emotionen. Wenn ich hektisch werde, überträgt sich das auf ihn. Es ist ein Phänomen, das ich nicht nur bei Worten, sondern auch bei der Energie in meiner Stimme beobachten kann.
Doch nicht nur die Tonlage, sondern auch unsere innere Überzeugung spielt eine Rolle. Es ist, als könnte Gubacca sofort spüren, ob ich ein Kommando wirklich meine – oder ob ich es eher wie ein Mantra vor mich hinmurmele. Nehmen wir mal das berühmte ‚bei mir‘. Sobald Gubacca an der Leine zieht, rutscht mir dieses Wort fast reflexartig über die Lippen – so als würde ich mich selbst daran erinnern, was eigentlich passieren soll. Und, wie soll ich es sagen, Gubacca ignoriert das oft ebenso elegant wie mein eigenes Unterbewusstsein. Das führt zu diesen herrlich absurden Situationen: Ich sage „bei mir“, bin gedanklich schon beim Wochenende – und fünf Sekunden später sehe ich Gubacca fröhlich 100 Meter vor mir hertraben. Dieses Kommando entfaltet seine Wirkung nur, wenn ich es wirklich meine. Sobald ich mich aufrichte, einen klaren Ton anschlage und es wirklich will, klappt es – wie von Zauberhand.
Aber auch der Ton macht die Musik wie man so schön sagt. Früher sagten Hundetrainer oft zu mir: ‚Du musst an deiner Stimme arbeiten. Du sprichst viel zu hell und säuselnd. Gubacca braucht klare Ansagen und kein ‚Mimimi‘.“ Da ich ja – wie ihr wisst – eine Meisterin der Selbstreflexion bin, konnte ich diesen Vorwurf nur schwerlich abstreiten. (Okay, ich habe es versucht, aber erfolglos.) Also habe ich beschlossen, daran zu arbeiten. Was folgte, war eine kleine Transformation: Knapp und mit tiefer Stimme schmetterte ich ein „Hier!“ oder „Sitz!“ in einer Lautstärke und Bestimmtheit, die jedem Drill-Instructor Ehre gemacht hätte. Gubacca machte tatsächlich, was ich von ihm wollte, keine Frage. Aber ein Hund, der begeistert und gerne mitarbeitet, sieht anders aus. Es fühlte sich mechanisch an, fast wie eine Dienstanweisung. Schnell habe ich durch Gubacca gelernt, dass ich mit Höflichkeit und einem netten Umgangston viel weiterkomme – und das gilt übrigens nicht nur für unsere katalanischen Spezialisten. Es ist nicht nur effektiver – es stärkt auch unsere Bindung. Natürlich darf der Ton situativ variieren: Wenn Gubacca mal wieder der Meinung ist, dass ein Grashalm spannender ist als mein Rückruf, setze ich stimmlich nach. Ich passe die Tiefe an, damit er versteht, wie dringend es ist. Hier hat sich mein anfänglich mühsam antrainierter „Militärjargon“ doch noch als nützlich erwiesen. Er ist jetzt meine ‚rote Ampel‘ – die letzte Instanz, wenn ich wirklich seine volle Aufmerksamkeit brauche. Aber diese Instanz bleibt die Ausnahme, denn meist reicht ein freundliches Wort, um Gubacca für die Zusammenarbeit zu gewinnen.
Die Art und Weise, wie wir mit unseren Hunden sprechen, ist mehr als nur Kommunikation. Für sie ist es der Schlüssel zu uns – zu unserer Stimmung, unseren Emotionen und sogar zu unserer Persönlichkeit. Und während wir Menschen oft denken, dass Worte das Wichtigste sind, zeigt uns das Leben mit unseren Hunden, dass es die Zwischentöne sind, die wirklich zählen. Probiert es einfach mal aus: Achtet in den nächsten Tagen bewusster auf eure Stimme, eure Worte, eure Zwischentöne. Und wer weiß – vielleicht findet ihr euer eigenes ‚soch‘, das eurem Hund die Augen leuchten lässt.
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Liebe Grüße
Bine & Gubacca