Die Kunst des Schnüffelns: Warum langsames Gehen eure Bindung stärkt

Januar 16, 2025

Wenn Hektik ansteckend wird

Wie oft predigen wir uns: Der Hund soll ruhig vor der Tür warten, sich entspannt anleinen lassen und dann im gemächlichen Tempo losmarschieren. Perfektes Hundetraining, oder? Aber mal ehrlich, wie sieht’s bei uns aus? Ich bin zum Beispiel die ungekrönte Königin der Vergesslichkeit. Gubacca steht brav angeleint im Flur, während ich plötzlich hektisch durchs Haus renne: „Wo sind meine Handschuhe? Oh Schreck, der Haustürschlüssel!“ Eine chaotische Suchaktion beginnt, und Gubacca? Wartet. Geduldig – meistens.
 

 

Trotzdem merke ich, wie meine Hektik auf ihn abfärbt. Sobald ich endlich fertig bin, stürze ich regelrecht zur Tür hinaus. Und dann? Im Stechschritt die Straße runter. Schließlich will ich ja, dass mein sportlicher Hütehund ordentlich ausgelastet wird. Besonders jetzt im Winter, wo es so früh dunkel wird, trete ich nochmal extra aufs Gas. Es gibt schließlich diese unausgesprochene Regel: Ein bewegter Hund ist ein glücklicher Hund, oder? Doch ob das wirklich der richtige Ansatz ist?
 
 
Ein Tempo, das verbindet

In einem Buch zum Thema "Entspannter Hund" habe ich kürzlich einen spannenden Tipp gelesen: Statt große Strecken im Eiltempo zu laufen, sollte man einfach mal ganz langsam unterwegs sein. Die Natur bewusst wahrnehmen, tief einatmen und stehen bleiben – und dann beobachten, wie sich das auf den Hund auswirkt. Tatsächlich war Gubacca beim ersten Versuch total irritiert. In Situationen, die er nicht richtig einordnen kann, reagiert er gerne unruhig. Aber nach einer Weile passte er sich meinem neuen Tempo an: Die Rute kippte runter – ein sicheres Zeichen, dass er entspannter wurde – und er begann, die ungewohnte Ruhe sichtlich zu genießen. Überall stehen zu bleiben und ausgiebig zu schnüffeln, das war genau sein Ding. Ich muss allerdings zugeben, dass diese Entschleunigung auch für mich eine Herausforderung war. Der Regen prasselte, der Wind pfiff, und Gubacca inspizierte gefühlt zehn Minuten lang einen Grashalm. Gut, vielleicht war es nicht ganz so lang, aber ich war trotzdem erstaunt, wie schwer mir das Warten fiel.



Einen weiteren schönen Tipp zu diesem Thema habe ich in einem anderen Buch gefunden: Interesse an der Schnüffelstelle zeigen. Keine Sorge, das bedeutet nicht, dass wir Zweibeiner auf allen Vieren mit der Nase im Gras stecken sollten. Es reicht schon, sich in die Richtung zu wenden, in die der Hund schnüffelt. Leider sehe ich auf unseren Spaziergängen immer wieder Menschen, die die Zeit nutzen, um aufs Handy zu schauen. Schade, denn damit verpassen sie eine wunderbare Möglichkeit, die Bindung zu ihrem Hund zu verstärken. Bei Gubacca stehen zu bleiben, mich nicht von ihm abzuwenden und ihm in Ruhe seine Zeit zu lassen, ist schon ein Beitrag dazu – eine kleine Geste mit großer Wirkung.
 
 

Die Magie des Schnüffelns

Das Schnüffeln ist für unsere Hunde ja nicht einfach nur Freizeitbeschäftigung – es ist ihre Art, die Welt zu verstehen. Für uns mag es aussehen, als ob sie wahllos die Nase ins Gebüsch stecken, aber in Wirklichkeit lesen sie dabei ihre persönliche Tageszeitung: „Oh, hier war gestern ein anderer Hund unterwegs. Der ist wohl schon älter und hat gesundheitliche Probleme. Und dieser hier hat markiert, um zu zeigen, dass er das Revier für sich beansprucht.


Ein Spaziergang, der verbindet

Am Ende dieses entschleunigten Spaziergangs war ich nicht nur stolz auf Gubacca, sondern auch ein kleines bisschen auf mich selbst. Wir haben beide etwas gelernt: Er, dass nicht immer alles schnell und hektisch sein muss. Ich, dass man mit ein bisschen Geduld und Offenheit für den Moment nicht nur die Bindung zu seinem Hund stärkt, sondern auch selbst zur Ruhe kommt.
 

 

Das Beste daran? Nach unserer Runde war Gubacca tiefenentspannt – und ich musste feststellen, dass ich das auch war. Es braucht also nicht immer den Marathon durch den Wald, manchmal reicht ein Spaziergang im Schneckentempo. Und wenn Gubacca beim nächsten Mal wieder zehn Minuten an einem Grashalm schnüffelt? Dann drehe ich mich einfach in seine Richtung und denke mir: „Na, wer weiß, welche spannende Story er da gerade entdeckt!“

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Bine & Gubacca