Wenn Hektik ansteckend wird
Wie oft predigen wir uns: Der Hund soll ruhig vor der Tür warten, sich entspannt anleinen lassen und dann im gemächlichen Tempo losmarschieren. Perfektes Hundetraining, oder? Aber mal ehrlich, wie sieht’s bei uns aus? Ich bin zum Beispiel die ungekrönte Königin der Vergesslichkeit. Gubacca steht brav angeleint im Flur, während ich plötzlich hektisch durchs Haus renne: „Wo sind meine Handschuhe? Oh Schreck, der Haustürschlüssel!“ Eine chaotische Suchaktion beginnt, und Gubacca? Wartet. Geduldig – meistens.
Trotzdem merke ich, wie meine Hektik auf ihn abfärbt. Sobald ich
endlich fertig bin, stürze ich regelrecht zur Tür hinaus. Und dann? Im
Stechschritt die Straße runter. Schließlich will ich ja, dass mein
sportlicher Hütehund ordentlich ausgelastet wird. Besonders jetzt im
Winter, wo es so früh dunkel wird, trete ich nochmal extra aufs Gas. Es
gibt schließlich diese unausgesprochene Regel: Ein bewegter Hund ist ein
glücklicher Hund, oder? Doch ob das wirklich der richtige Ansatz ist?
Ein Tempo, das verbindet
In
einem Buch zum Thema "Entspannter Hund" habe ich kürzlich einen
spannenden Tipp gelesen: Statt große Strecken im Eiltempo zu laufen,
sollte man einfach mal ganz langsam unterwegs sein. Die Natur bewusst
wahrnehmen, tief einatmen und stehen bleiben – und dann beobachten, wie
sich das auf den Hund auswirkt. Tatsächlich war Gubacca beim
ersten Versuch total irritiert. In Situationen, die er nicht richtig
einordnen kann, reagiert er gerne unruhig. Aber nach einer Weile passte
er sich meinem neuen Tempo an: Die Rute kippte runter – ein sicheres
Zeichen, dass er entspannter wurde – und er begann, die ungewohnte Ruhe
sichtlich zu genießen. Überall stehen zu bleiben und ausgiebig zu
schnüffeln, das war genau sein Ding. Ich muss allerdings zugeben,
dass diese Entschleunigung auch für mich eine Herausforderung war. Der
Regen prasselte, der Wind pfiff, und Gubacca inspizierte gefühlt zehn
Minuten lang einen Grashalm. Gut, vielleicht war es nicht ganz so lang,
aber ich war trotzdem erstaunt, wie schwer mir das Warten fiel.
Einen
weiteren schönen Tipp zu diesem Thema habe ich in einem anderen Buch
gefunden: Interesse an der Schnüffelstelle zeigen. Keine Sorge, das
bedeutet nicht, dass wir Zweibeiner auf allen Vieren mit der Nase im
Gras stecken sollten. Es reicht schon, sich in die Richtung zu wenden,
in die der Hund schnüffelt. Leider sehe ich auf unseren
Spaziergängen immer wieder Menschen, die die Zeit nutzen, um aufs Handy
zu schauen. Schade, denn damit verpassen sie eine wunderbare
Möglichkeit, die Bindung zu ihrem Hund zu verstärken. Bei Gubacca stehen
zu bleiben, mich nicht von ihm abzuwenden und ihm in Ruhe seine Zeit zu
lassen, ist schon ein Beitrag dazu – eine kleine Geste mit großer
Wirkung.
Die Magie des Schnüffelns
Das Schnüffeln ist für unsere Hunde ja nicht einfach nur Freizeitbeschäftigung – es ist ihre Art, die Welt zu verstehen. Für uns mag es aussehen, als ob sie wahllos die Nase ins Gebüsch stecken, aber in Wirklichkeit lesen sie dabei ihre persönliche Tageszeitung: „Oh, hier war gestern ein anderer Hund unterwegs. Der ist wohl schon älter und hat gesundheitliche Probleme. Und dieser hier hat markiert, um zu zeigen, dass er das Revier für sich beansprucht.
Ein Spaziergang, der verbindet
Am Ende dieses entschleunigten Spaziergangs war ich nicht nur stolz auf Gubacca, sondern auch ein kleines bisschen auf mich selbst. Wir haben beide etwas gelernt: Er, dass nicht immer alles schnell und hektisch sein muss. Ich, dass man mit ein bisschen Geduld und Offenheit für den Moment nicht nur die Bindung zu seinem Hund stärkt, sondern auch selbst zur Ruhe kommt.
Das Beste daran? Nach unserer Runde war Gubacca tiefenentspannt – und ich musste feststellen, dass ich das auch war. Es braucht also nicht immer den Marathon durch den Wald, manchmal reicht ein Spaziergang im Schneckentempo. Und wenn Gubacca beim nächsten Mal wieder zehn Minuten an einem Grashalm schnüffelt? Dann drehe ich mich einfach in seine Richtung und denke mir: „Na, wer weiß, welche spannende Story er da gerade entdeckt!“
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Liebe Grüße
Bine & Gubacca