767. + 768. Tag | Die Sache mit der Freundschaft und der Hundeerziehung

Juni 15, 2019

Ich muss gestehen ein bisschen beneide ich meine Freundin Angela um ihre Gabe mit Hunden umzugehen. Ich kenne keinen Menschen in meinem Umfeld, der es so ruhig und souverän schafft seine Hunde anzuleiten und zu führen. Angela hat insgesamt sechs  Australian Shepherd. Davon drei Jungspunde, die sie aus ihren letzten Wurf behalten hat und drei schon etwas ältere Hündinnen. Mich fasziniert bei unseren gemeinsamen Spaziergängen immer wieder wie alle sechs Hunde - und davon sind zwei Rüden - ohne Leine mit uns unterwegs sind. Mir fällt dazu einfach nur „Rudelharmonie“ ein - dieses eine Wort beschreibt es für mich perfekt.




„Wie schaffst du das nur?“, habe ich sie schon früher oft gefragt. Angela und ich sind seit vielen Jahren befreundet und ich kenne auch ihre älteren Hündinnen seit der Welpenzeit. „Das ist doch ganz einfach“, meinte Angela zu mir „ich behandele alle meine Hunde, so wie ich es mir von meiner besten Freundin wünschen würde. Der Rest ist dann einfach ein bisschen Konsequenz und Gelassenheit." Kann das stimmen? Ist das ganze wirklich so einfach?

„He ist not my dog - he is my best friend“, steht oben im Header von Gubacca’ s Blog. Wie oft liest man „der beste Freund des Menschen“, wenn es um Hunde geht. Aber hat Angela das damit gemeint? Eins vorweg: nein, dass hat sie nicht. Wäre auch zu schön gewesen, soooo leicht ist das ganze  dann doch nicht. Hunde sind toll, anhänglich, nehmen uns so wie wir sind: SIE sind tolle Freunde! Aber verhalten WIR uns unseren Hunden gegenüber so, wie wir es uns von unserer besten Freundin wünschen? Und da wird es dann schon schwieriger!



Spielen wir doch einfach mal ein bisschen „wünsch dir was!“. Was gehört für mich zu einer Freundschaft - einer richtigen. Bekannte findet man viele im Leben - mit richtigen Freundinnen ist das schon schwieriger. Sehr wichtig  in einer Freundschaft ist für mich, dass ich mich auf den Menschen verlassen kann. Wobei das auch schon wieder so ein breitgefächerter Begriff ist. Nehmen wir einfach mal meine Lieblingsfreundin Claudia. Claudia muss ich nie um Unterstützung bitten. Sie kennt mich so gut, dass sie ein feines Gespür dafür hat, wo sie mir helfen kann. Sie ist ein sehr zuverlässiger Mensch. Eine Eigenschaft die ich nicht nur an ihr, sondern auch sehr an meiner Schwester schätze. Für mich hat das auch sehr viel mit Wertschätzung des anderen zu tun. Ich mag es in einer Freundschaft sehr, wenn man zwar verschieden ist, das aber zur Stärke zwischen diesen zwei Menschen wird. Ich muss da sofort an meine Freundin Hildegard denken. „Hildchen“, wie ich sie immer nenne, ist ein sehr mutiger Mensch, der sich immer alles einfach traut. Ich bin da eher Marke „Schießbuchse“ und überlege und wäge viel zu viel ab. Zusammen mit Hildchen habe ich Dinge erlebt, die hätte ich nie alleine gemacht. Sie hat mich einfach mit ihrer „Leichtigkeit“ mitgerissen. 

Ich möchte meiner Freundin vertrauen können und sie soll bei anderen zu mir stehen. Genauso wichtig finde ich aber auch, dass man gemeinsam Spaß hat und viel gemeinsam lacht. Auch einmal versucht die Welt mit den Augen des anderen zu sehen und sich in den anderen hineinversetzt. Und damit meine ich nicht nur bei Problemen, sondern viel mehr auch bei Dingen die mir Spaß machen und für dich ich brenne. Ich habe mich riesig gefreut, dass Claudi mich zu Hundeaktivitäten wie mein Crosstraining und Mantrailing begleitet hat. Dafür hat sie sogar ihren Mann am Wochenende alleine am Frühstücktisch sitzen lassen, obwohl sie ihn wegen seiner langen Arbeitszeiten nur wenig sieht. Meine Schwester hat noch nie ein Haustier gehabt, ist aber mittlerweile eine Hundeexpertin - weil sie weiß, ihre kleine Schwester brennt für diese Themen…



Umso länger ich über das Thema nachdenke, umso mehr Dinge fallen mir ein, die für mich zu einer besten Freundin dazugehören. Und ich erinnere noch mal - wir reden oder schreiben hier nicht von Bekannten oder losen Freundschaften: DIE BESTE Freundin. Hohe Ansprüche hat die Bine sage ich nur. Bei dem letzten Punkt der mir persönlich wichtig ist, trennen sich dann auch endgültig Spreu vom Weizen bei meinen Freundschaften. Ich wünsche mir eine Konfliktfähigkeit. Zu einer Freundschaft gehören auch Konflikte, sonst ist man nicht ehrlich miteinander. Konflikte sind für mich da sie zu lösen - man klärt sie miteinander und dann ist die Welt auch wieder wie sie vorher war. Das ist übrigens von meiner ganzen langen Wunschliste der Punkt, von dem ich mir 100 % sicher bin, dass ich selbst ihn leisten kann. Bei den anderen?! Diese Antwort überlasse ich lieber den Menschen, die mich kennen, sehr mögen und mit mir befreundet sind.



Aber was haben diese langen Ausführungen jetzt mit der Hundeerziehung zu tun? Ich hoffe, ich habe euch als LeserInnen nicht schon irgendwo zwischen durch verloren - aber vielleicht habe ich den einen oder anderen auch zum Nachdenken angeregt, was ihm wichtig ist. Bestimmt hat jeder seine eigenen Schwerpunkte. Lasst euch alle diese Dinge noch einmal durch den Kopf gehen. Was hatten wir?! Da war die Verlässlichkeit - ich bin für dich da. Vereinbarungen werden eingehalten. Man kennt die Schwächen des anderen und weiß wo man helfen und unterstützen kann. Es gehörte dazu auch mal über sich selbst hinauszuwachsen und Dinge für den anderen oder mit den anderen zu machen, die man sich sonst nicht traut, aber auch weil sie dem anderen wichtig sind. Ein ganz wichtiger Punkt: Spaß miteinander haben. Die Welt ist ernst genug - lass uns gemeinsam lachen. Was ich oben noch vergessen hatte: Nähe und Distanz, den anderen auch mal die Möglichkeit auf Rückzug lassen und last not least, die Bereitschaft ein Verhalten nicht einfach hinzunehmen, sondern den Konflikt auch zu lösen. Und das ohne nachtragend zu sein und das jedes Mal persönlich zu nehmen. 

So gekürzt liest sich das „eigentlich“ ja schon ganz einfach. Aber versucht jetzt alle diese Punkte auch auf eure Hunde anzuwenden und ihr werdet sehen, es ist gar nicht so einfach die beste Freundin, der beste Freund eures Hundes zu sein! Es steckt doch viel Arbeit an sich selbst dahinter. Ein Grund warum echte Freundschaften auch wachsen müssen, meiner Meinung nach. Aber es lohnt sich und Angela hat recht. Hat man das geschafft ist Hundeerziehung wirklich nur die beste Freundin sein und ein bisschen Konsequenz und Gelassenheit :-).


Bei Gubacca ist mir das glaube ich schon ein ganz großes Stück gelungen. Es war nicht immer einfach und ich musste mir doch sehr oft den Spiegel vor das Näschen halten. Ich werde bestimmt auch noch an ein paar Dingen an mir arbeiten müssen - aber trotzdem... angekommen:

Beste Freunde einfach - best friends - Gubacca & Bine

Fotos: Claudia Schröer - aus unserem gemeinsamen Urlaub im April

********************************

Anmerkung:

Einige von euch haben es ja schon entdeckt - es gibt wieder die Kommentarfunktion
und ich freue mich über eure Rückmeldungen zu unseren Beiträgen.
Falls ihr kein Google-Konto besitzt, könnt ihr uns trotzdem eure Meinung
schreiben. Einfach "anonym" als Profil auswählen.


  • Share:

You Might Also Like

8 Kommentare

  1. Da hab ich jetzt viel zum Nachdenken. Ich glaube zwar, dass Leona und ich Freundinnen sind, aber ob ich sie immer so behandle wie ich von meiner besten Freundin behandelt werden will? Da muss ich mal genauer drüber nachdenken.
    Liebe Grüße
    Auenländerin

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es freut mich, wenn die Artikel zum Nachdenken anregen! Bei mir ist auch noch Luft nach oben ;-).
      Liebe Grüße
      Bine

      Löschen
  2. Klasse geschrieben, und schon gleich ein paar Gewissensbisse bekommen. Bei mir haberts eindeutig an der Geduld und an der Leichtigkeit. 😕 Liebe grüße Christine

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dito! Geduld ist schon deutlich besser bei mir geworden, aber die Leichtigkeit!!! Da ist noch verdammt viel Luft nach oben. Aber wie sagt man so schön "Einsicht ist der Weg zur Besserung"...
      Liebe Grüße
      Bine

      Löschen
  3. Liebe Bine,
    ich glaube ja, es ist auch eine Sache der Hunderasse. Der Gos ist wohl ähnlich dem Briard. Und von einem Briard kann ich nicht erwarten, das er lernt und agiert, wie ein Aussi, Border oder Schäfi. Ich finde das gibt es himmelweite Unterschiede. Die eigenständigeren Rassen sind einfach nicht so 'ich will dir gefallen'-Typen. Sicher gibt es bei jeder Rasse Ausnahmehunde, genau wie es auch sicher Ausnahmehundeführer gibt (vielleicht ist deine Freundin so eine!). Ich bin ohne Zweifel, das ich auch Richelieu immer frei laufen lassen könnte. Ich hätte keine Angst, er käme nicht zu mir zurück. Allerdings würde er mitunter andere Wege einschlagen und das ist nun wieder nicht zwingend in unserer Gesellschaft erwünscht. Folglich muss ich ihn lenken, da er einfach zu viel selbständig denkt und nicht nur dem 'Rudel' nachläuft. (Unsere Joy übrigens ist so ein Rudelhund, als halber Schäfi fällt ihr das nicht schwer, gibt ihr Sicherheit).
    Naja, man kann so oder so denken, aber als 'best Buddy' muss ich Richelieu trotzdem in gewisse Richtungen lenken.
    Super, wie du so Themen beschreibst! Klasse Blogbeitrag.
    Danke Siggi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Siggi, erst einmal danke für dein liebes Kompliment! Jaaa ich bin immer auch ein bisschen erleichtert, wenn ich auch von anderen lese oder höre, dass der Gos nicht immer so einfach wie andere Rassen ist. ABER ich muss auch gleich danach zugeben, dass ich ihn manchen Dingen heute mit Gubacca nicht so weit wäre, wenn ich Angela nicht zur Hilfe gehabt hätte. Sie hat einfach diese Führungsqualitäten an denen ich noch arbeite und ja dein Begriff Ausnahmehundeführer trifft es für mich. Und da schließt sich dann der Kreis zum Blogbeitrag. Natürlich reicht es nicht aus einfach nur "best friend" zu sein - es gehört auch Anleitung und Führung dazu. Aber wie zeige ich die? Genau mit den Eigenschaften die ich versucht habe im Beitrag zu beschreiben. Aber es ist "tricky" das in einem Blogbeitrag zu transportieren. Wäre doch glatt noch einen zweiten Beitrag zu dem wert :-).
      Liebe Grüße
      Bine

      Löschen
    2. Liebe Bine, das stimmt, viele Dinge ergeben erst das Ganze.
      Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich immer wie der 'best Buddy' von Ritchi agiere. Aber ich finde es einfach auch schwierig in unserer Gesellschaft das machen zu können. Ich bin ganz sicher der Meinung, könnte man dem Hund mehr Freiheit zugestehen, wäre der Hund erfreuter und zum teil viel lieber folgsam. Aber - und mir ist aufgefallen, mit dem großen schwarzen Hund noch viel mehr - es wird wenig gern gemocht, von der 'Gesellschaft', also von ganz vielen Mitbürgern. Naja, das ist ja auch ok.
      Trotzdem bewundere ich auch so tolle Ausnahmehundeführer, aber die trifft man wirklich selten - finde ich jedenfalls. Ich glaube auch nicht, das ich mit viel üben, so etwas hinbekommen würde - obwohl ich mir manchmal einfach mehr Zeit für die Hunde wünschen würde. Etwas besser könnte es schon laufen.
      Ich würde mich echt über einen Folgebeitrag über das Thema freuen. Du bringst es einfach wunderbar auf den Punkt!
      Liebe Grüße von Siggi

      Löschen
    3. Das stimmt Siggi! Meine größten Baustellen sind auch bei Gubacca, die Dingen die ich wegen anderen nicht üben möchte oder kann. In Holland war das alles viel lockerer mit den Hunden und niemand hat es gestört, dass auch sie präsent und nicht nur dabei waren. Bei Gubacca hilft mir noch oft der "Niedlichkeitsfaktor" und die wenigsten reagieren erschrocken. Bei einen großen schwarzen Hund ist das auf jeden Fall anders. Die Fortsetzung kommt garantiert nach unserem Urlaub.
      Liebe Grüße
      Bine

      Löschen

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Wir freuen uns immer riesig über Rückmeldungen.
Liebe Grüße
Bine & Gubacca