Aufstehen, in die Klamotten schlüpfen und dann einfach nur ein Stück die Straße runter laufen und am Strand stehen - das Leben kann so herrlich sein! Okay, ein bisschen mehr Sonnenschein hätte noch dabei sein können - aber auch das etwas stürmischere Wetter hat ja am Meer seinen ganz besonderen Reiz. Und auch wenn man es bisher in diesem Jahr noch so überhaupt nicht gemerkt hat: Wir haben Herbst, es ist November - die eigentlich trübe Zeit... Von daher will ich mich da mal so überhaupt nicht beschweren.
Eigentlich hatten wir für heute geplant mit dem Auto nach Middelburg zu fahren. Aber nach dem Frühstück kam dann tatsächlich noch die Sonne raus und ich sage nur: "Wenn Engel reisen...". Vielleicht haben wir ja doch wieder soviel Glück mit dem Wetter, wie im letzten November-Urlaub in Hohwacht. Also gab es eine spontane Planänderung und wir beschlossen lieber mit den Rädern Richtung Burgh Haamstede zu fahren. Von unserem Strandabschnitt schauen wir direkt auf das Oosterschelde-Sperrwerk, das Noord Beveland und die Insel Schouwen-Dulveland, auf der Burgh Haamstede, aber auch der bekannte Badeort Renesse liegt, verbindet. Das tolle - es gibt neben der PKW-Fahrbahn eine eigene "Fahrradautobahn". Auf einer breit abgetrennten Fahrbahn kann man ganz gemütlich mit dem Rad oder wer mag zu Fuß, den langen Oosterscheldekering, wie das Sperrwerk auf niederländisch heißt, überqueren. Wobei ich zugeben muss, dass wir das vorher nicht wussten und erst einmal von der roten Ampel an der Schranke ausgebremst wurden. "Wild und verwegen" - davon sind mein "Herr Mini-Rütter" und ich weit entfernt und so standen wir erst einmal ein bisschen ratlos vor der Schranke und wussten nicht , ob wir weiterfahren dürfen. Aber dann siegte der Abenteuergeist, der doch in uns schlummert und wir "wagten" die Überfahrt. Einfach herrlich - links der Blick auf den gesamten Strandabschnitt von Banjaard und rechts flitzten die Autos an uns vorbei. Dazwischen - wir die "Herren" der Straße: Wir hatten die gesamte Strecke für uns alleine und außer uns war im ersten Abschnitt niemand unterwegs.
Das Sperrwerk besteht aus Deich und mobile Speeranlage und ist ein Teil der Deltawerke. Ob der Anblick jetzt direkt vom Badestrand aus so schön ist, lasse ich einfach mal offen. Als Bauwerk ist es auf jeden Fall eindrucksvoll und es hat mir riesigen Spaß gemacht, die neun Kilometer lange Strecke entlang zu fahren. Die Konstruktion umfasst 65 riesige Betonpfeiler mit Tafelschützen dazwischen. Bei Sturm oder drohenden Springfluten können diese Schiebetore geschlossen werden. Etwa in der Mitte der Strecke liegt das "Werkeiland Neeltje Jans". Das es dort auch einen großen Freizeitpark gibt, habe ich ehrlich gesagt kaum wahrgenommen, da er auf der PKW-Seite liegt. Dafür ist der einsame Strandabschnitt uns sofort ins Auge gestochen und wir haben dort einen Zwischenstopp eingelegt.
Auf der einen Seite der Strandabschnitt - auf der anderen die riesigen Windräder und der Radarturm "De Lange Neel". Da prallen zwei Welten aufeinander und man hat schon ein bisschen das Gefühl am Ende der Welt zu stehen. Die riesigen Windräder und der hohe Radarturm machen einen deutlich, wie winzig man doch eigentlich ist. Ein besonderer Ort, der seinen eigenen Reiz hat und was natürlich auch wichtig war - auch Gubacca hatte etwas von unserem Ausflug und flitzte mit Begeisterung den langen Strand entlang.
Auf dem unteren Foto kann man sehen wie sich die Betonpfeiler und dann wieder ein Stück Deich abwechseln. Von dem Deltapark fährt man weiter zur "Roggenplaat", eine künstlich erschaffene "Arbeitsinsel" und erreicht dann wieder entlang der riesigen Betonklötze den Strand von Burgh Hamstede.
Der Strandabschnitt Westenschouwen ist sehr schön und ruhig gelegen. Am ersten Strandabschnitt von unserer Route aus gesehen, liegt auch der Hundestrand, denn wir aber locker ignorieren konnten. Von November bis April dürfen Hunde nämlich an fast allen Stränden ohne Leine laufen. Schon vom weiten sieht man am Strand eine große graue Fläche - eine Art "Aussichtsplattform" mit Tisch und Bänken.
Gubacca unser "selbsternannter" Herdenschutzhund, fand es natürlich wieder klasse von oben den gesamten Strandabschnitt im Blick zu haben. An dem Zaun befanden sich einige Gedenkschilder für Verstorbene - wahrscheinlich finden von hier aus auch Meerbestattungen statt, aber Infos habe ich hierzu im Internet nicht gefunden. Wir fuhren dann noch ein Stück weiter Richtung Westenschouwen, drehten dann aber auch wieder um, weil die Wolken immer dichter und dunkler wurden.
Und wie man an Gubaccas fliegenden Öhrchen sehen kann, wurde es auch immer windiger. Auf der Hinfahrt hatte ich ja noch über mein "Michelin-Männchen" gewitzelt, das dick eingepackt in Regenklamotten losgefahren ist - jetzt war ich doch etwas neidisch und war froh, dass ich zumindest meine Regenhosen eingepackt hatte. Über einen ordentlichen Schub Rückenwind hätte ich mich auf der "Fahrradautobahn" ja gefreut, aber leider hatten wir ordentlich Gegenwind und ich war wieder einmal froh, dass "Gubacca-Taxi" nicht ziehen zu müssen. Denn wir gehören nicht zu den gefühlten 90 % der Radfahrer die ein E-Bike haben, sondern sind auf unsere eigene Muskelkraft angewiesen.
Ordentlich durchgepustet - aber dank Regenklamotten zum Glück nicht nass, kamen wir dann wieder zum Ferienhaus zurück. Dort machten wir es uns dann bei leckeren warmen Apfelkuchen und einer heißen Tasse Kakao gemütlich. Wenn ihr einmal in den Niederlanden seid, müsst ihr euch unbedingt im Supermarkt oder beim Bäcker Apfelkuchen kaufen - für mich schmeckt der nirgendwo so lecker, wie hier!
Und natürlich musste auch heute die letzte Abendrunde mit Gubacca noch mal zum Strand gehen - wohin sonst, oder?!
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Bine & Gubacca