1.525. Tag | Unterwegs mit Herrn Mini-Rütter

Juli 12, 2021

Ach, die gemeinsamen Hundespaziergänge mit Herrn Mini-Rütter sind doch immer wieder herrlich und bieten viel Raum für unterschiedliche Ansichten zum Thema Hundeerziehung.  So wie gestern, als wir gemeinsam mit Gubacca zum Kanal fuhren. Während ich noch damit beschäftigt war, dass Gubacca erst ruhig in seiner Autobox wartet, bis er aussteigen darf, war mein Mini-Rütter schon über alle Berge verschwunden. Gubacca hatte dann natürlich auch nichts besseres zu tun, als sich mit seiner ganzen Kraft in die Leine zu schmeißen, um ihn möglichst schnell einzuholen.  Recht erfolglos bemühte ich mich, dass der feurige Spanier sich dabei nicht mit dem Halsband erdrosselt und zumindest nur ansatzweise an der lockeren Leine lief. Natürlich wurde das dann auch sofort mit einem genervten Blick und einem Kopfschütteln von der "besseren Hälfte" quittiert, als dieser endlich wieder in Sichtweite auftauchte. "Jetzt lass den armen Hund doch normal laufen", kam auch prompt der Lieblingssatz von Herrn Mini-Rütter.  "Nie kann man einfach nur mal ruhig spazieren gehen!"



Warum gibt es im Fernsehen überwiegend nur männliche Hundetrainer, wenn die meisten Herren der Schöpfung die Hundeerziehung nur als lästig und überflüssig empfinden? Ein Phänomen, über das ich mich schon sehr lange wundere. Natürlich wußte mein "Mini-Rütter" auch darauf sofort eine Antwort: "Weil wir Männer das einfach besser drauf haben. Wenn ich schon immer eure Quietsche-Stimmen höre und diese Verniedlichungen! Gubacciii. Da bekommt doch jeder  Hund früher oder später einen Hörschaden. Kein Wunder, dass er dann nicht kommt, wenn du ihn rufst!" Mein Blick hätte nicht eisiger ausfallen können. Wenn ich auf eine Sache stolz bin, dann ist es unser perfekter Rückruf. Ein "Gubacca" und der Herr steht "Gewehr bei Fuß". Okay, jetzt kam mein Hang zur Übertreibung wieder ein bisschen durch. Aber Dank intensiven Training mit den "Deluxe Leckerchen" klappt das Kommen wirklich super. Mit einer "klitzekleinen" Einschränkung - es funktioniert bei mir! Mein Mini-Rütter ist da nicht ganz so erfolgreich. Das ist aber auch kein Wunder, da er die These verfolgt: Der arme Hund muss doch auch mal schnüffeln können. Ganz zu schweigen von der Angst, der Rüde hätte nicht ausreichend die Möglichkeit gehabt, sein Beinchen zu heben.  Von daher dürfen diese wichtigen Dinge selbstverständlich vorab erledigt werden, bis Hund dann vielleicht irgendwann, im gemächlichen Tempo, Richtung Herrchen marschiert. Natürlich konnte ich mir einen dezenten Hinweis nicht verkneifen, dass das nur bei ihm nicht immer funktioniert. "Ich will ja auch einen Rüden mit Persönlichkeit!", konterte Mini-Rütter prompt "und keinen dressierten Befehlsempfänger!"
 



Wir liefen eine Weile schweigend nebeneinander her, als Gubacca die erste Badestelle am Kanal für sich entdeckte. Sofort machte sich das gut konditionierte Frauchen auf die Suche nach einem geeigneten Stock, damit der vierbeinige Mr. Baywatch etwas zum Apportieren hatte.  Mini-Rütter war schneller wie ich und schon flog ein dicker Ast ins Wasser, der von Gubacca begeistert "gerettet" wurde. "Wer hat Gubacca überhaupt das Schwimmen beigebracht, du?" Das breite Grinsen im Gesicht meines "Göttergatten" hätte jeder Zahnpasta-Werbung standgehalten. Aber stimmt, Gubacca ist zum ersten Mal richtig geschwommen, als er mit Mini-Rütter alleine am Kanal war. "Ja, und das Radfahren hast du ihm auch beigebracht, weil ich zu ängstlich war", gab ich äußerst widerwillig zu. In solchen Dingen punktet Mini-Rütter wirklich. Unermüdlich hatte er mit Gubacca geübt ruhig neben dem Rad herzulaufen und sich von Misserfolgen nicht beirren lassen. Auch beim Thema "Schwimmen" war ich viel zu ungeduldig und wollte zu schnell zu viel von Gubacca. 
 



Leider war Mini-Rütter beim Thema "entspannte Rüdenbegegnungen" bisher genauso erfolglos wie ich, was er aber nicht gerne zugibt.  "Das ist halt einfach ein typisches Rüdengehabe, das änderst auch du nicht", bekomme ich dann immer  zu hören. Als uns gestern dann der erste Hund entgegenkam, drückte ich Mini-Rütter die Leine in die Hand. "Da du ja so ein toller Hundeflüsterer bist, kannst du Gubacca ja jetzt mal nehmen". Mittlerweile habe ich schon perfekte Sensoren dafür entwickelt, welches Geschlecht der entgegenkommende Hund hat. Und so hatte ich natürlich auch sofort registriert, dass der Hund, der uns mit einer älteren Frau entgegenkam, schon mehrmals sein Bein gehoben hatte. Siegessicher griff Mini-Rütter sich die Leine und marschierte weiter. Die Rüdenbegegnungen verlaufen bei mir ja auch oft nicht so toll. Trotzdem gibt es für mich so etwas wie das kleine "Hunde-Einmaleins", das man einfach verinnerlicht haben sollte. Und dazu gehört mit an erster Stelle: Bogenlaufen und Gubacca an der Seite zu führen, wo nicht der fremde Hund ist... Mini-Rütter findet das immer vollkommen überflüssig und möchte schließlich nicht auch noch über die Leine fallen. So wie ich kürzlich... Von daher verkniff ich mir meine Belehrungen ausnahmsweise und ließ ihn mal machen... Was der Frau Oberlehrerin Bine, aber sehr schwer gefallen ist.
 
 

 
Gubacca zog natürlich auch sofort in die Richtung des fremden Hundes und  fing wild an zu kläffen. Mir sind solche Situationen immer wahnsinnig peinlich und ich mutiere sofort zur überreifen Tomate. Besonders wie in diesem Fall, wenn der andere Hund schon recht betagt ist und vollkommen ruhig blieb. Mini-Rütter jedoch ließ sich von der "Kampfmaschine" am anderen Ende seiner Leine nicht beeindrucken und rief der Frau zu "Der ist noch ganz jung!" Mein Gesichtsausdruck in diesem Moment muss herrlich gewesen sein! Als ganz jung würde ich den Leinenrambo jetzt nicht gerade bezeichnen. Aber Mini-Rütter erntete ein verständnisvolles Lächeln der Besitzerin. "Das kenne ich, der wird auch noch ruhiger." Seltsamerweise wird ein pöbelnder Hund anders wahrgenommen, wenn am anderen Ende der Leine ein Mann "hängt". Uns Frauen wird wie ich finde oft unterstellt, überfordert zu sein. "Wenn sie den großen Hund nicht im Griff hat, soll sie sich doch einen Schoßhund anschaffen..." Bei Männern kann der Hund halt einfach nicht mit anderen Rüden oder ist besonders anspruchsvoll. Eine vollkommen falsche Wahrnehmung aus meiner  Sicht ;-). Ich kann aus dem Stehgreif mehr als vier Paare in unserem Wohnviertel aufzählen, bei denen die Hundebegegnungen mit Frauchen viel entspannter ablaufen. Und wenn es zur Not mit einer vollen Hand Leckerchen ist... Dabei fällt mir beim Schreiben gerade auf: Ich habe noch nie einen Mann mit Leckerli-Beutel am Gürtel gesehen?! Sind sie doch die besseren Trainer und benötigen ihn nicht? Die Frage braucht jetzt aber niemand ernst nehmen, sie ist rein hypothetisch. 
 

 
Nachdem die Hundebegegnung - nennen wir es einmal nicht so optimal verlief, erklärte ich die Leine wieder zur Chefin-Sache. Seit Gubaccas zarten Welpenalter lebe ich ja in ständiger Sorge, Herr Mini-Rütter könnte meine Erziehungserfolge bei Gubacca wieder zunichte  machen. Das hatte natürlich schnell auch zur Folge, dass Mini-Rütter nach meinen ständigen gut gemeinten Ratschlägen zu mir sagte, dann mach es doch selber... Zum Glück musste ich mein "Können" dann aber gestern nicht mehr unter Beweis stellen. Der Rest unsere Kanalrunde verlief vollkommen entspannt. Gubacca marschierte munter ohne Leine vor uns her, rettete Stöcke aus dem Wasser und genoß sichtlich den gemeinsamen Spaziergang mit uns...




Ein bisschen schmunzeln musste ich im nachhinein dann doch über Herrn Mini-Rütter und mich. Es erinnerte mich ein wenig an meine Kindheit. Denn, wenn sich meine Eltern mal gestritten hatten, dann war es fast immer wegen der Erziehung von meiner Schwester und mir. Dabei bezeichnet man Hunde doch auch als den ultimativen Flirtfaktor?! Wahrscheinlich trifft das nur auf die Kennenlernphase zu. Später bieten unsere Hunde auf jeden Fall auch Potential für die ein oder andere kleine Meinungsverschiedenheit - über die man aber auch herrlich schmunzeln und Blogbeiträge schreiben kann! In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Start in die Woche bei hoffentlich herrlichen Sonnenschein!

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