Zwei Menschen, ein Hund – und zwei komplett verschiedene Vorstellungen davon, was „alles bestens gelaufen“ heißt. Warum Gubacca bei Herrn Mini-Rütter die Sirene anwirft und bei mir entspannt gähnt und was das mit Vertrauen zu tun hat.
Es gibt Tage, da bin ich mir sicher: Herr Mini-Rütter und ich leben mit zwei verschiedenen Hunden zusammen. Er geht mit Gubacca spazieren, kommt zurück, und ich frage mich jedes Mal, wer unterwegs Gubacca vertauscht hat. Da steht dann dieser aufgedrehte Katalane im Flur, Brust raus, Blick nach vorn, ganz der Meinung, dass ohne ihm hier im Wohnviertel gar nichts läuft. Ich schwöre, er riecht förmlich nach Adrenalin und Abenteuer. „War super, alles bestens gelaufen!“, sagt Herr Mini-Rütter. Ich nicke und sehe zu, wie Gubacca schnaufend seinen Wassernapf leert. Bestens, aha. In meinem Universum läuft derselbe Hund dann wieder locker an der Leine, guckt kurz, atmet durch, geht weiter. Kein Drama, kein Getöse. Zwei Menschen, ein Hund – und zwei komplett verschiedene Filme.
Im Hundetaxi das Gleiche: Bei Herrn Mini-Rütter wird jeder andere Hund lautstark angekündigt, als stünde er auf einer Bühne: „Da! Ein Labrador!“ Aber das ist auch kein Wunder. Vor einigen Monaten fuhr Herr Mini-Rütter mit ihm an einem Grundstück vorbei, hinter dessen Zaun zwei Rüden tobten, als könnten sie es überhaupt nicht erwarten, sich auf dem Hänger zu stürzen. Anstatt einfach zügig weiterzufahren, blieb er stehen und plauderte mit der Besitzerin. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für Smalltalk – schließlich weiß Gubacca im geschlossenen Hänger nicht, dass die riesigen Rüden nicht gleich über den Zaun springen. So viel zum Thema Sicherheitsgefühl.
In meiner Welt lehnt Gubacca sich im Anhänger zurück, als hätte er das Abitur im Gelassenbleiben bestanden. Wobei ich Konflikte auch nicht meide – im Gegenteil. Wenn sich jemand mit seinem freilaufenden Hund zielstrebig unserem Hänger nähert, bin ich die Erste, die laut und deutlich darum bittet, ihn anzuleinen. Gerne auch mit etwas Nachdruck, denn Gubacca soll sich darauf verlassen können: Ich regel das. Und genau das gibt ihm Sicherheit. Das Ergebnis: ein peinlich berührter Mann, ein sicherer Gos – und eine sehr zufriedene Bine.
Neulich beim Spaziergang kam ein fremder Hund aus einer Einfahrt geschossen. Ich sah, wie Gubacca kurz Luft holte – dieses typische „Ich regel das“-Gesicht. Ich sagte nur seinen Namen, leise. Kein Kommando, kein Drama. Er stoppte, schaute zu mir rüber, und ich sah, wie die Spannung aus seinem Körper wich. So fühlt sich Vertrauen an. Kein „Sitz“, kein „Bleib“ – nur ein Blick, der reicht. Ein Verhalten, das ich mir hart bei ihm erarbeitet habe. Denn Vertrauen ist ja kein Kommando. Es wächst, wenn der andere berechenbar bleibt, gerade in den Momenten, in denen es knifflig wird. Vielleicht testet der Gos auch deshalb so gern, ob Regeln tatsächlich immer gelten sollen. Nicht, weil er Grenzen verschieben will, sondern weil er wissen muss, ob sie standhalten, wenn’s ernst wird. Vielleicht ist dieses „Austesten“ sein Weg, Vertrauen zu überprüfen.
Und genau da liegt für mich der Unterschied. Gubacca liebt Herrn Mini-Rütter – daran gibt’s keinen Zweifel. Er ist überhaupt der gerechteste Hund, den ich kenne: verteilt seine Zuneigung akribisch gleichmäßig auf alle. Aber Vertrauen? Das ist etwas anderes. Vertrauen heißt für ihn: Ich kann abgeben, weil du übernimmst. Und genau das entscheidet, wem er folgt, wenn’s ernst wird.
Man kann einem Gos kein Verhalten antrainieren und erwarten, dass es bei jedem funktioniert. Er macht nicht mit, weil er muss – er überlässt die Kontrolle nur dem, der sie tragen kann. Ich glaube, das war der Moment, in dem ich verstanden habe, dass Vertrauen nicht gelernt wird – sondern gegeben.
Und wer mehr darüber lesen möchte: Auf Goslogisch! haben wir uns im Beitrag „Kontrolle oder Vertrauen?“ genau mit dieser feinen Balance beschäftigt.

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