Partnachklamm erleben – ein Tag zwischen Wasserrauschen und Parkplatzroulette
Bei uns ist das im Urlaub so geregelt: Ich übernehme die Reiseleitung, Herr Mini-Rütter das Steuer. Er findet das eine ausgesprochen faire Arbeitsteilung – schließlich, so seine Begründung, müsse er ja fahren und könne die Landschaft gar nicht richtig genießen. Ich finde: eine hübsche Ausrede, um sich vor jeder Vorbereitung zu drücken. Umso verdächtiger war es, als er Morgens beim Frühstück verkündete: „Heute fahren wir zur Partnachklamm nach Garmisch!“ Ich verschluckte fast meinen Kaffee. Herr Mini-Rütter hatte sich Gedanken zum Ausflugsziel gemacht? Seine Erklärung brachte mich dann auch zum Schmunzeln: Seit Wochen schaut er auf YouTube Fahrradtests – und in einem dieser Videos wurde zufällig auch die Klamm gezeigt. Klar. Irgend sowas musste ja kommen.
Die Fahrt von Lechbruck nach Garmisch-Partenkirchen war schon für sich ein kleines Erlebnis. Sie führt über die Deutsche Alpenstraße, und hier gilt wirklich: Der Weg ist das Ziel. Hinter jeder Kurve wartete ein neues Panorama – grüne Hänge, ferne Gipfel, Kuhglocken irgendwo dazwischen. Ich genoss jede Minute auf dem Beifahrersitz. Herr Mini-Rütter dagegen konzentrierte sich sehr auf die Straße – was gut war, denn rechts von mir ging’s stellenweise ziemlich tief runter. Ich schwieg also lieber und bewunderte die Aussicht – er durfte in dem Moment ja nicht wissen, wie viel Aussicht da war. Höhen sind nicht seine Stärke.
Endlich ausgestiegen! Aber standen wir hier überhaupt richtig? Die große Skischanze war beeindruckend, nur eben nicht unser Ziel. Erst als wir ein paar Leute fragten, war klar: Ja, wir sind richtig. Nur dass der eigentliche Eingang der Partnachklamm noch gut zwanzig Minuten Fußmarsch entfernt lag! Ich musste über meinen tiefer Seufzer schmunzeln – jetzt zähle ich auch schon zu den verwöhnten Touristen, die am liebsten bis vor die Tür fahren möchten.
Aber immerhin: Der Weg lohnt sich. Schon der erste Blick in die Klamm ist ein kleines Naturwunder. Seit über hundert Jahren stürzt sich hier die Partnach zwischen senkrechten Felswänden hindurch – 700 Meter lang, bis zu 80 Meter tief. Ursprünglich wurde der Steg Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut, damit Holzarbeiter die gefällten Baumstämme sicher durchs Tal treiben konnten. Heute rauscht das Wasser nicht mehr für den Broterwerb, sondern für staunende Besucher – und das mit voller Wucht.
Mitten im Fels – die Kraft der Partnach
Zwischendurch führten schmale Tunnels direkt durch den Fels. An manchen Stellen war es so dunkel, dass man die Hand kaum vor Augen sah – eine Taschenlampe wäre wirklich hilfreich gewesen. Aber gerade dieses Wechselspiel aus Dunkelheit, Rauschen und Licht machte den Reiz aus.
Mitten in dieser Kulisse stand sie plötzlich da: eine kleine Madonna, hoch oben im Fels. Unscheinbar, fast übersehen – und doch mit einer erstaunlichen Ruhe. Sie blickt hinunter auf das tosende Wasser, als wolle sie wachen. Die Figur steht dort seit über hundert Jahren, vermutlich seit der Erschließung der Klamm Anfang des 20. Jahrhunderts. Als man sie vor Kurzem restaurierte, fand man im Innern alte Münzen aus Kupfer, Silber und Gold – kleine Opfergaben, ein stummes Dankeschön derer, die hier einst durchgingen.
Ich blieb stehen, einfach um den Moment festzuhalten. Irgendetwas an dieser Szene – der Lärm des Wassers, die Dunkelheit und dann dieses winzige Symbol der Ruhe – hatte etwas Tröstliches. Wie ein stilles Augenzwinkern der Natur: „Du darfst klein sein. Ich hab dich im Blick.“ Danach ging es weiter, vorbei an Gischt, Tropfen und Felsengräben, bis wir am anderen Ende der Klamm wieder ins Licht traten. Sonne, Wärme, Stimmen – alles fühlte sich kurz unwirklich an, als käme man aus einer anderen Welt zurück.
Hunde sind in der Partnachklamm grundsätzlich erlaubt – an der Leine, versteht sich. Und natürlich denkt man im ersten Moment: Prima, das wird ein Abenteuer für alle! In der Realität sieht das dann etwas anders aus. Der Weg ist schmal, an manchen Stellen kaum breiter als ein schmaler Steg. Links der Fels, rechts das rauschende Wasser – und wenn dann noch ein anderer Hund entgegenkommt, kann’s kurz sportlich werden. Dazu kommt die Geräuschkulisse: Das Donnern des Wassers, das Echo zwischen den Wänden, die Dunkelheit in den Felstunneln – für viele Hunde eine echte Reizüberflutung. An ruhigen Tagen ist das sicher machbar, aber bei großem Besucherandrang würde ich zweimal überlegen, ob man seinem Vierbeiner wirklich einen Gefallen tut.
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