Letzter Abend in Langholz – zwischen Pizza, Poesie und einem leisen Abschied

Juli 05, 2025

Der letzte Urlaubstag ist bei mir eigentlich heilig. Ich packe da alles rein, was vorher zu kurz kam: nochmal Strand, nochmal Sonne, nochmal Lieblingsrunde mit Gubacca. Also alles, was nach Abschied schmeckt – aber bitte ohne Melancholie. So war der Plan.



Aber dann kam die Realität. Und die hieß: Elbtunnel gesperrt, Ferienbeginn in Niedersachsen – und ein voraussichtlich endloser Stau am Sonntagmorgen. Wir beschlossen also, schon Samstagnachmittag die Heimreise anzutreten. Tschüss, gemütlicher Ausklang. Hallo, Planänderung.

Also wurde aus dem Freitag mein inoffizieller Abschiedstag. Und was soll ich sagen – die Sonne meinte es gut. Ich packte Strandmuschel und Luftmatratze, fühlte mich wie eine Mischung aus optimistischer Sonnenanbeterin und etwas naiver Ferienenthusiastin – und marschierte los.



Kaum hatte ich mich in meiner Muschel eingegraben, zog der Himmel zu. Dunkle Wolken, Windböen – die Art von Wetter, bei der selbst die Möwen den Rückzug antreten. Innerhalb von Minuten leerte sich der Strand. Und da saß ich: allein, im Bikini, in meiner auf Halbmast flatternden Strandmuschel. Und plötzlich dachte ich: Sieht das jetzt komisch aus? Macht man das so? Ja, Bine. „Man“ macht das nicht so. Aber du schon. Und als ich diesen Gedanken bemerkte, musste ich über mich selbst lachen. Revoluzzer werde ich wohl keiner mehr – aber immerhin jemand, der sich über seine eigenen Denkmuster wundert. Auch was.



Zum Glück beruhigte sich das Wetter wieder. Ich hörte Hörbuch, ließ mir die Sonne auf die Beine scheinen und sog den Moment ein – der letzte echte Urlaubsnachmittag. Und da war er wieder, dieser leicht sentimentale Gedanke: Ab morgen geht das Leben hier weiter – nur ohne mich. Niemand merkt, dass ich weg bin. Ja, dramatisch. Kennt ihr diesen Gedanken auch?



Es war ein Urlaub der leiseren Töne. Kein wilder Roadtrip, kein Actionprogramm, kein „Was wir alles erlebt haben!“. Stattdessen: Ruhe. Sonne. Wind. Pizza. Kappeln. Eckernförde. Ein paar überhitzte Diskussionen über das richtige Maß an Romantik, die perfekte Bank mit Tisch – und die stille Erkenntnis, dass ich beim Radeln mittlerweile dezent ins Schnaufen komme. Vielleicht sollte ich wirklich mal über ein E-Bike nachdenken. Nur so als Idee. Für später...



Gubacca war nicht überall dabei. Und ich merke: Auch er wird älter. Die wilden Flitzrunden ins Meer? Geschichte. Heute lieber Schattenplatz, kurze Wege, vertraute Umgebung. Er liebt es zuhause – unser richtiges Zuhause. Und das war neu für mich. Aber eigentlich auch verständlich. Wir sind viel gereist in seinem Leben. Und vielleicht will er jetzt einfach ein bisschen mehr Beständigkeit. 




Und dann war da dieser letzte Abend. Natürlich wollte ich nochmal das volle Romantik-Programm-to-go. Mit Gubacca. Sonnenuntergang, Möwen, Meeresrauschen. Nur wir zwei. Aber Langholz hatte andere Pläne. Ab 16 Uhr rollten die Autokarawanen ein. Wochenendhausbesitzer auf dem Rückweg in ihr Zuhause am Meer. Auf einmal war alles voll. An der Pizzeria steppte der Bär, beim Landschulheim lief eine Geburtstagsparty auf Hochtouren, der Strand war dicht. Fast wie im Ruhrgebiet – nur mit Sand.




Am späteren Abend wurde es dann doch wieder ruhiger. Ich saß mit Gubacca im Sand, die Füße im noch warmen Dünengras, und von drüben – vom Campingplatz – klang Musik herüber. Livekonzert mit Coverband. Der Himmel war rosa. Oder pink. Ich bin unsicher. Wahrscheinlich beides. Und ich dachte: Eigentlich ist das ein schöner Abschluss.




Und dann war da noch dieser eine Gedanke. Der sich ganz leise reingeschlichen hat und seitdem irgendwo zwischen Meer und Dünengras sitzt: Vielleicht ist Langholz nicht mehr mein Lebenstraum. Nicht, weil es weniger schön ist. Im Gegenteil. Aber weil ich mich verändert habe. Weil aus dem kleinen Dorf meiner Kindheit ein Ferienhaus-Spot geworden ist. Weil Gubacca lieber zu Hause bleibt. Und ich mich frage, ob ich wirklich jeden Tag hier verbringen möchte – oder ob es reicht, diesen Ort zu lieben, wie er ist. Für ein paar Wochen im Jahr. Manchmal ist das Loslassen eines Traums kein Scheitern. Sondern ein Weitergehen.




Langholz, du bleibst mein Sehnsuchtsort. Auch wenn du nicht mehr mein Ziel bist.

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