1327. + 1328. Tag | Coma si - coma sa, da di da, da di da…

Dezember 26, 2020

Traurig schaute Lisa den Tierarzt an. „Und Sie sind sich ganz sicher, dass es Krebs ist?“ Lisa arbeitete seit fünf Jahren  für das Tierheim und hatte schon  viele schlimme Schicksale miterlebt. Aber die Geschichte von Milagro ging ihr besonders nahe. Der Rüde kam ursprünglich aus Spanien und hatte dort sein ganzes Leben in einem Betonzwinger verbracht. Er kannte keine Spaziergänge oder menschliche Fürsorge. Wenn überhaupt ließ der frühere Besitzer ihn einfach an einer langen Kette auf dem verwahrlosten Grundstück laufen. Zum Glück bekam eine Tierschutzorganisation einen Hinweis und konnte ihn freikaufen. Dann lief zuerst auch alles toll für den Rüden. Er kam zu einer Pflegestelle und hatte schon nach kurzer Zeit das Glück, dass eine Familie aus Deutschland ihn nehmen wollte. Große und ältere Hunde haben kaum eine Chance noch vermittelt zu werden. Für alle war es fast schon ein Wunder, dass er doch so schnell ein neues Zuhause bekommen sollte. So kam er zu seinem Namen: Milagro, das spanische Wort für Wunder. 
 

 

 
Kaum in Deutschland angekommen, landete er jedoch auch schon wieder im Tierheim. Erneut war nur ein Betonzwinger sein Zuhause. Lisa wurde sofort wütend, wenn sie an die Familie dachte, die ihn einfach, wie ein überflüssiges Gepäckstück, wieder  im Tierheim abgab. "So hätten sie sich  das nicht vorgestellt", erzählten sie Lisa. Milagro hätte auf den Fotos viel jünger ausgesehen. Sie  wollten einen Hund haben, der mit den Kindern draußen im Garten tobte und nicht einen, der vor allem und jeden Angst hätte. Es war schlimm mit anzusehen, wie bei Milagro,  schon nach wenigen Tagen  im Tierheim, jeder Funke Leben  erlosch. Er stand kaum noch auf, wenn jemand an seinem Zwinger vorbei ging und verlor immer mehr an Gewicht. Die Mitarbeiter hatten es auf den Kummer geschoben und ihn immer wieder einen besonderen Futterhappen zugeschoben.

 „Ja leider, es besteht kein Zweifel." Lisa sah dem Tierarzt an, wie betroffen auch er von der Diagnose war. „Wie lange kann er damit noch leben?“ Kaum hatte Lisa die Frage laut ausgesprochen,  hatte sie auch schon  Angst vor der Antwort. „Schwer zu sagen. Es hängt ja viel von dem Lebenswillen des Hundes und auch von der Pflege ab. Unter guten Bedingungen könnte er sogar noch ein oder zwei schöne Jahre haben. Das ist der Vorteil bei einem älteren Tier. Der Krebs streut nicht so schnell. Aber schau ihn dir an. Da ist kein Funkeln mehr in den Augen. Milagro hat sich auch ohne den Krebs schon aufgegeben.“ Die Worte des Tierarztes gingen Lisa auf der Rückfahrt zum Tierheim nicht mehr aus den Kopf. "Es darf einfach nicht sein, dass er hier im Tierheim stirbt!" Wütend haute Lisa auf das Lenkrad. Im Tierheim angekommen brachte sie zuerst den Rüden zurück in seine Box. Ihr graute es davor, über das Ergebnis der Untersuchung mit den anderen zu sprechen. Doch   ihre Kollegin hatte sie nur ansehen müssen, um zu wissen, dass die Diagnose schlimm war. „Dann machen wir es ihm hier noch einmal richtig schön“, versuchte sie Lisa zu trösten. „Nein! Wir finden ein neues Zuhause für ihn!“ „Du glaubst wirklich du findest jemanden der einen alten, großen Hund bei sich aufnimmt, der nicht mehr lange lebt? Lisa wach auf! Solche Menschen gibt es fast nicht mehr!“ „Und ob!“ Wütend funkelte Lisa ihre Kollegin an. Ich schaffe das - egal wie! 






Nur wenige Kilometer entfernt bekam Ilka die gleiche Diagnose von ihrem Arzt: Krebs. Wie betäubt fuhr sie nach Hause. Nur 30 % der Patienten überleben,  hatte der Arzt zu ihr gesagt. Viele  sterben innerhalb von fünf Jahren. Nicht nur die Diagnose, auch  die Ehrlichkeit des Arztes hatte Ilka schockiert. „Das soll jetzt alles gewesen sein?, fragte sie sich. Wie oft hatte sie von einem langen Urlaub am Meer geträumt. Sie war noch nie in den Bergen im Schnee gewesen. Sie hätte so viele Dinge gerne ausprobiert,  aber immer stand ihr ihre Angst im Weg. Später - dann hole ich alles nach, hatte sie sich dann immer vorgenommen. Jetzt würde sie wahrscheinlich noch nicht mal ihre Rente erleben.

„Routine, Routine, jeden Tag der gleiche scheiß Trott“. Schlecht gelaunt warf Ilka, ein paar Tage später,  die Tageszeitung auf den Tisch. Hätte ich doch einfach mal den Mut gehabt und etwas verrücktes in meinen Leben gemacht. Vielleicht sollte ich einfach alle meine Ersparnisse auf den Kopf hauen und eine Weltreise machen! Lustlos blätterte Ilka anschließend beim Frühstück durch die Zeitung. Bei dem großen Artikel über einen Hund aus dem Tierheim verharrte sie.  „Wer zeigt Milagro, dass das Leben auch schöne Seiten hat?", lautete die Überschrift. „Genau so einen Hund habe ich mir immer gewünscht“, seufzte Ilka und schaute sich die Fotos von Milagro an. Eine Tierfotografin war extra ins Tierheim gekommen, um Bilder von dem zotteligen Rüden zu machen. Beim Lesen des Artikels kamen ihr die Tränen. Sie war selbst daran Schuld, dass sie nicht mehr aus ihren Leben gemacht hatte. Aber dieser Hund hatte nie die Chance etwas schönes  kennenzulernen, schoß ihr durch den Kopf. Wie oft hatte sie damit geliebäugelt einen Hund aus dem Tierheim zu nehmen, aber dann doch wieder Angst vor der Verantwortung gehabt. "Auch dafür ist es jetzt zu spät", dachte sie traurig. Aber war es das tatsächlich? Ilka schaute sich wieder die Fotos an. Sie hatte Krebs - der Hund hatte Krebs. Hatte sie sich nicht vor wenigen Minuten noch darüber geärgert, dass sie in ihren Leben nie etwas verrücktes gemacht hatte? 

 
 
 
Nach dem Telefongespräch mit dem Tierheim ging alles ganz schnell. Noch am selben Tag durfte Ilka Milagro kennenlernen. Der Rüde hatte kaum Interesse an ihr gezeigt und weigerte sich mit Ilka  ein paar Schritte vor seinem Zwinger zu laufen. Nur mit Lisa, die ihn von Anfang an betreute, verließ er seine Box.  Der Anblick von diesem Häufchen Elend ging Ilka sehr nahe. Zwei Wochen lang fuhr sie jeden Tag ins Tierheim  und setzte sich einfach zu ihm in seinen Zwinger. Anfangs beachtete er sie kaum. Als er dann nach einer Woche das erste Leckerchen vorsichtig aus ihrer Hand nahm, weinte sie vor Glück.   Heute war endlich der große Tag gekommen und Milagro sollte bei ihr  einziehen. Ilka war nervös wie vor dem ersten Date. Alles war für den Rüden vorbereitet. Ein großes Hundebett stand in einer ruhigen Ecke vom Wohnzimmer. Zwei Näpfe standen in der Küche bereit, um mit Leckereien gefüllt zu werden  und an der Garderobe hing eine Hundeleine mit dem Sicherheitsgeschirr. Und dann saß Lisa  auch schon mit ihm in ihrem Wohnzimmer. Der Rüde hatte sich direkt neben die Tür gelegt und schaute sie mit seinen großen braunen Augen an. Ilka sah in seinem Blick nur Resignation und eine große Traurigkeit. Aber dahinter hatte Ilka das Gefühl, eine kleine Flamme zu sehen. Ich werde alles tun, um seine Augen zum Leuchten zu bringen, nahm Ilka sich fest vor.
 
Lisa staunte als sie zwei Monate später Milagro bei Ilka besuchte. So entspannt, wie er jetzt in seinem großen Hundekorb lag, hatte sie ihn noch nie gesehen. Es war etwas zwischen den beiden, dass sie nicht beschreiben konnte. Sie waren wie zwei Wesen, die sich gesucht und endlich gefunden hatten. Aber sie musste auch ein wenig grinsen - so aufgeräumt und ordentlich wie beim ersten Besuch sah die Wohnung nicht mehr aus. Ähnelte vorher das Wohnzimmer eher einem Möbelprospekt, war jetzt auf dem Boden das Hundespielzeug verteilt und auf dem Sofa lag eine große Decke für den Rüden. Lisa musste an das Holzschild an ihrem Gartentor denken: „Ein Haus ohne Hund ist kein Zuhause“. Ilkas Wohnung war der beste Beweis dafür. Lisas Blick fiel auf einen Stapel Reiseprospekte. „Hast du einen Urlaub geplant?“, fragte sie Ilka. „Ja, ich fahre mit Milagro im Juni an die Ostsee. Er hat doch nie Sand unter den Pfoten gespürt und vielleicht mag er ja auch Wasser.“ Ilka war über sich selbst überrascht gewesen, wie selbstverständlich sie jetzt den Urlaub gebucht hatte. Früher wären ihr zahlreiche Bedenken gekommen: Die weite Fahrt  mit ihrem alten Auto. Alleine in einem Urlaubsort und und und… Mit Milagro an ihrer Seite fühlte sie sich auf einmal wie umgewandelt. Ihr größter Wunsch war einfach nur, dass er glücklich war.  Dafür wäre sie mit ihrem Klapperwagen nicht nur um die halbe, sondern um die ganze  Welt gefahren.


 
 
Ilka und Milagro verbrachten einen herrlichen Urlaub an der Ostsee.  Mila, wie sie  ihn jetzt oft nannte, war in fremden Situationen oft noch ängstlich. Aber immer häufiger siegte jetzt auch  seine Neugierde und seine Unternehmungslust.  Ilka musste oft darüber grinsen, weil der Rüde ihr in dieser Hinsicht so ähnlich war. Auch sie hatte am Anfang oft Angst, wenn ihnen große Hunde entgegenkamen oder wenn er  zu weit in das Meer hinauslief. Seine Lebensfreude war jedoch so ansteckend, dass auch sie sich immer mehr mit ihm traute.  Gelang es Mila  jedoch mal nicht seine  Angst abzuschütteln, sang sie ganz leise: "Coma si - coma sa, da di da, da di da, Coma sie - coma sa - ich bin immer für dich da!" Die kleine selbsterfundene Melodie half nicht nur Mila, sondern auch ihr, ruhiger zu werden.
 
Auch später, als sie wieder Zuhause waren, gestaltete Ilka duch Mila ihren Alltag viel bewusster und machte sehr oft Ausflüge mit ihm. Sie hatten  herrliches Spätsommerwetter und fuhren häufig zum Baden an den Kanal. Der Rüde liebte Wasser und schwamm jetzt sogar ein kleines Stück, wenn Ilka in seiner Nähe blieb. Mittlerweile konnte sie ihn auch überall ohne Leine laufen lassen. Mila entfernte sich nie weit von ihr und kam sofort angelaufen, wenn sie ihn rief. Am liebsten war er jedoch mit ihr im Wald unterwegs.  Wie ein junger Hund sprang er dann auf alle Baumstämme oder verschwand, wenn sie nicht aufpasste, im nächsten Morastloch. Ilka hatte sich den Spruch: „Es geht nicht darum dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“ mit dem Computer groß ausgedruckt und direkt neben ihrem Badezimmerspiegel gehängt. So oft wie möglich, versuchte sie Milagro etwas neues vom Leben zu zeigen. Aus dem dünnen, struppigen Hund, war mittlerweile ein bildhübscher Rüde geworden, der voller Tatendrang steckte. Ilka hätte nie gedacht, dass sie jemals ein Wesen so lieben könnte. Ihren Mila zu beobachten, wie er voller Lebensfreude durch eine Pfütze rannte, machte sie einfach glücklich. Es war so schön mitzuerleben, wie der Rüde die Welt entdeckte.  Wie er  ungläubig die Wellen beim ersten Mal angebellt hatte oder der entgeisterte Gesichtsausdruck von ihm, als eine kleine Maus direkt vor seine Nase über seine Pfoten lief... Alle diese kleinen gemeinsamen Erlebnisse,  verstärkten ihre Bindung zueinander und sie konnte sich ein Leben ohne Mila nicht mehr vorstellen.



 

Zum Glück machte sich der Krebs bei keinem der beiden  stark bemerkbar. Ilka bekam eine ambulante  Chemotherapie. Mila durfte sie begleiten und legte sich dann immer ganz nah neben ihre Liege. Der Rüde spürte sofort, wenn sie die Medikamente nicht gut vertrug und mit Übelkeit zu kämpfen hatte. Er legte dann seinen großen Kopf auf ihren Schoß und schaute sie so lange an, bis sie langsam ihre Melodie vor sich hinsummte. Coma si - coma sa, da di da, da di da, Coma sie - coma sa - ich bin immer für dich da!  Wenn Milagro dann noch mit seinem Wolfgeheule einstimmte, musste sie jedes Mal lachen. Milagro bekam zwar keine Chemotherapie, ging aber auch regelmäßig zum Tierarztcheck. Ilka begrüßte den Tierarzt, der ihn auch schon im Tierheim betreute, immer mit „Wir leben noch!“ „Das sehe ich!“, antwortete er dann jedes Mal mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Ilka machte es stolz, dass er auch jedes Mal sagte: „Dieser strahlende Jungspund ist doch nicht der Milagro!“ 

Zwei Jahre später musste Ilka sich jedoch eingestehen, dass der Krebs langsam anfing, bei Milagro Spuren zu hinterlassen. Die gemeinsamen Runden wurden kürzer und der Rüde war nicht mehr so belastbar. Und trotzdem bestand er bei jedem gefällten Baumstamm darauf seine "Elefantenübung" stolz zu präsentieren. Auch wenn ihm das mittlerweile körperlich schwer fiel. Er ließ sich nur selten seine Schmerzen anmerken.  Ilka lag nachts oft wach im Bett und lauschte den Atemzügen von Mila. Sie hatte große Angst davor ihn zu verlieren.  „Wenn Mila den Kopf nicht hängen lässt, mache ich es auch nicht!“, nahm sie sich in solchen Momenten vor und summte leise  leise "Coma si - coma sa, da di da, da di da, Coma sie - coma sa - ich bin immer für dich da!"




Den Sommerurlaub verbrachten Ilka und Milagro wieder gemeinsam an der Ostsee. Jeden Morgen stand Ilka ganz früh auf und ging mit ihm  an den Strand. Dort saßen sie dann immer dicht nebeneinander im Sand und schauten zu, wie die Sonne über den Meer aufging. In diesen Momenten hätte Ilka so gerne einfach die Zeit angehalten.  Milagro schaffte jetzt nur noch kleine Runden zu laufen und Ilka musste oft stehen bleiben und auf ihn warten. An ihrem letzten Urlaubstag gingen beide noch einmal ihren Lieblingsweg durch die Dünen. Es hatte den ganzen Tag geregnet, aber jetzt kam die Sonne heraus und ein wunderschöner Regenbogen leuchtete am Himmel. Traurig schaute Ilka Milagro an. Sie spürte, dass das ihr letzter gemeinsamer Urlaub sein würde. „Ich würde so gerne vor dir gehen“, dachte Ilka. Sie würde es nicht ertragen, ihren Seelenhund sterben zu sehen. 

"Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Milagro mit dem Krebs so lange Leben würde.", versuchte der Tierarzt Ilka zu trösten und ließ sie mit dem Rüden alleine. Leise summte Ilka:  Coma si - coma sa, da di da, da di da, Coma sie - coma sa - ich bin immer für dich da! Das verspreche ich dir Mila! Egal wo du bist - ich werde dich finden! Danke für alles, ohne dich hätte ich das nicht geschafft!“ Weinend saß Ilka mit Milagro auf dem Boden. Drei Jahre hatten sie gemeinsam gegen den Krebs gekämpft. Ilka hatte den Kampf gewonnen. Ihre Werte hatten sich verbessert und sie galt vorsichtig ausgedrückt als „stabil“, aber für Milagro war die Zeit gekommen Abschied zu nehmen und er schlief in ihren Armen ein. 


*2 Jahre später*

Ilka hatte lange gebraucht sich damit abzufinden, dass Milagro nicht mehr bei ihr war. Die ersten Tage hörte sie noch oft seine Pfoten über das Laminat tapsen und hatte das Gefühl, seine Nähe zu spüren. Danach folgte die schlimme Leere. Aber trotzdem ließ sie sich nicht unterkriegen und machte das was Milagro sie gelehrt hatte: Jeden einzelnen Tag mit Leben zu füllen. Anfangs hatte sie keine Lust alleine in den Urlaub zu fahren. Mittlerweile hatte sich das aber geändert und Ilka hatte ihre Leidenschaft für Wanderurlaube entdeckt. „Viel Auslauf zwischen Bergen und Meer. Mittelgebirge wie der Montseny, wilde Vulkanlandschaften wie die Garrotxa…“ hatte ihr die nette Dame im Reisebüro versprochen. Jetzt war Ilka mit einem großen Rucksack auf dem Rücken in Katalonien unterwegs und genoß die herrliche Landschaft. 
 
 
Auf ihrer Wanderung kam Ilka an einer Schafherde vorbei. Ein großer Hund lag träge in der Sonne, während ein Junghund wild um ihn herumsprang und in ständig an der Rute zog. Ilka musste über den Zwerg lachen. So muss Mila auch als junger Hund ausgesehen haben, schoß ihr durch den Kopf. Der Rabauke hatte genau wie er einen kleinen weißen Fellstreifen an der Brust. „Ist er nicht ein Frechdachs, der kleine Chico!“ Ilka hatte den Schäfer gar nicht bemerkt, der plötzlich neben ihr stand. „Es bricht mir das Herz, dass er nicht bei mir bleiben kann.“ Erstaunt schaute Ilka den Schäfer an. „Warum können Sie ihn nicht behalten?“ „Ich werde ihn den kommenden Wochen zu meiner Tochter ziehen. Ich bin zu alt dafür geworden, das ganze Jahr mit der Herde durch die Berge zu ziehen. Ein junger Schäfer übernimmt meine Tiere, aber er hat eigene Hütehunde und will keinen jungen Flegel, wie er sagt." "Aber er ist doch noch so jung! Da ist es doch normal, dass er etwas wilder ist", antworte Ilka ihm. "Chico ist ein Hund, wie ich ihn in den vielen Jahren noch nie hatte. Er ist, ich weiß nicht wie es beschreiben soll, so ruhelos. Das ist untypisch für diese Rasse. Man hat ständig den Eindruck er wartet auf etwas. Mit seinem Verhalten macht er die ganze Herde verrückt." 



"Mein Amigo kann ich mit zu meiner Tochter nehmen, aber für zwei Hunde ist dort kein Platz."  llka wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Sie hatte sich in den letzten Wochen oft gefragt, ob sie schon bereit für einen neuen Hund in ihrem Leben wäre. Es kam ihr aber jedes Mal, wie ein Verrat gegenüber Mila vor. „Darf ich ihn einmal streicheln?“ „Versuchen Sie ihr Glück, aber er lässt sich nur ungern von jemanden anfassen“, antwortete ihr der Schäfer. „Chico komm zu mir!", versuchte Ilka ihr Glück. Doch der kleine Rabauke war viel zu sehr damit beschäftigt die jungen Lämmchen zu jagen und achtete nicht auf sie. Ohne, dass ihr es bewusst war, fing sie an leise an zu singen. Coma si - coma sa, da di da, da di da, Coma sie - coma sa! Dann geschah etwas, mit dem Ilka nie gerechnet hätte: Der junge Rüde blieb abrupt stehen und wendete den Kopf zu ihr herum. „ Coma si - coma sa, da di da, da di da…“ , sang Ilka weiter.  Chico kam ein paar Schritte  auf sie zugelaufen, setzte sich dann hin  und legte den Kopf schief. Genau wie Mila, schoß es Ilka durch den Kopf.  Coma si - coma sa, da di da, da di da, Coma sie - coma sa - ich bin immer für dich da! Konnte das wirklich sein? Der junge Rüde fing an wie ein kleiner Wolf zu heulen.  Sie wusste in dem Moment nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, als der junge Rüde anfing mit der Rute zu wedeln und zu ihr kam. Vorsichtig ging sie in die Hocke und drückte Chico an sich. Auch der Schäfer hatte Tränen in den Augen. So etwas habe ich noch nie bei einem meiner Hunde erlebt. Als ob er nur auf Sie gewartet hätte. Glücklich schaute Ilka auf das kleine Fellbündel zu ihren Füßen und flüsterte ihm zu: Ich habe doch versprochen dich zu finden, egal wo du bist!

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