1316. - 1323. Tag| Die Welt wie sie mir gefällt ist grün...

Dezember 21, 2020

Eigentlich fällt das folgende Erlebnis ja in die Kategorie "Das erzählst du niemanden", aber es passt einfach zu perfekt zu dem heutigen Thema. Außerdem ist das Schöne beim Blogschreiben ja, dass man das Gefühl hat: Wir sind hier unter uns und wer liest das schon. Also raus damit... Wie ihr wisst lag meine Mutter im Oktober im Krankenhaus. Die Welt ist ja bekanntlich ein Dorf: Obwohl Marl knapp 88.000 Einwohner hat, lag meine Mutter mit einer Nachbarin von uns in einem Zimmer. Ich kannte die Frau und ihren Mann aber nur vom sehen, weil ich jeden Tag mit Gubacca an ihrem Haus vorbeilaufe. An einem Nachmittag war, zeitgleich mit mir, auch ihr Mann im Krankenhaus zu Besuch. Er begrüßte mich nett, aber man konnte ihm ansehen, dass er mich nicht einordnen konnte. Keine Seltenheit, wenn ich ohne Hund unterwegs bin. Irgendwann machte es dann aber doch "klick" bei ihm und er fragte mich: "Sind sie nicht die Frau mit Hund, die mit gesenkten Kopf und oft mürrischen Gesicht regelmäßig bei uns vorbeiläuft?" Autsch, dass saß! So schnell wie normalerweise nur meiner feuriger Spanier auf 300 ist, wechselte meine Gesichtsfarbe in Tomatenrot. Ein peinliches Schweigen breitete sich aus. Meine Mutter versuchte noch die Situation mit einem Lachen und einem Scherz zu retten, aber ich war tiefgekränkt. Ein Vorteil bringt mein "fortgeschrittenes" Alter aber mit sich: Ich habe, bis auf das schnelle rot werden, gelernt meine Gefühle besser zu vertuschen. Und so versprach ich einfach charmant, ihm beim nächsten Mal, mein schönstes Lächeln zu schenken. Aber trotzdem hatte mich dieser Satz sehr getroffen und auch sehr nachdenklich gemacht.


Klar der Spruch von dem Nachbarn war sehr taktlos und wer rennt schon ständig mit einem breiten Grinsen durch die Welt. Ich könnte jetzt auch noch anführen, dass ich bei genau diesem Nachbar immer das Gefühl hatte, er mag keine Hunde und kann auch mich nicht leiden. Aber jetzt kommt auch schon das große ABER: Wenn ich so auf einen fremden Menschen wirke - was strahle ich dann Gubacca gegenüber aus? Mir ist bewusst, dass Angst und Unsicherheit sich auch sofort auf ihn übertragen. Aber wie sieht es mit meiner Grundhaltung aus? Mit der Energie, die ich ausstrahle? Ist das ein "grün" - eine positive Einstellung oder gehe ich nicht viel zu oft angespannt mit "orange" oder sogar "rot" unsere Runde? Wie oft ärgere ich mich über Hundebesitzer, die natürlich keinen Platz auf dem engen Weg machen, fluche über den Radfahrer, der wieder ohne zu klingeln an uns vorbei rast... Darf ich mich dann wundern, dass Gubacca Rüden gerne anblafft, die ihn nur schräg anschauen? Wie oft bin ich nur darauf fixiert, dass es endlich mit der Leinenführigkeit besser klappt? Bin frustriert, dass der Nachbarrüde natürlich wieder ruhig blieb, während mein Exemplar zum Zombie mutierte? Natürlich hake ich den Vorfall nicht einfach ab, sondern ärgere mich noch mindestens die nächsten zwei Kilometer darüber? Natürlich sind diese Gefühle alle menschlich, aber sie sollten nicht meinen Spaziergang bestimmen. Dann zieht Gubacca halt auch mal die ersten Meter, weil er aufgeregt ist - geht davon die Welt unter?

 

Auf jeden Fall mutierte ich nach dem Vorfall im Krankenhaus zu Germanys next Top Model. Ich musste mir nämlich eingestehen, dass der Nachbar auch ein bisschen recht hatte. Ich schaue tatsächlich beim Laufen sehr oft auf den Boden. Das sollte sich ändern und unsere Wohnstraße wurde zum Catwalk. In den folgenden Tagen stolzierte ich mit hoch erhobenen Kopf und einem strahlenden Lächeln an dem Haus des Nachbarn vorbei. Mittlerweile hat das aber auch schon ein bisschen wieder nachgelassen, muss ich zugeben. Aber trotzdem - es lohnt sich, auf die eigenen Gedanken und die innere Haltung zu achten. Mir fällt bei Gubacca zum Beispiel oft eine Veränderung auf, wenn ich gedanklich wieder "Blogbeiträge" schreibe. Irgendwann verliere ich beim Laufen den Fokus auf Gubacca und formuliere im Kopf schon einmal witzige Passagen für meine Blogbeiträge. Dabei kann ich mir ein Grinsen oft nicht verkneifen. Und plötzlich merke ich dann, hey Gubacca zieht ja überhaupt nicht mehr an der Leine, sondern läuft auf einmal vollkommen entspannt an meiner Seite. Vielleicht sollte ich mir doch als Vorsatz für das neue Jahr vornehmen, viel öfters mit einem breiten Grinsen durch die Welt zu laufen! In diesem Sinne, schenke ich euch jetzt mein schönstes Lächeln und wünsche euch einen guten Start in die Weihnachtswoche!

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