1618. Tag | Die Kommunikation unter Hundehaltern

Oktober 14, 2021

Ich habe gerade mal die Überschrift geschrieben, da stolpere ich schon über den ersten Begriff. Hundehalter - was für ein schreckliches Wort! Hundebesitzer macht die Sache aber auch nicht besser. Aber wie nennt man die Menschen, die ihr Leben mit einem Hund teilen? Wer sich jetzt über die leicht gestelzte Ausdrucksweise  "mein Leben teilen..." wundert - ich wollte das Wort "haben" elegant umgehen. Ich habe einen Hund... Schreibt man "haben" nicht nur, wenn man etwas besitzt? Besitze ich Gubacca? Rechtlich gesehen wahrscheinlich ja... Den Sinn oder Unsinn ein Lebewesen als Sache gesetzlich einzuordnen, will ich hier gar nicht weiter bewerten. Aber ihr merkt schon - es ist manchmal verdammt schwer die richtigen Wörter in der Hund-Mensch-Beziehung zu finden.
 

 

Wie gut, dass wir Hundemenschen untereinander mit wenigen kurzen und präzisen Wörtern alles ausdrücken können, oder?! Die wichtigste Kommunikation dabei ist oft, die Geschlechtsangabe des eigenen Hundes. Erstaunlich wie viele Emotionen allein diese Wörter  "...ist ein Rüde!" oder "... ist ein Mädel!" auslösen können. Bei mir zum Beispiel verpufft jegliche Anspannung sofort, wenn mir bei einer Hundebegegnung Frauchen oder Herrchen ein "is'n Mädchen" zuruft. Hier bei uns Zuhause kenne ich ja unsere "Pappenheimer", bei denen ich mich lieber in Position bringe und die Leine ganz fest umschließe. Im Urlaub, wie jetzt vor kurzem bei meiner Schwester, ist das schon schwieriger.  

Auf einer meiner Morgenrunden mit Gubacca kam mir dort ein großer Hund ohne Leine entgegen. Fieberhaft suchte ich  schon nach einem Fluchtweg, als sein Frauchen endlich in Sichtweite kam und mir zurief: "Ein Mädel". Sofort änderten sich bei mir die Emotionen und aus dem ursprünglichen Fluchtgedanke wurde ein "toll eine Spielkameradin". Wäre der freilaufende Hund ein Rüde gewesen hätte ich mich wahrscheinlich zu einer Grundsatzdiskussion über das  kleine "Hunde 1 x1" hinreißen lassen. Sehr gefürchtet bei Herrn Mini-Rütter, der jedes Mal vor Scham im Boden versinken möchte, wenn ich so richtig loslege. Aber bei einer potentiellen, wenn auch schon etwas älteren Spielkameradin, verkniff ich mir einen giftigen Kommentar über den Freigänger und leinte auch Gubacca ab. Ein bisschen irritiert war ich dann aber doch über Gubaccas Verhalten. Hündinnen sind für ihn  überhaupt kein Problem und er mutiert gerne zum feurigen Verehrer. In dem Fall blieb seine Körperhaltung aber leicht angespannt und er war ein bisschen pikiert darüber,  dass der andere Hund ihm am Hinterteil schnüffeln wollte. Genauso pikiert war ich wenige Augenblicke später als das "Frauchen" zu mir sagte: "Is' schon ein älterer Rüde!" Entsetzt schaute ich sie an. Okay, Mini-Rütters Lieblingsausrede "Das ist noch ein junger Rüde!", wenn Gubcacca sich daneben benommen hat, zieht bei einem vier Jahre alten Hund auch nicht mehr lange. Aber alt sieht mein Spanier ja nun wirklich nicht aus! Irritiert schaute ich die Frau an und sie setzte noch einen drauf in dem sie sagte: "Da hängt alles schon ein wenig!" Mein Gesichtsausdruck muss in dem Moment herrlich gewesen sein und ich konnte mir ein "leicht" schnippisches "Mein Rüde ist vier - das würde ich jetzt nicht gerade als alt bezeichnen!"  nicht verkneifen.

"Wieso ihr Rüde?", fragte mich die Frau, "sie sagten doch vorhin sie haben ein Mädchen?!" "Ich? Ich dachte sie meinen ihren Hund?!" "Neeee,  mein Karlchen ist ein Rüde und schon 11 Jahre alt!" Ja so manchmal entstehen mit der "knappen" Ausdrucksweise auch Missverständnisse und jetzt wusste ich warum Gubacca sich etwas verspannter verhalten hatte. Das vermeintliche "Mädchen" Karlchen begegnete uns in den kommenden Tagen noch öfters  und ich musste jedes Mal grinsen, wenn ich ihn sah... 




Die drei Wörter "Ein Rüde?!" können aber auch ganz Mitgefühl und Solidarität ausdrücken. Auf einer unseren Abendrunden sah ich schon von weiten eine Frau mit einem riesigen Hund in unsere Richtung laufen. Und natürlich rannte der Riese 100 Meter vorne weg. Ich muss zugeben, hätte ich eine Möglichkeit zum Abbiegen gehabt - ich hätte gekniffen und wäre der Situation aus dem Weg gegangen. Aber natürlich traf wieder Murphys Gesetzt zu und es gab keine Ausweichmöglichkeit. Zu meiner großen Erleichterung leinte die Frau aber  ihren "Goliath" sofort an, als sie uns bemerkte. Trotzdem hatte ich ein  verdammt mulmiges Gefühl in der Magengegend bei den geschätzten 70 Kilo auf vier Pfoten und dem kleinen Persönchen am Ende der Leine. In solchen Situationen ist es doch immer erstaunlich, wie in der eigenen Wahrnehmung aus einem normalen Feldweg, ein enger Trampelpfad wird. Da hilft nur eins - den eigenen Wohfühlabstand wieder herstellen - auch wenn sich dieser, wie in meinem Fall, auf dem matschigen Acker befindet. "Goliaths" Frauchen hatte wohl ähnliche Sorgen wie ich gehabt und versank auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls im schönsten Matsch. Die ganze Situation bedurfte überhaupt nicht vieler Worte. Ein einziges "auch ein Rüde" spiegelte alle weiblichen Emotionen bei der Begegnung wieder und wir waren beide sichtlich erleichert, das sowohl der Riese wie auch Gubacca einfach ruhig weiter liefen.

Diese Dialoge funktionieren aber tatsächlich nur unter "Hundemenschen". Bei einem gemeinsamen Spaziergang mit meiner Schwester und ihrer Freundin, musste ich mit Gubacca an drei Frauen mit ihren Hunden vorbei. Gemütlich plaudernd versperrte  uns  das Trio fast den kompletten Weg.  Und natürlich wurde auch erst widerwillig angeleint, als einer der Rüden giftig wurde. Gubacca blieb davon unbeeindruckt und lief entspannt neben mir her. Kaum waren wir wenige Meter entfernt, hörten wir sein Frauchen zu den anderen sagen: Das war bestimmt ein Rüde! Meine Schwester und ihre Freundin waren über diese Bemerkung stinksauer. Schließlich hatte sich Gubacca ja vorbildlich benommen und ihr Hund war aggressiv geworden. Am liebsten wären sie umgedreht und hätten der Frau ein paar Takte dazu gesagt. Zum Glück konnte ich beide noch daran hindern. Ich wusste, dass die Frau überhaupt nichts negatives über Gubacca sagen wollte. Ihr war das Pöbelverhalten ihres Hundes peinlich gewesen und die beste Ausrede für so ein Verhalten ist doch "das war bestimmt ein Rüde"...  Ich muss zugeben, da ist mir Mini-Rütters  Ausrede "Das ist noch ein jünger Rüde" eindeutig lieber. 

Bestimmt fallen auch euch noch viele Situationen ein, in denen die magischen drei Worte "ist ein Rüde" einen ganzen Dialog ersetzen können. Und natürlich funktioniert das mit einem "Mädel" genauso! In diesem Sinne, wünsche ich euch einen schönen Donnerstag!


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