1145. - 1150. Tag | KopfSachen

Juli 01, 2020

Ich muss immer schmunzeln, wenn ich an unsere ersten Stunden bei Gabi zurückdenke. Das Training findet immer in Form eines gemeinsamen Spazierganges statt und Gabi war sofort begeistert, wie gut Gubacca im Freilauf hörte. Die Schleppleine blieb schnell im Kofferraum und der Musterschüler durfte viel frei laufen. Was Gabi aber mehr als "befremdlich" fand, war meine Neigung, Gubacca ständig wieder anzuleinen, weil ich eine potentielle Gefahr gesichtet hatte. Meine Auslegung des Begriffs "Gefahr" war hierbei breitgefächert: Radfahrer, Spaziergänger, Jogger, Kühe, Pferde...

Grundsätzlich spricht ja nichts dagegen seinen Hund anzuleinen, wenn man an Spaziergängern vorbeigeht oder ein Rennradfahrer einen im mörderischen Tempo überholt. Meine "Objekte" befanden sich aber in der Regel noch in gut 100 Meter Entfernung. Anfangs fragte Gabi mich noch irritiert, warum ich "Chewy" (manche Leute finden den Namen Gubacca doch tatsächlich schrecklich) SCHON WIEDER (!) anleinen würde. Nach kurzer Zeit ging ihr meine ständige An- und Ableinerei aber salopp formuliert ziemlich auf den Geist und sie sah starken Trainingsbedarf. Natürlich nicht bei ihren geliebten Musterschüler "Chewy", sondern logisch, wieder bei mir. "Hat Gubacca schon einmal einen Spaziergänger angesprungen?" Dummerweise konnte ich diese Frage nur mit "nein" beantworten. Aber bei den Radfahrern konnte ich punkten und ein Erlebnis zum Besten geben, bei dem Gubacca nicht nur einen, sondern gleich einen ganzen Rentnerclub auf dem Drahtesel hintergejagt ist. "Wie alt war Chewy denn da?" fragte mich Gabi. "Mmhhh, muss ich überlegen... 18 Monate oder so..." "Und heute würde er das auch noch machen?" "Weiß ich nicht", musste ich zugeben. "Denn seit diesem Erlebnis leine ich Gubacca sofort an, wenn ich nur in weiter Ferne einen Radfahrer erspähe."



Auch Pferdekoppeln und Kuhweiden waren für mich immer ein Grund sofort zur Leine zu greifen.  In meinem Kopfkino spielten sich wahre Dramen ab. "Wovor hast du Angst Bine?", fragte mich Gabi. "Ich werde nie vergessen, wie Chiru einmal auf die Koppel rannte und die Pferde jagte. Zum Glück ist damals nichts passiert." "Aber Gubacca ist nicht Chiru", kam  natürlich  prompt von ihr. "Gubacca hört so toll auf unseren Spaziergängen. DU musst lernen ihm zu vertrauen. Es hilft nichts, wenn nur Chewy sich weiterentwickelt und du geistig auf deinen alten Stand stehen bleibst".

Und Gabi hatte recht. Mittlerweile laufen wir jeden morgen an den Kühen und Pferden bei uns im Feld vorbei ohne, dass ich zur Leine greifen muss. Auch bei Radfahrern und Spaziergängern, die uns entgegenkommen reicht es vollkommen aus, wenn ich Gubacca zur Seite nehme und ihn auf meiner Höhe neben mir herlaufen lasse. Natürlich mussten wir in den vergangen Monaten auch gemeinsam daran arbeiten, dass Gubacca sich stärker an mir orientiert. Ich habe viel an der Bindung, aber auch an meiner Präsenz ihm gegenüber gearbeitet. Aber alles das wäre erfolglos gewesen, wenn nicht auch bei mir im Kopf ein Umdenken stattgefunden hätte. Dazu gehört  nicht nur ihm in vielen Situationen einfach zu vertrauen, sondern auch zu verinnerlichen, dass er sich in seiner Persönlichkeit verändert hat. Nur wenn auch wir 2-Beiner diese Entwicklung bewusst mitmachen, verändert sich ein Verhalten auch dauerhaft. Wie sagte  Gabi bei unserer ersten Stunde so schön: "Dein Chewy wird sein Verhalten ganz schnell ändern - du bist die jenige die wahrscheinlich härter an sich arbeiten muss und ein bisschen länger brauchen wird..."





Jetzt merke ich immer öfters, dass es auch bei mir "klick" gemacht hat. Meine Ruhe auf den Spaziergängen hat sich auch auf Gubacca übertragen. Meine innere Überzeugung und das Vertrauen wirken mittlerweile wie ein Magnet bei ihm. Wenn ich es jetzt noch schaffe meine Angst bei Begegnungen mit großen Rüden zu verlieren - ja dann habe ich alle meine Wunschziele, die ich zu Beginn meines "persönlichen Coaching hatte, erreicht ;-). Wir arbeiten dran - heute nachmittag treffen wir wieder Gabi und "schmeißen" uns hoffentlich in das Getümmel mit Hundebegegnungen... Aber bei meinem Glück oder Unglück ist wahrscheinlich auf der beliebten Gassistrecke in Haltern nichts los...



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2 Kommentare

  1. So ist es ja oft. Meistens sind es wir Menschen, die umdenken müssen und lernen müssen. Unsere Hunde sind da deutlich flexibler.
    Ich wünsche euch viel Erfolg beim Spaziergang.

    Liebe Grüße
    Auenländerin

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  2. Ich gebe zu, ich kann Dich mehr als gut verstehen - auch bei uns sorgen oft Erinnerungen an längst vergangene Ereignisse für unser Verhalten. Es stimmt schon, dass der Mensch sich auch entwickeln muss ... aber manchmal ist unsere Erfahrung etwas, was man m´nicht einfach abschalten kann.
    Ich freue mich, dass es bei euch immer noch besser wird und ich finde, ihr habt euch zu einem tollen Team entwickelt.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Cara und Shadow

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Liebe Grüße
Bine & Gubacca