Manche Dinge ändern sich (zum Glück) nie

September 05, 2025

Homeoffice klingt ja immer so modern. In Wahrheit sitze ich mit zerzausten Haaren und kaltem Kaffee vor dem Rechner und tippe. Währenddessen liegt Gubacca irgendwo im Raum und „arbeitet“ auf seine Weise: dösend, schnaufend, hin und wieder seufzend, als wolle er mir zeigen, dass sein Job mindestens genauso anstrengend ist wie meiner.

Ich habe mir eine kleine Marotte angewöhnt: Sobald ich den Dienstrechner zuklappe, entweicht mir ein langgezogenes „soch“. Für Außenstehende unverständlich, für uns das magische Codewort. Übersetzt bedeutet es: Gubacca-Time. Mittagspause. Schönes Wetter ausnutzen. Große Runde laufen.

Normalerweise steht mein "kleiner" Spanier schon bei der letzten Silbe in den Startlöchern. Heute – nichts. Kein Trippeln, kein erwartungsvolles Schütteln des Fells. Ich schaue in die Sofaecke, in der er sonst gern liegt – leer. Keine Pfote, die hervorlugt. Schon will sich in mir ein Anflug von Unruhe breitmachen, da höre ich es: ein leises Schaben. Blick unters Sofa – und da liegt er. Mal wieder. Runter kommt er immer, raus nie.

Shaggy Catalan Sheepdog Gubacca liegt halb unter einem Ikea Söderhamn Sofa, Kopf schaut hervor, Augen treu und erwartungsvoll.


Und während ich das schwere Möbelstück hochstemmen muss, damit der Herr wieder ins Licht krabbeln kann, muss ich lachen. Es ist so typisch für ihn. Er denkt nie darüber nach, ob er den Rückweg schafft. Wozu auch? Für ihn ist völlig klar: Frauchen wird’s schon richten. Eigentlich eine riesige Ehre, dieses Vertrauen. Und gleichzeitig bewundere ich seine Hartnäckigkeit. Egal wie viele Barrieren ich unter das Sofa stopfe, Kissen, Kisten oder Bücher – Gubacca findet immer wieder einen Weg hinein. Das Ziel ist für ihn immer wichtiger als die Umstände. In solchen Momenten wird mir bewusst, wie schön es ist, dass sich manche Dinge einfach nie ändern.

Natürlich blieb es nicht bei dieser Szene. Kaum befreit, folgte das nächste Kapitel im Buch „Marotten eines Gos“. Gubacca begann zu niesen. Nicht einmal, nicht zweimal – eine ganze Serie. Immer wenn er aufgeregt ist, bricht bei ihm ein Heuschnupfensturm aus. Ein so harmloses wie herzerwärmendes Spektakel. Manchmal wirkt es, als würde sein Körper für ihn übernehmen, wenn er vor lauter Gefühlen nicht weiß, wohin damit.

Und dann dieses Zähneklappern. Nein, nicht vom Frieren, sondern wenn er mit einer Situation überfordert ist. Während andere Hunde bellen oder sich wegducken, klingt Gubacca wie eine Klapperschlange auf Speed. Eine skurrile Übersprungshandlung, die mich gleichzeitig zum Schmunzeln und zum Grübeln bringt: Wie viele solcher kleinen Eigenarten man wohl erst versteht, wenn man sie Tag für Tag miterlebt.

Mein unangefochtener Favorit ist aber das „Kopfbänkchen“. Klauen würde er nie – viel zu unanständig. Aber seinen Kopf auf jede erreichbare Ablage legen? Oh ja. Ob Couchtisch, meine Beine oder das kleine Klapptischchen im Strandkorb: Für Gubacca sind all das liebevoll entworfene Kopfstützen. Am liebsten natürlich direkt nach dem Trinken, wenn das Bärtchen trieft und er eine kleine Pfütze hinterlässt. Manchmal denke ich, wenn er etwas für Hunde erfinden würde – es wäre ein tragbares Kopfbänkchen, garantiert in allen Größen.

Gos d’Atura Català Gubacca liegt im Strandkorb und legt den Kopf entspannt auf das kleine Tischchen, Fell zottelig, Ausdruck zufrieden.


Und doch gibt es Marotten, die leiser geworden sind. Seine Leidenschaft fürs Wasser zum Beispiel. Früher konnte ich ihn als „Wassersucher“ einsetzen. Jeder Bach, jeder Rinnsal, jede unscheinbare Pfütze bedeutete: „Tschüss Frauchen, ich bin dann mal weg.“ Ich wusste vor ihm gar nicht, dass unser Ort so viele Bachläufe hat – ein kleines Venedig, das mir bis dahin verborgen blieb. Heute dagegen macht er einen großen Bogen um alles, was nass macht. Praktisch für die Wohnungseinrichtung, klar. Aber manchmal vermisse ich diesen Schalk, der ihm aus jeder Wasserlache ins Gesicht grinste.

Und dann, wenn er trotz seiner acht Jahre plötzlich wieder loslegt, wenn alte Flausen für einen Moment durchbrechen – dann ist es, als würde die Zeit kurz anhalten. Ein kleiner Reminder, wie viel wir schon erlebt haben. Und wie viel Glück in den kleinen, unscheinbaren Eigenarten steckt.

Manche Dinge ändern sich nie. Zum Glück.

Und so ziehe ich mir die Jacke an, renne natürlich noch dreimal zurück, weil mir doch wieder irgendwas einfällt – auch Frauchen hat schließlich ihre Marotten. Am Ende stehen wir dann beide an der Tür. Er mit diesem Blick, der sagt „Na endlich“, ich etwas außer Puste. Und dann marschieren wir gemeinsam los.

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