1665. Tag | Was war zuerst da? Das Huhn oder das Ei?

Dezember 04, 2021

Letztes Wochenende war Lottchen seit längerer Zeit mal wieder Übernachtungsgast bei uns. Mit zunehmenden Alter - Lottchen ist im Mai acht Jahre alt geworden - merkt man ihr an, dass ihr die Eingewöhnung bei uns immer schwerer fällt. Man könnte fast ein bisschen gekränkt sein, wenn man am ersten Tag sieht, wie sie gegen Abend dann doch immer ganz erwartungsvoll zur Haustür schielt, ob sie nicht wieder abgeholt wird. Aber natürlich nehme ich es ihr  nicht übel. Es ist ja auch sehr schön, dass sie so eine enge Bindung zu meinen Eltern hat und sich in ihrem Zuhause am Wohlsten fühlt.
 
 
Freitag Abend wurde dann auch prompt der "Futterstreik" von Lottchen eingeleitet und ihr Napf blieb unberührt. Wer sich darüber besonders gefreut hat, könnt ihr euch bestimmt vorstellen. So eine Zwergen-Mahlzeit ist doch ein willkommener Nachtisch für Gubacca. Der Blick war göttlich als Frau Lottchen eine halbe Stunde später hoheitsvoll in die Küche marschierte, um doch noch mal einen Blick in ihren Napf zu werfen und diesen leer vorfand. Nachschlag gab es keinen an dem Abend. Das Thema "Hungerstreik" war dann auch durch für das Wochenende. Danach achtete Lottchen sehr genau darauf, rechtzeitig parat zu stehen, wenn die "Raubtierfütterung" anstand. Ja bei kleinen mäkeligen Hundedamen ist ein "Nimmersatt" wie Gubacca doch sehr praktisch. Im Gegenzug verschafft  Lottchen mir, wie ihr schon öfters lesen konntet, immer einen besonders anhänglichen und schmusigen Gubacca. Der es sich natürlich auch nicht nehmen lässt, gemeinsam mit den beiden Damen gemütlich auf dem Bett zu kuscheln. Normalerweise hält er es dort nur wenige Minuten aus und verschwindet lieber in seinen Korb. Ach so ein zweiter Hund ist doch in vieler Hinsicht sehr nützlich.
 
Dafür sehe ich mich jedesmal mit ganz neuen "Hunde-Unarten" konfrontiert.  Klein-Lottchen ist ein echter Wachhund! Sie hatte den Gartenzaun mal wieder voll im Griff und wehe die Türklingel wurde betätigt! Ich bin  immer wieder erstaunt, was für ein kraftvolles Stimmchen in so einem kleinen Hund stecken kann und bin froh, dass Gubacca sich nicht anstecken lässt. Denn gerade das sind alles Dinge, die ich von Anfang an erfolgreich bei ihm unterbunden habe.  Mein Mini-Rütter jedoch ist begeistert von dem Bellkonzert. Endlich ein Wachhund! Er ist bis heute noch darüber entsetzt, dass ich Gubacca seine Aufpasser-Qualitäten im Haus erfolgreich abtrainiert habe.  Ansichtssache sage ich nur und werfe einmal Begriffe wie Hotel, alleine bleiben, Ferienwohnung... in die Waagschale. 
 
Was Lottchen bei uns immer so richtig verflucht, ist das morgendliche frühe Aufstehen. Sie ist eine leidenschaftliche Langschläferin und findet es vollkommen unnötig  um 7 Uhr  schon rauszugehen.  Ich muss immer grinsen, wenn sie morgens schon  auf den ersten 200 Metern schnell alles erledigt,  damit wir umdrehen können. Das ist mit Gubacca aber überhaupt keine Option. Er legt sehr großen Wert darauf  bereits am frühen Morgen  alle Markierungsarbeiten rund um unser Wohnviertel abgeschlossen zu haben. Wenn man mit  Lottchen draußen unterwegs ist, sieht man schon nach wenigen Metern wie sie drauf ist. Wenn es sich nicht gerade um die Morgenrunde handelt,  tippelt sie fröhlich hinter mehr. Aber wehe ihr ist eine Laus über die Leber gelaufen. Dann wird sie zum "Preiscatcher". Die Vorderbeine breit auseinander mutieren die 5 Kilo-Fliegengewicht in die Schwergewichtsklasse und es wird alles und jeder angeblafft. Gubacca lässt sich in so einem Fall nicht zweimal bitten. Die Rute geht steil nach oben und der Kringel an der Spitze erinnert mich jedes Mal an die Stange eines Autoscouter auf der Kirmes. Die Rute steht hierbei genauso unter Strom. Während Lottchen es dann bei einem "Lass mich ja in Ruhe!" belässt, ist der feurige Spanier  "redseliger". 



Von daher  lege ich bei Lottchens Besuchen bei dem Thema "Wer geht raus" immer gerne  eine vornehme Zurückhaltung an den Tag. Die kleinsten Ansätze von Herrn Mini-Rütter in Richtung "Soll ich vielleicht mit Lottchen gehen..." werden sofort freudig von mir angenommen und ich marschiere schnell mit Gubacca alleine los. Dieses Wochenende hat das jedoch leider nicht so hervorragend wie sonst funktioniert. Mein Herr Mini-Rütter schlug am Samstag einen gemeinsamen Spaziergang mit den beiden vor und ließ sich das auch nicht ausreden. Sein geplantes Ziel "bei den Störchen" löste ebenfalls keine Begeisterung bei mir aus. Bei mir setzte sofort das berühmte Kopfkino ein. Und meine Lieblingssparte sind dabei eindeutig die "Horrorfilme". Der letzte gemeinsame Spaziergang  dort verlief nicht so toll und ich konnte Gubacca an der Leine kaum bändigen. Aber Herr Mini-Rütter ließ sich sich von seiner Gemeinschaftsaktion leider nicht abbringen und bestand auf den gemeinsamen Spaziergang. Direkt nach dem Aussteigen aus dem Auto erfüllten Lottchen und Gubacca auch direkt alle meine Erwartungen. Es wurde an der Leine gezerrt, alles angekläfft und schon nach wenigen Minuten war ich restlos genervt. Natürlich konnte ich mir auch ein  "Ich habe doch gleich gesagt, das bringt nichts mit den beiden gemeinsam zu laufen!" nicht verkneifen. Mit der darauf folgenden, schon fast philosophischen Antwort von Herrn Mini-Rütter hätte ich nie gerechnet. "Was war zuerst da - das Huhn oder das Ei?!" Sprachlos schaute ich meine bessere Hälfte an. "Was hat das jetzt damit zu tun, dass man mit den beiden einfach nicht anständig spazieren gehen kann?!" "Dann denk mal darüber nach, wie du dich seit dem Aussteigen benommen hast" - sprach der Gatte, nahm Lottchens Leine und marschierte mit der kleinen Pöbel-Dame vorraus. 

Und soll ich euch etwas gestehen: Der Herr Mini-Rütter hatte sogar ausnahmsweise mal recht! ICH war direkt beim Aussteigen schon total genervt und ruckte ständig an Gubacca´s  Leine. Aus Erfahrung wusste ich ja, dass die Spaziergänge mit den beiden nicht so gut verlaufen. Letztendlich stellt sich nur die Frage wer ist der Auslöser für den Stress? Was war zuerst da: Das Huhn oder das Ei? Reagieren die beiden so gestresst, weil ich direkt genervt bin oder ist es anderes rum? Genauso wie die Frage ob Huhn oder Ei zuerst da waren, lässt sich auch das nicht leicht beantworten. Im Zweifel für den Angeklagten. Von daher gehen wir einfach mal davon aus, dass mein Verhalten eine Folge von den beiden Pöbelhunden ist. Aber trotzdem ist es wichtig, sein eigenes Verhalten zu reflektieren und möglichst abzustellen. Was in meinem Fall bedeutet: Wenn ich es nicht schaffe, die "alte Schublade" mit Erfahrungen zu verschließen und ruhig zu bleiben, werden auch Lottchen und Gubacca nicht entspannt bleiben. Nach dieser Einsicht folgte ich Herrn Mini-Rütter und nahm mir vor in Zukunft doch mal öfters einfach das Kopfkino abzuschalten.

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen 2. Advent bei hoffentlich endlich mal wieder trockenen Wetter.

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