Nachgefragt: Einmal Serra, immer Serra?!

Juli 04, 2018

Es gibt ja einige Rassen, da muss ich gestehen, sehen für mich alle Hunde gleich aus. Die hellen Labradore zum Beispiel, bei uns im Ort, kann ich  nur anhand ihrer Frauchen bzw. Herrchen unterscheiden. Beim Gos hat man es da ja erheblich leichter und ich bin immer wieder fasziniert davon, wie vielfältig die Rasse in ihrem Aussehen ist. Trotzdem gibt es immer wieder auch "Gossis", bei denen ich auf den Fotos denke: "Das ist doch Gubacca!" So ging es mir auch bei dem Foto von Christine mit ihrer Hündin Alegra. Das helle Fell und die  dunkle Maske, der Gesichtsausdruck - das könnte auch Zwerg-Riese sein! Umso erstaunter war ich dann aber auch als ich hörte bzw. las, dass Alegra überhaupt kein Gos d´ Atura Català, sondern ein  Cão da Serra de Aires ist. Ob der Cão da Serra de Aires dem Gos auch im Wesen so ähnlich ist? Ich habe nachgefragt!


Christine & Alegra

"Die kleinen Serras erblickte das Licht der Welt und gleich auf dem ersten Foto das ich auf der Homepage sah, wusste ich welche Hündin zu mir kommen sollte. Und so ist es dann auch gekommen."



-----  Herkunft und Aussehen  Cão da Serra de Aires -----

Die Herkunft der Rasse ist nicht ganz geklärt. Man vermutet, dass er vom Briard und vom Wesen her dem französischen Berger de Pyrénee sehr ähnlich ist. Der Cão da Serra de Aires ist von seinem Wesen sehr lebensfroh, agil, lustig, treu, verspielt, verschmust und Fremden gegenüber etwas zurückhaltend. Außerdem ist er sehr intelligent, lernt sehr schnell, vergisst selten was er mal gelernt hat und ist wachsam, aber nicht aggressiv. Auch heute arbeiten die Hunde in Portugal noch sehr eng mit dem Schäfer zusammen und hüten Ziegen, Schafe, Schweine, Rinder, Pferde und das sehr selbständig. Dabei ist der Cão ein sehr guter Beobachter.




Das Fell ist mittellang bis lang, glatt bis leicht gewellt, erinnert eher an Ziegenhaar und hat kaum Unterwolle. Wobei die Fauwn, bzw. gelbfarbenen meist ein wenig mehr Unterwolle haben, wie die Schwarzen. Als Fellfarbe ist Lohfarben, Schwarz/Tan, Brown/Tan, Wolfsgrau sowie Schwarz mit mehr oder weniger rotbraunen Abzeichen beschrieben.


----- Wie ich zu der Rasse kam -----

Man könnte sagen, die Rasse hat mich gefunden. Zuvor hatte ich knapp 18 Jahre eine Mischlingshündin, Sheila. Ich hatte Sheila im Oktober 1996 als 12 Wochen alten Mischling von privat gekauft. Laut Besitzer war sie eine Mischung aus Boxer und französischen Pyrénéenhund. Nachdem wir sie im August 2014 erlösen lassen mussten, wollte ich keinen Hund mehr. Aber nach etwa drei Monaten suchte ich im Netz nach Rassen, die meiner Hündin am ähnlichsten sahen. Wenn ich wieder einen Hund wollte, dann sollte er auf jeden Fall wieder viel Fell haben.


Unsere Mischlingshündin Sheila


Bei meiner Suche stieß ich dann auf den Gos d' Atura. Also schaute ich auf verschiedene Züchterseiten und informierte mich über die Rasse im Internet. Im Frühjahr 2015 hatte ich dann auch eine Züchterin gefunden, die noch Welpen frei  hatte und wir vereinbarten einen Termin zur Besichtigung. Doch dann kam alles ganz anders. Zwei Tage vor dem Besichtigungstermin brach ich mir den Fuß. Also wurde aus diesem Termin zunächst mal nichts. Da ich im Anschluss sechs Wochen auf einen Gipsschuh angewiesen war, war es leider zu früh für einen Welpen. Nun hatte ich wieder Zeit und surfte im Netz und suchte nach späteren Würfen des Gos d' Atura. Dabei stieß ich auf eine Züchterin, die Cão da Serra de Aires züchtet. Die Homepage sprach mich an, nur unter der Rasse konnte ich mir nichts vorstellen. Es stand dabei, dass der  A-Wurf erwartet wird. Auf der Züchterseite wurde auch der Charakter dieser Rasse beschrieben und ich nahm Kontakt zu der Züchterin auf und informierte mich ausführlicher. Mein Interesse war geweckt und ich bat sie, mich als Interessentin zu notieren. Zwei Tage später erblickten die kleinen Serras das Licht der Welt. Gleich auf dem ersten Foto, das ich auf der Homepage sah, wusste ich welche Hündin zu mir kommen sollte. Und so ist es dann auch gekommen.

Alegra mit 2,5 Wochen

Alegra 6 Wochen alt


Nach 8,5 Wochen durften wir die kleine Maus zu uns nach Hause holen. Es war so eine Freude, weil sie so witzig war und uns auf Schritt und Tritt verfolgte. Alles was sich bewegte, wurde sofort begutachtet und damit gespielt. Da es zu diesem Zeitpunkt sehr heiß war, gingen wir mit ihr die ersten zwei Wochen nur in den Garten, damit sie sich die Füßchen auf der heißen Teerstraße nicht verbrannte. 

Mit 10 Wochen gingen wir das erste Mal in die Hundeschule, wo sie sich noch etwas schüchtern verhielt. Aber beim zweiten und dritten Mal taute sie immer mehr auf und ich hatte auf einmal einen Gummiball zu Hause und auf dem Platz. Sie lernte sehr schnell und führte ihre Aufgaben zielstrebig aus. Doch das Beste für sie war das Spiel auf dem Platz. Nach etwa vier Wochen war sie jedes Mal schon so aufgepuscht, wenn wir nur in die Nähe der Hundeschule kamen, dass ich zunächst mal das Training abgebrochen habe. Mit sechs Monaten ging ich dann wieder zum Junghundetraining, das in der Halle stattgefunden hat. Da merkte ich schnell, dass sie sich keine Stunde konzentrieren konnte und nach etwa 30 Minuten den Clown gespielt hat. Alle um uns herum lachten und amüsierten sich. Sie kommunizierte auf einmal mit mir, legte sich in Platz, rollte sich auf den Rücken und wollte nur spielen. Dann biss sie wieder in die Leine, hüpfte hoch wie ein Flummi und somit war für die das Training beendet. Leider muss ich aus heutiger Sicht sagen, dass die Trainer, es waren immer zwei anwesend, es nicht erkannt hatten, dass Alegra überfordert war. Da kamen Anweisungen, ich soll dem Hund zeigen, wer der Herr ist. Ich sollte das Leinebeissen unterbinden und dem Hund eine richtige Ansage machen. Je mehr ich bei Alegra mit Druck arbeitete, desto mehr bekam ich Gegendruck von ihr und es ging gar nichts mehr. Daraufhin verließ ich die Hundeschule und machte erst mal gar nichts mehr. 

Alegra, 5 Monate alt


Nach einer Weile suchte ich mir eine Trainerin für eine Einzelstunde, da Alegra ständig in der Leine hing und uns hinter sich her zog. Alle Trainingsmethoden, die ich zur Leinenführigkeit bis dahin gelernt hatte, führte leider nicht ans Ziel, anständig an der Leine zu gehen. Ich hatte mich an eine Trainerin gewandt, die nach dem Leitwolftraining vorgeht. Nach zwei Stunden Einzeltraining war Alegra so was von verändert und eingeschüchtert, dass ich sie nicht wieder erkannt habe. Laut dieser Trainerin hatte unser Hund überhaupt keinen Respekt vor uns und wir sollten sie zu Hause an einem Platz anbinden, und solange da lassen, bis sie von selbst auf dem Platz liegen bleibt. Das konnte ich nicht über mich bringen und sagte die weiteren Stunden ab.

Ein halbes Jahr später lernte ich meine heutige Trainerin (Mantrailing) kennen und mit ihr wurde alles besser. Sie öffnete uns die Augen, dass Alegra noch viel mehr Ruhe brauchte, als sie bisher hatte. Da kommt nun die absolute Konsequenz ins Spiel. Wir mussten darauf achten, dass sie noch mehr Ruhephasen hatte. Ab sofort waren weniger bzw. kleinere Gassirunden angesagt, da die Umwelt ihr genug Stress machte. Und, wir mussten sie tatsächlich hin und wieder am Tischbein an ihrem Hunde-Geschirr festmachen, damit sie uns nicht ständig hinterher laufen konnte. Sie hat das aber sehr schnell kapiert. Auch wenn sie heute immer wieder versucht uns hinterher zu laufen, müssen wir darauf bestehen, dass sie liegen bleibt, was sie dann auch anstandslos macht. Es gibt viele Sachen, die an manchen Tagen problemlos funktionieren und an anderen Tagen wieder hinterfragt werden.

 Alegra und Akhiro


Inzwischen ist Alegra 3 Jahre alt und wird so langsam erwachsen. Was bei der Rasse normal ist. Die Leinenführigkeit wird von Woche zu Woche besser und ohne Leine gibt es gar keine Probleme. Sie ist in ihrem Handeln sehr selbständig, sehr neugierig und ein absoluter Dickkopf. Wenn sie sich in den Kopf gesetzt hat, da hinten ist etwas interessantes, da will ich jetzt zuschauen, dann bleibt sie stehen oder geht ins Sitz und rührt sich nicht mehr vom Fleck, bis sie die Situation komplett aufgesaugt hat. Mit  meiner Stimme kann ich sie sehr gut führen. Bin ich aufgeregt, puscht sie sich sofort hoch. Rede ich leise und langsam funktioniert alles Bestens. Bin ich aggressiv oder ärgert mich etwas an ihr schaltet sie sofort auf stur um, macht sich teilweise sogar steif und ich erreiche bei ihr gar nichts mehr. 



Die Population vom Serra de Aires ist in Deutschland sehr gering, und es gibt derzeit nur drei Züchter. Es ist meiner Meinung nach nicht leicht, geeignete Zuchttiere, die auf der ganzen Linie gesund sind und gesunde Nachfahren zeugten, zu finden. In den 90 Jahren und Anfang 2000 soll leider mit einigen Tieren gezüchtet worden sein, die an Epilepsie erkrankt waren. Deshalb hat der Serra de Aires auch einen schlechten Ruf. Aber ich möchte unsere Alegra nicht mehr missen. Sie hat einen leicht federnden Gang und ist eine absolut verschmuste Hündin. Sie  kommuniziert richtig mit uns  und gibt Laute von sich. Sie steht dann oft vor uns und hält meist den Kopf dabei schief. Alegra ist  ein absoluter Clown (deswegen  hat die Rasse in Portugal auch den Namen "Affenhunde" bekommen), ist verspielt, kinderfreundlich, und sogar zu Fremden hält sich das Misstrauen in Grenzen. Wenn sie freundlich angeredet wird, ist das Eis schon gebrochen und sie holt sich ihre Streicheleinheiten ab. Außerdem ist Alegra ein Biber-Caot. Wasser ist ihr Element. Sie hält uns aber genauso den Spiegel vor, wie ich es bei Gubacca gelesen habe. Da sind sie sich sehr ähnlich. Optisch gibt es zwischen den beiden Rassen kleine Unterschiede. Der Serra ist im Gegensatz zum Gos im Körperbau etwas länger und hat einen schmaleren Kopf. Ihm fehlt auch die für dem Gos typische pigmentierte Zunge.

Alegra liebt Wasser - ein echter Biber-Caot

Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich am Anfang auch zu ehrgeizig mit Alegra gewesen bin. Mit 10 Monaten habe ich mit ihr Trick Training angefangen. Sie hat es wirklich toll gemacht. Aber ich habe sie dadurch auch überfordert, weil ich sie eben noch nicht richtig lesen konnte. Wir sind gerade am überlegen, ob wir uns einen zweiten Serra anschaffen oder vielleicht auch einen Gos. Eventuell  könnte es auch Gos-Mischling aus dem Tierheim bzw. Tierschutz sein. Wir werden sehen, was die Zeit mit sich bringt.  Auf jeden Fall würde ich aus heutiger Sicht einen Welpen zunächst beibringen, zu schlafen und die Umwelt nur ganz langsam kennen zu lernen. Was für mich noch wichtiger geworden ist, wenn ich mir noch mal einen Welpen anschaffe, dass er mindestens 10 Wochen bei der Mutter bleibt. Auch wenn das für die Züchter Mehrarbeit bedeutet, aber dem Kleinen Serra tut es gut.  Ich hatte meine mit 8,5 Wochen im Juli geholt, und kann sagen, dass es einfach zu früh war. Sie war einfach noch nicht reif genug. Wir hatten im September das erste Welpentreffen, und da ist Alegra nur ihrer Mutter hinterher gerannt. Wir waren da Nebensache. 

Ja ich würde mir sofort wieder einen Serra anschaffen, denn er ist witzig, verspielt, hütet unsere Hennen ausgezeichnet und ich bevorzuge das Fell mit weniger bzw. keiner Unterwolle im Gegensatz zum Gos.

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Vielen Dank Christine für das wunderbare Portrait über den Cão da Serra de Aires und deine Alegra.
Mein persönliches Fazit ist, dass Gubacca und Alegra sich nicht nur optisch ähneln, sondern ich habe teilweise schon das Gefühl gehabt, ich würde selber hier über Gubacca schreiben. Auch ich kam ja zu dem Gos, weil ich mir eine Rasse wünschte die meinem vorigen Tibet Terrier Chiru ähnelt, aber etwas größer ist. Auch bei mir war es Liebe auf den ersten Blick und ich wusste beim ersten Foto: Das ist dein Hund... Die beiden Rassen sind sich so ähnlich und ich habe so viele Parallelen  zu deinen Erfahrungen festgestellt! Ich bin gespannt wann der zweite Hund bei euch einzieht und ich denke, egal ob Gos oder Serra - beides sind tolle Rassen!

Liebe Grüße
Sali mit Gubacca

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