405. - 407. Tag | Was Hänschen nicht lernt...

Juni 19, 2018

Ihr kennt bestimmt fast alle das Sprichwort: "Was Hänschen nicht lernt...lernt Hans nimmermehr." Oder "Früh übt sich was ein  Meister werden will". In vielen Lebensbereichen ist das bestimmt auch richtig, aber  in Bezug auf Gubacca hat mir genau dieser Enthusiasmus das Leben manchmal auch unnötig schwer gemacht. Aber  ich bin sicher, nicht nur ich bin in diese "Falle" getappt, sondern es ergeht ganz vielen Welpen- und Junghundbesitzern ähnlich.



Einige haben es vielleicht sogar noch geschafft ihren Enthusiasmus in den ersten Tagen zu zügeln und das neue Familienmitglied erst einmal ankommen zu lassen - spätestens jedoch beim Besuch einer Welpenspielgruppe gerät man innerlich unter Druck. "Casper meldet sich immer, wenn er muss!" Nachdem alle frischgebacken Welpeneltern in der Runde bestätigten, dass die "Stubenreinheit" ja überhaupt kein Thema wäre, fühlte ich mich zum ersten Mal wie ein Versager in der Hundeerziehung. Gubacca pieselte noch einige Wochen später vergnügt und ohne Schamgefühl ins Haus. Große Runden an der Leine hatten wir auch noch nicht gemacht und nein ein verlässliches "Bleib" konnte Zwerg-Riese auch nicht, wie scheinbar alle anderen Welpen in der Gruppe. Kaum spielten die Welpen dann endlich einmal miteinander schallte auch schon das erste "Beniiiiiiiiii, hier", quer über den Platz und Herrchen platzte sichtlich vor Stolz, dass Beni (gefolgt von acht anderen Welpen) auch tatsächlich angerannt kam. Schade! Eigentlich hatte ich mich auf einen netten Austausch mit "leidgeplagten Welpenbesitzern" gefreut. Mit Leuten,  die wie ich,  nachts dreimal draußen waren, nur um morgen dann eine riesen Pfütze im Wohnzimmer zu entdecken. Aber unter den ganzen Musterschülern ging es leider nur mir so... Muss ein Welpe mit 12, 13 oder 16 Wochen schon Sitz und Platz beherrschen und locker an der Leine neben mir herlaufen? Für die meisten Kursteilnehmer war genau das, das große Ziel. Ich haben noch nie jemanden im Welpenspiel sagen hören: "Ich habe es geschafft, dass Lilly heute 20 Stunden geschlafen hat."Und gerade das ist bei einem Gos-Welpen die größte Herausforderung!  Svea, seine Züchterin, sagte einmal zu mir: "Du musst deinem Gubacca nicht beibringen was er von Natur aus schon kann - Gas geben! Sondern deine Aufgabe ist es ihm das Gegenteil beizubringen: Ruhe! Und recht hatte sie damit. Anstatt "Sitz" und "Platz" zu üben, war es viel wichtiger dem Zwerg beizubringen, dass das Leben nicht aus 14 Stunden Spiel und Action besteht. Anstatt das "Bleib" zu trainieren übte ich mit Gubacca auch Frust einmal auszuhalten.







Bei VISUAL STATEMENTS NET habe ich gestern diesen Spruch gelesen und musste sofort an meinen geplanten Blogbeitrag denken:

In Japan werden Schüler bis zur dritten Klasse nicht benotet. Die Schüler sollen
nicht danach bewertet werden, wie gut sie sich etwas merken können,
sondern erst gutes Benehmen und einen Charakter entwickeln.

Ich finde das trifft auch auf unsere Hunde perfekt zu. Welpenerziehung - Junghunderziehung - Einzelunterricht - Begleithundeprüfung - Gruppentraining. Wie wir es von  Kindern gewöhnt sind, durchlaufen auch sie ab dem Welpenalter nahtlos ihre "Schulausbildung". Noch vor 10 Jahren war es bei Chiru undenkbar, dass ein junger Hund vor dem 10.-11. Lebensmonat in den Erziehungskurs für Junghunde aufgenommen wurde. Heute bieten viele Hundeschulen die Junghunderziehung schon für Welpen ab der 16. Woche an. Auch ich muss mich da an das eigene Näschen packen und erinnere mich sehr gut daran, wie stolz ich war, als unsere Hundetrainerin zu uns sagte: "Lennox und Gubacca würden mit ihren 8 Monaten locker die Begleithundeprüfung bestehen!" Aber war Gubacca wirklich schon so weit, eine längere Zeit mit mir gemeinsam auf dem Hundeplatz zu üben, wie wir es regelmäßg machten? Mit dem Wissen von heute - nein war er nicht. Viele Handlungen von Zwerg-Riese, die ich mit "er ist halt in der Pubertät" erklärte, waren einfach schlichtweg Anzeichen für Überforderung. Seit einiger Zeit besuche ich keine Hundeschule mehr mit ihm und siehe da - er ist deutlich "pflegeleichter" geworden.




Rückblickend betrachtet denke ich, war es wie in dem Spruch oben, viel wichtiger ihm ein "gutes Benehmen" beizubringen. Gubacca ist ein toller Begleiter geworden, den ich zu meiner Familie, meinen Freunden und Bekannten problemlos mitnehmen kann. Er meistert fremde Situationen immer souveränner und ich merke, dass er mir immer stärker vertraut und sich auf mich  verlässt. Um wieder zu unserem Sprichwort vom Anfang zurück zu kommen:  "Sitz", "Platz" oder "Bleib"  das lernt auch "Hans" später problemlos. Mit neuen Situationen und Herausforderungen umzugehen, uns als Freund an der Seite schätzen und lieben zu lernen, Stress aushalten zu können, die Fähigkeit mit Frust umzugehen, zur Ruhe zu kommen ... das alles sind jedoch Dinge die lernt "Hänschen" wirklich am Besten... und darauf trifft das Sprichtwort auch perfekt zu!

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