Nachgefragt: Einmal Gos - immer Gos?!

Februar 19, 2018

Es hat mich riesig gefreut, dass der Erfahrungsbericht von Nicole Scholl so gut bei euch angekommen ist und ich möchte mich für die netten Mails bedanken, die ich hierzu bekommen habe. Heute schildert Conny Mayerbacher ihre Erfahrungen mit ihrem Gos-Rüden Pedro. Ihr Bericht zeigt wie wichtig es ist, für seinen Gos die richtigen Hundeschule bzw. Trainer zu finden und nicht einfach "blauäugig" jeder Erziehungsmethode zu vertrauen. Auch hier spiegelt sich erneut wieder, wie sehr man darauf achten musst, gerade dem jungen Gos d´ Atura Català Ruhe beizubringen. Ein Rat den man von vielen Züchtern mitbekommt - der aber sehr, sehr häufig schnell vergessen ist, weil das kleine Energiebündel ja ausgelastet werden muss! Ein Irrtum wie man später dann feststellt...Viel Spaß beim Lesen!


"Einmal Gos - immer Gos?!

Ein Erfahrungsbericht von Conny Mayerbacher


"Unser Erfolgsweg lief ganz klar über konsequentes Handeln, Geduld, Verständnis 
und positive Verstärkung."


Pedro und Cara

Ich bin 2009 mehr zufällig auf den Gos gestoßen. Ich kannte die Rasse gar nicht und habe auch nicht speziell nach "Rasse" gesucht sondern hatte so ein paar Eckdaten, die ich gern bei meinem neuen Hund hätte. Zottelig, sportlich und intelligent, - ein Hund der seine Lebensfreude lebt sollte es sein. Als ich dann meine Hündin (ein Bobtail-Riesenschnautzer-Mix) über die Regenbogenbrücke ziehen lassen musste, durchforstete ich das I-Net nach Hundebildern ... nur gucken! Eigentlich war klar, dass wir erstmal eine Weile ohne Hund bleiben wollten. Aber das Leben spielt eben manchmal anders. Ich stolperte über Pedro (der damals noch Portos hieß), ein "Pastor Catalan" was ich noch nie hörte und seine Brüder. Ich bekam spontan Gänsehaut. Tagelang schlich ich um die Bilder, bis ich mich durchrang und nach einer Rassebeschreibung suchte. Was soll ich sagen. Alles was ich wollte hatte er wohl vereint und so fing ich an, mein Umfeld zu überzeugen, dass genau dieser Hund bei uns einziehen sollte.Und so nahm die kleine Katastrophe ihren Lauf. ...

Pedro kurz nach seinem Einzug
Nach endlosen 3 Wochen, wo ich zu dem Entschluss kam, dass Pedro bei uns leben soll, zog der kleine Plüschbär bei uns ein. Ca. 16 Wochen alt, 38 cm hoch, 5,5 kg schwer und ziemlich krank. Mangel- und Unterernährt kam er von Mallorca und ich gab mein bestes, ihn aufzupäppeln. Aber die Würmer, denen man in Spanien nicht her wurde, fühlten sich in seinem Darm noch immer wohl und machten uns das Leben schwer. Nachdem er die spanischen Wurmtabletten nicht vertrug mussten es die Deutschen richten und dann konnte es endlich aufwärts gehen.Ich habe versucht vorher noch möglichst viele Informationen zu sammeln um von Anfang an alles richtig zu machen. Aber bekanntlich ist gut gedacht noch lange nicht gut gemacht.

                   "Viele selbsternannte Hundeexperten rieten mir, den kleinen Kerl gut auszulasten und 
                                                 viel zu bewegen. - Hütehunde brauchen das!"

Anfang November eine Hundeschule zu finden, die mir bei der Erziehung helfen konnte war nicht einfach und so war ich die ersten Wochen auf uns allein gestellt. Ich tat brav, was mir geraten wurde – und überforderte den kleinen so katastrophal, dass mir heute ganz schlecht wird wenn ich daran denke. Aber ich wusste es einfach nicht besser.

Kurz nach seinem Einzug musste er bei unserem Hundesitter bleiben. Ich konnte es nicht anders organisieren uns so brachte er den Haushalt dort über Weihnachten gründlich durcheinander. Der vorsorglich verwendete älteste Christbaumschmuck überlebte unbeschadet. Allerdings schredderte Pedro innerhalb von 2 Tagen den Baum, sodass er entsorgt wurde. Täglich apportierte er Lichterketten im Garten (und saß vorbildlich mit brennender Kette vor seinem Urlaubsherrchen) – das erklärte auch, warum jeden Tag weniger Lichter leuchteten. Aber dem kleinen „Schnucki“ konnte man (noch) nicht böse sein. (Erst 2 Jahre später verweigerte der Hundesitter die Aufnahme mit der Aussage, dass er nach 2 Wochen Pedro erstmal Urlaub bräuchte).


Zuhause war er ein wahrer Schatz. Lieb und brav war er, konnte problemlos allein bleiben, machte nichts kaputt und guckte mich bei meinen Spielaufforderungen an, als hätte ich einen an der Klatsche.
Dabei wollte ich ihn in unserem bayrischen Winter doch nur drinnen ein wenig bespaßen, weil es draußen mit seinem dünnen Mallorca-Fell so kalt war. Aber drinnen war für ihn von Anfang an klar, dass Ruhe zu halten ist. Dafür war er draußen umso mehr überall und nirgends und wickelte jeden sofort um seine kleinen Wuschelpfötchen. Er hüpfte lustig hinter den Blättern her und ging ohne Scheu auf alle Hunde zu um mal an ihnen zu schnüffeln und war hier im Park „Everybodys Darling“. Die ersten Übungen wie der Rückruf oder auch Sitz oder Platz waren für ihn eigentlich kein Problem … solange nichts anderes spannendes in der Nähe war.

"Mit ca. 8 Monaten fing er an andere Rüden völlig überflüssig zu halten."

Die Mädels gehörten schließlich alle ihm. Mit mehr Mut als ihm gut tat machte er dies zunehmend auch gegenüber großen Hunden deutlich. Ich war überfordert … mein kleiner Plüschbär, mein Liebling, mein Schatzi … warum benahm er sich nur so? Ich war ratlos. Im ersten Jahr verschliss ich mehrere Hundeschulen, wo mir unter anderem geraten wurde, mich hinter Büschen zu verstecken, damit er wiederkommt um mich nicht zu verlieren, regelmäßig an der Leine zu rucken, damit er anständig „bei-Fuß“ geht oder dem Hund einen klappernden Schlüsselbund vor die Nase zu werfen und immer wieder auf die Schleppleine zu treten, damit er in meinem Radius bleibt. Pedro juckte das alles nicht. Er wusste genau, hinter welchem Busch ich auf ihn wartete, ertrug geduldig die Ruckelei, lief höflich einen kleinen Bogen um den Schlüssel und machte ansonsten sein Ding weiter. All das hatte keinerlei Lerneffekt. Kaum bot sich ein interessanter Reiz war er weg und war nach erfolgreicher Mission freudig wieder zur Stelle. Das machte den Herrn Hundetrainer ratlos und er empfahl mir, ihn solange zu verunsichern, dass er nicht mehr wüsse, was er darf und was nicht - dann würde er schon da bleiben. Aber das versuchte ich gar nicht erst. Ich wollte mit meinem kleinen Prinzen einen respektvollen Umgang pflegen und ihn nicht unterdrücken und verunsichern. Also suchte ich weiter bis ich die richtige Trainerin fand, die mir nach wenigen Stunden ziemlich genau erklären konnte, wo unser Problem lag. 

"Pedro hatte durch mich einen so unheimlich hohen Stresslevel, dass er die Reize, 
die sich jeden Tag so boten gar nicht verarbeiten konnte."

Er zappelte an der Leine, rannte an der Schleppleine von vorn nach hinten, um mich herum und machte mich wirklich ratlos, warum er nicht kapierte, dass die Leine auch ein Ende hat. Nach spätestens 25 Minuten draußen oder drei Hunde- oder Katzenbegegnungen war seine Geduld zu Ende und er rannte um mich herum, schrie und ließ sich kaum noch bändigen. Wir bauten in langen Wochen (gute 5 Monate) seinen Stress mit einem absoluten Minimalprogramm ab. Mit 3 x 15 Minuten am Tag Gassi-schleichen (so langsam waren wir) auf den langweiligsten uns reizärmsten Strecken war für einige Zeit unsere einzige Draußen-Erfahrung. Einzige Erwartung an ihn war halbwegs zappelfrei dabei zu sein. Ansonsten gab es nichts. Alles was Spaß macht verschwand vorübergehend aus unserem Programm. Zuhause gab es gemütliches kuscheln, langsames streicheln und schlafen-schlafen-schlafen. Die ersten Versuche, nach wenigen Wochen wenigstens ein klein wenig Spaß mit Leckerli suchen oder ein, zwei kleinen Tricks zusammen zu haben endeten im Zappel-Fiasko und so blieben wir bei unserem Minimalprogramm. 



Pedro wurde immer entspannter und nach endlosen Wochen kehrten wir langsam zu einem normalen Alltag wieder zurück. Jetzt ging es an die Erziehung. Sitz, Platz und Bleib war nie ein Problem. Beim Rückruf auf dem Hundeplatz oder auch auf reizfreien Plätzen flog er zu mir. Da war er schon immer der Streber. Aber er hatte Jagdtrieb … oder besser Hütetrieb. Dies stellte er schon mit knapp 6 Monaten das erste Mal unter Beweis, als er die bei uns im Wald stehenden Wildpferde zu hüten versuchte. Wenige Wochen danach hütete er sehr erfolgreich 2 Rehe, die nach endlosen 15 Minuten langsam an mir vorbeiliefen – Pedro 10 m hinterher. Er war hochkonzentriert so in seinem Tunnel, dass er mich erst bemerkte, als ich neben ihm stand um ihn an die Leine zu nehmen. Hasen und Katzen und auch die Hochlandrinder, die er auf einer Weide entdeckte (ich wusste von denen nichts und von unserem Weg waren sie nicht zu sehen) hielten sich leider nicht an seine Spielregeln. Also war in Zukunft die Schleppleine unser bester Freund. Die Trainerin half uns nach besten Kräften. Aber sein Jagdtrieb beschäftigt uns bis heute. 


"Mit unserer Trainerin übten wir fleißig und sie erklärte mir geduldig auf welche körpersprachlichen Anzeichen ich achten musste und wie man mit seiner Reaktivität am besten umgeht."

Leider hatten ich aber in unserer Home-Zone nicht so guten Erfolg, dass ich ihn hier von der Leine hätte lassen können. Sobald er eine Spur in die Nase bekam ging (und geht) er ab wie eine Rakete. 17 dynamische Kilo warfen sich wuffend und knurrend in die Leine und waren nur schwer zu managen. Keiner unserer Bekannten im Park verstand, dass er selten von der Leine durfte und lächelten über meine Prophezeiung, dass er bei den „richtigen Rüden“ augenblicklich zum kleinen Werwolf mutierte. Niemand konnte sich vorstellen, dass der kleine Charmeur auch eine schwarze Seite unter seinem Zottelfell verbarg. Aber die Demonstration dieser Wandlung ließ natürlich dann nicht lange auf sich warten. Mein Ehrgeiz war geweckt. Ich wollte ihn gern verstehen und wissen, warum er so war wie er war. Ich las reihenweise Bücher, Blogartikeln, stöberte durch Foren und tauschte mich mit meiner Trainerin aus. Da war es nur noch ein kleiner Schritt und ich begann 2013 meine Trainerausbildung. Seit Herbst 2014 bin ich fertig und in dieser Zeit kam dann auch das Gefühl, dass ich jetzt weiß, was in ihm vorgeht. Leichter zu handeln machte ihn das allerdings immer noch nicht. Dennoch hilft es mir, nicht mit oder an ihm zu verzweifeln sondern diesen kleinen Lehrmeister einfach nur zu lieben.



Dennoch hat sich auch in den letzten Jahren noch viel getan. Fremde Rüden findet er nach wie vor völlig überflüssig. Aber er lässt sich gut umlenken und ist schnell wieder bei mir in der Realität. Wenn er im Wald oder auf der Wiese auf spannenden Geruch stößt ist er immer noch völlig von Sinnen. Aber nach seinem ersten Impuls, Ruhe und etwas Zeit ist er schnell wieder ansprechbar. Mit der Schleppleine helfe ich meinem kleinen Workaholic beim „brav-bleiben“. Je nach Verfassung ist die Zündschnur meist eher kürzer als länger. Ist niemand in der Nähe, dem man die Meinung ins Ohr flüstern will ist er ein verschmuster und lieber Kerl, der alle Menschen liebt, gerne Streicheleinheiten abstaubt und einsamen Senioren mit seinem bezaubernden Augenaufschlag mit seinen dunkelbraunen Augen ein wenig Sonnenschein ins Herz zaubert. Aber er hat inzwischen auch gelernt, dass es nicht nur den Weg nach vorn gibt sondern dass ein gewisser Abstand ein besseres Wohlgefühl macht und dass man den Abstand auch selbstständig vergrößern kann um in Wohlfühldistanz zu bleiben. Dieses Training (BAT) wurde für uns der Schlüssel zum Erfolg, dass er zumindest außerhalb unserer Homezone auch bei Hundesichtung entspannter unterwegs sein kann. Und auch nahe unseres Zuhause verläuft seine Entwicklung zunehmend positiv und ich wage zu hoffen, dass dies noch eine Weile weiter geht.

"Unser Erfolgsweg lief ganz klar über konsequentes Handeln, Geduld, Verständnis 
und positive Verstärkung."

Nach meiner ersten Lernphase vermied ich sämtliche Schreck- und Strafreize. Ich wollte das Vertrauen nicht weiter aufs Spiel setzen. Ich wurde immer besser, seine Körpersprache zu lesen um möglichst rechtzeitig auch noch positives Verhalten belohnen zu können.

Pedro mit Cara
Ich lebe mit ihm und seit etwas über einem Jahr auch noch mit Cara auf eine Art und Weise zusammen, dass ich jederzeit die Rollen (Mensch <-> Hund) wechseln könnte. Ich behandle meinen beiden Schätze respektvoll und freundlich. Egal was bereits alles war und egal was noch alles kommt … ich liebe diesen kleinen Kaspar, der jeden morgen einen Clown frühstückt und mich mit seinem Charme komplett gefangen hat.

Conny' s Hündin Sissiy

Und nachdem ich überzeugt davon bin, dass wir immer den Hund bekommen, den wir für unsere weitere Entwicklung brauchen danke ich meiner alten Hündin Sissy, die mir diesen wunderbaren Schatz geschickt hat.

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Vielen Dank Conny für diesen sehr  interessanten Erfahrungsbericht und die tollen Fotos!


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